Die GAZPROM-Lobby in Deutschland

Zeit wird es schon lange für einen Bericht, wie es dazu kam, daß sich Deutschland derart in die Abhängigkeit von russischem Erdgas begeben hat. Eine wichtige Recherche zur Netzwerkerei zwischen Rußland und deutschen Politiker von SPD und CDU liefert nun die Plattform correctiv, und zwar im Blick darauf, wie zentrale Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, nämlich der Energiebedarf durch Gas, von Putin gekauft wurden und wie es dazu kam, daß Deutschland nun in einer derartigen Krisensituation sich befindet – trotz Warnung der Grünen, trotz Warnung der EU und der USA, vor allem der baltischen Staaten und Polen, Deutschland möge sich nicht in eine solche Energie-Abhängigkeit begeben.

Nachzulesen auf correctiv: „Die Gazprom-Lobby. Wie Russland deutsche Politiker, Manager und Anwälte einspannte, um Deutschland von russischem Gas abhängig zu machen.“ :

„Seitdem kaum noch russisches Gas durch die Pipelines fließt, haben alle begriffen: Ohne diesen Import wird es sehr viel teurer, Wohnungen zu beheizen und Geschäfte zu betreiben. In jedem Haushalt beginnt das große Rechnen: Wie viel Wärme können wir uns noch leisten? Betriebe fürchten um ihre Existenz. Doch warum wir so abhängig von Russland geworden sind, blieb bisher weitgehend im Dunkeln. 

Eine Antwort: Russisches Gas vom Energieriesen Gazprom galt als günstig. Aber vor allem gab es Netzwerke aus deutschen Politikern und Politikerinnen, aus Energiemanagern und Anwälten, die Deutschland über Jahre in eine gefährliche Abhängigkeit führten. Einiges ist schon bekannt  – wir können nun erstmals ein umfassendes Bild dieser russischen Gazprom-Lobby zeigen, das wir fortlaufend aktualisieren.

Russland wollte sich mit den Gasröhren Einfluss auf Deutschland sichern. Dafür wurden systematisch unscheinbare Organisationen aufgebaut, die bei deutschen Politikerinnen und Politikern – von SPD und CDU/CSU – gezielt Werbung für die Gasversorgung aus dem Osten machten. Und diese Werbung wirkte.“

Nachzulesen sind diese erschreckenden Fakten hier bei correctiv.

Hinzuweisen ist auch noch auf einen Satz von Filipp Piatov auf Twitter: „Angela Merkel legte die deutsche Energieversorgung in die Hände des KGB-Manns Wladimir Putin und des Stasi-Agenten Matthias Warnig (Chef von Nord Stream 1 und 2).“

Einen Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages dazu wird es vermutlich kaum geben, weil hierbei sowohl CDU wie auch SPD involviert sind, die im Bundestag kaum ihre Zustimmung erteilen dürfen. Diese Details werden also den Historikern vorbehalten sein..

Witzig auch: Eigentlich wäre genau dieses Aufdecken von Abhängigkeiten deutscher Politiker von Rußland, der massiven Destablisierung Deutschlands durch Rußland – gerade auch jetzt durch eine derartige Gaskrise -, ein Fall für die Recherche Nach“denk“Seiten. Aber da dort die Order eher aus Moskau kommt und der Feind immer und allüberall nur im Westen zu stehen hat, wird das natürlich nicht geschehen.

Unsere Bundeswehr

Wenn dies die Performance der Bundeswehr ist, dann wünsche ich im Verteidgungsfall allseits eine gute Nacht. Die Russen müssen eigentlich gar nicht mehr angreifen, sondern sie brauchen nur abzuwarten. Allerdings könnte es auch sein, daß diese Art der Öffentlichkeitsarbeit vielleicht doch die schärfste Waffe der Bundeswehr ist: Bridadegeneral Dr. Christian Freuding und Kaleu N. Ehlers vor die russischen Angriffswelle gestellt dürfte einen ähnlichen Effekt haben wie die von den Russen beim Havanna-Syndrom eingesetzten Mikrowellen-Waffen gegen US-Diplomaten: Tiefe Müdigkeit und der Verlust jeglicher Aktivität.

„So ähnlich stelle ich mir Produkte der nordkoreanischen Kultuindustrie vor“, kommentierte Magnus Klaue dieses Video.

Sahra Arschloch und der Parteitag der Linken

Um eine Redewendung Wolf Biermanns im Blick auf den Dichterspitzel Sascha Anderson zu gebrauchen, hier im Blick auf den Unsinn, den diese Dame im Blick auf NATO und Ukraine fabrizierte. Nein, diese Person ist nicht dumm, sie weiß, was sie sagt und sie weiß um ihre Manipulation von Menschen, und das eben macht es um so schlimmer. Es gibt freilich Äußerungen, hinter die es kein Zurück mehr gibt, mögen Wagenknechts Überlegungen zur Sozialpolitik auch manch Gutes und Sinnvolles enthalten. Ihre Äußerungen zur NATO wiederum und zum Austritt Deutschlands waren schon immer im besten Fall naiv zu nennen. Aber mit dem, was sie zur Ukraine und zu Rußland von sich gibt, ist eine Zäsur gesetzt. Wagenknecht ist und Wagenknecht bleibt persona non grata und sie bleibt jener Zarenknecht, der hier die Agenda Putins fährt. Wer wie sie auf dem Parteitag in Erfurt den Vorstand dazu zwingen will, darauf zu verzichten, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen, um stattdessen frühere Kriege der USA anzuprangern, hat sich aus dem Kreis der Menschen verabschiedet, die für Humanität und Freiheitsrechte eintreten. Und das eben diskreditiert die Position von Wagenknecht im ganzen, und solange da bei ihr keine Rücknahme und keine Entschuldigung folgt, wird das auch so bleiben.

Zum Glück wurde dieser Vorschlag von Wagenknecht und ihrer Riege mit Mehrheit abgelehnt. Dieses Denken von Wagen- wie Zarenknecht und Konsorten folgt einer allzu simplen Logik des Anti-Amerikanismus, und dieser sozusagen internalisierte und institutionalisierte Haß auf die USA samt eines Trivialmarxismus alte Schule, der dahintersteckt, macht diese Leute blind gegen Putins Kriegsverbrechen wie auch gegen Putins imperialistische Phantasien eines Neuen Reiches. Der Gegner ist grundsätzlich die NATO – ein Verteidigungsbündnis nebenbei. Und auch zu einem repressiven Staat, einer Diktatur wie Rußland verhalten sich die Zarenknechte von Pohlmann bis Wagenknecht, bis Jens Berger und Albrecht Müller auffallend schmallippig. Eine Kritik, die derartig den doppelten Standards anheimfällt, bleibt nicht nur unglaubwürdig, sondern sie diskreditiert sich damit auch selbst und begibt sich ins gesellschaftliche Abseits. Daß allein deshalb, weil es die NATO gibt, bis heute Länder wie Estland, Lettland und Litauen, aber auch Polen ihre Souveränität und eine demokratische Grundordnung sich erhalten, schafft leider nicht den Weg in den Knallkopp von Wagenknecht. Soll es vermutlich auch gar nicht. In diesem Sinne ist und bleibt Wagenknecht eine Kasperle-Puppe, in deren Inneren ein ganzer Putin steckt – sie mag all das aus taktischen Gründen noch so sehr dementieren. Deshalb eben bleibt es dabei: Sahra Arschloch.

Daß es in der Frage, ob der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt werden soll, überhaupt eine Diskussion gibt, zeigt ein erhebliches Defizit in dieser Partei und weist auf den desolaten Zustand der Linken. Wollen wir nächstens eine Debatte darüber, ob der Angriffskrieg Hitlers auf Polen zu verurteilen ist oder nicht? Wird uns Sahra Wagenknecht auch diese Debatte aufdrücken wollen? Doch wohl eher nicht. Es gibt, um dieses andere Extrembeispiel zu wählen, Themen, da lassen sich nicht zwei Meinungen formulieren, die man im Sinne eines Erörterungsaufsatzes mit Pro- und Kontra bespricht. Angriffskrieg und Kriegsverbrechen sind keine Meinung, bei der man dieser oder auch einer anderen Ansicht sein kann. Das ist nicht anders als bei antisemitischen „Kunstwerken“, die in Wahrheit Propaganda sind. Und nein: Wenn ein Land ein anderes völkerrechtswidrig überfällt, dann ist dies nicht die Schuld der NATO oder der USA, sondern es liegt die Verantwortung für solchen zudem blutig und grausam getätigter Angriffskrieg wie ihn die Russen durchführen allein dem Aggressor: Rußland und Putin eben.

Die ukrainischstämmige Linken-Politikerin Sofia Fellinger faßt ihre auf dem Parteitag der Linken vorgetragenen, großartige Rede in einem SpOn-Interview vom 24.6. derart zusammen:

„Mir ist der Umgang meiner Partei mit diesem Krieg ein Rätsel. Wenn man sich ein bisschen mit der Situation dort auskennt, muss einem klar werden, dass die Menschen sich wehren müssen. Welche Alternativen bieten wir denn an, wenn nicht Waffen? Also wo kommt er her, der Frieden, wenn Russland einen Vernichtungskrieg führt und Menschen foltert und ermordet? Meine Partei redet von Frieden. Aber das ist ein leerer Begriff, wenn da nichts dahintersteckt. Sollen die Ukrainer die russischen Panzer umarmen? Wenn Leute für eine linke, befreite Gesellschaft kämpfen wie in Kurdistan oder Rojava – natürlich gebe ich denen Waffen!“

Zum Glück gibt es in der Linken auch solche Leute, Eine halbwegs vernünftige Rede hielt auch Bodo Ramelow, der im Grunde in der Linken falsch ist, sondern eigentlich den linken Flügel der SPD verkörpert. Und ansonsten bleibt es dabei:

„Frieden kommt nicht, wenn man die Leute sterben lässt“ (Sofia Fellinger, Die Linke)

Diese Erkenntnis ist bei Wagenknecht nicht angekommen. Das eben diskreditiert leider ihre Position im Ganzen. Und in diesem Sinne ist auch ihr als Monstranz zur Schau getragener Humanismus unglaubwürdig geworden. Team Wagenknecht läßt sich nach solchen Äußerungen in einem grundsätzlichen Sinne nicht mehr sein. Nein, Wagenknecht ist, wie manche denken, nicht auf der rechten Seite angekommen, sondern sie fährt vielmehr die abgelebten Denkmuster einer DKP-Mufflinken, sie ist eine von jenen, die die Zeitenwende nicht mitbekommen haben und die noch in den alten Strukturen denken, als Väterchen Stalin der Welt mit seinem Stahlbesen den Arsch rot schrubbte und die das auf klammheimliche oder auch offene Weise irgendwie dann doch gut fanden. „Wer aber über dieser Art von Kommunismus nicht reden will, sollte auch vom Kapitalismus schweigen.“

Clewe2807, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

10. Juni 1982, Bonn, Hofgarten, die Grünen und 40 Jahre danach

„Vorwärts! Nieder! Hoch! Nie wieder!

Von Mummelgrummel – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

„Das Basteln von Papierfriedenstauben gegen Atomraketen ist faktisch ein Zuverlässigkeitstest auf die Unbeirrbarkeit der Gesinnung, denn das Maß für Glauben, Gesinnung, Gefolgschaftstreue ist die Standfestigkeit in der Bewährungsprobe, auf welche der Verstand und die Vernunft sie stellt“.
(Wolfgang Pohrt, Der Krieg als wirklicher Befreier
und wahrer Sachwalter der Menschlichkeit [Text von 1983])

„So ist die Friedensbewegung vor allem ein Teil des Übels,
für dessen Therapie sie sich irrtümlich hält.“
(Wolfgang Pohrt, Der Krieg als wirklicher Befreier [1983])

Manche aus meiner Alterskohorte (und Ältere sowieso) erinnern sich noch gut an dieses Ereignis, und sie waren auf dieser legendären Demo in Bonn dabei. Denn dies war unsere Zeit, die der Westjugend: die 1980er Jahre, die Friedensbewegung mit ihren Sitzblockaden in Mutlangen und an vielen anderen Orten, ihren Aktionen und ihren Großdemos, drei davon in Bonn, der damaligen Bundeshauptstadt: 1981, jene von 1982 und noch einmal 1983. [Für meine jüngeren Leser: Bonn ist lebensmäßig sowas wie Berlin, nur kleiner, aber ebenso provinziell.] Die in kölnischer Mundart singende Rockpopgruppe BAP machte zu jenem aufwühlenden Tag sogar ein Lied – „10. Juni“ hieß es passender wie einfacher Weise und einfach meint damit politisch trivial, wenn man an Text und Refrain des Songs denkt. Adornos Ausführungen über Popular Music und Protest werden viele sicherlich noch im Kopf haben. Es sei hier auf diese kurze Passage noch einmal verlinkt.

In solchen (Groß)Demos, teils mit der Musik von BAP begleitet, teils mit Bots‘ genial-dämlichem Lied „Aufstehen“, teils mit Punk und Ton Steine Scherben, teils auch mit Fehlfarben und „Keine Atempause“, fand der politische Protest seinen Ausdruck, mal irrsinnig blöd, mal emotional verweint und verwirrt, weil Le Angst, mal hart und wenig zart, mal witzig und laut, mal aus Klugheitsgründen heraus: gegen jenen Nato-Nachrüstungsbeschluß, der von Helmut Schmidt auch gegen Teile der eigenen Partei durchgesetzt wurde und von dem ich im nachhinein sagen muß: Er war gut und er war richtig. Wir hatten uns geirrt und sie hatten recht, denn jenes Nachrüsten war nicht nur ein weiterer Anstoß dafür, daß der Ostblock wirtschaftlich kollabierte und sich auflöste, daß es für die Völker Osteuropas nach 1939, 1945 endlich Freiheit von Repression gab, daß eine alte und versteinerte Welt zusammenbrach. Diese Einsicht freilich ist keine Selbstverständlichkeit, die sich in der Linken als Sichtweise durchsetzte. Östlich der Elbe war Terra Incognita, bis Wladiwostok, ab da durfte wieder geschaut werden: wobei freilich die auf alten Landkarten geschnörkelte Wendung „Hic sunt dracones“ fürs unbekannte Land im Blick auf den Ostblock und Ostzone einige Wahrheit besaß. Ein Teil jener Linken begleitete diesen Zusammenbruch mit einer nicht nur klammheimlichen Trauer. Scheißdeutschland und der Spruch „USA, SA, SS“ (die Kritischen Theoretiker Adorno und Horkheimer hätten sich im Grabe umgedreht) wogen mehr als die Freiheit der anderen.

Wer nach dieser Zeitenwende mit einem „Aber der Westen und die Verwerfungen, die das im Osten und in der Sowjetunion brachte“ als Reflex kommt, der möge sich eine diese Dokus über die Stasi ansehen, so z.B.: „Feind ist, wer anders denkt“ (2018), sie lief kürzlich auf ZDF-Info und ist in der Mediathek nachzusehen. Oder er bereise den Jugendwerkhof in Torgau (ein Folterlager für Jugendliche) und das Stasi-Museum in Hohenschönhausen und schaue sich die Ausstellungen dort an oder befasse sich überhaupt einmal mit dem Repressionsapparat des Systems DDR und Sowjetunion. Diesen Blick für den Ostblock und für Bürger- und Freiheitsrechte auch dort im Machtbereich des Ostens hatte ein Großteil der Linken damals wie heute nicht.

Die DDR war bei großen Teilen der Westlinken und auch in der Friedensbewegung nicht auf dem Schirm, man verschwieg sie besser oder begnügte sich, weilʼs irgendwie doch Fleisch vom eigenen Fleisch war, mit dem dahingenuschelten Hinweis „Na ja, das meinen wir nicht mit Sozialismus!“, um dann das Thema schnell-kritisch-elegant zu wechseln: „Ja, aber die Genossen im Westknast!“ usw. usf. Der Westknast war in Dauermund, der Ostknast war es nicht. Ich hatte das große Glück, daß ich bereits Anfang der 1980er Jahre dank der Texte, Lieder und Auslassungen von Wolf Biermann und andere DDR-Autoren ziemlich genau wußte, daß die DDR ein politisches Desaster war. Nicht anders als heute Putins Rußland. Wer es wissen will, kann es wissen.

Von einem großen Teil der Westlinken hörte man zu den Zeiten des Friedensprotestes wenig, als 1983 im Rahmen der Antikriegsproteste die DDR-Bürgerrechtlerinnen Bärbel Bohley, Ulrike Poppe, Jutta Seidel und Irena Kukutz von der Aktion „Frauen für den Frieden“ nach einem Treffen mit der Neuseeländischen Aktivistin Barbara Einhorn in Ostberlin verhaftet wurden wegen „Verdachts auf landesverräterische Nachrichtenübermittlung“. Die Stasi verbrachte jene oppositionellen Frauen in die berüchtigte Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen. Erst durch massiven öffentlichen und öffentlichkeitswirksamen Protests insbesondere der Westberliner Grünen wurden die Frauen nach sechs Wochen Untersuchungshaft freigelassen. Soviel zum System DDR und auch heute zum System Putin, wo ähnliches geschieht und wo bei Teilen der Linken ein ähnliches klandestines Schweigen herrscht.

Der Zusammenbruch des Ostblocks brachte zwar nicht Gerechtigkeit, Gleichheit und Glück, aber immerhin doch eine Form von Freiheit, die es Menschen erlaubt, nach ihrem eigenen Gusto gegebenenfalls auch ihr Land zu verlassen. Und manche in der DDR-Bürgerrechtsbewegung wollten lieber Kohl oder sonstwas, aber keine neue linke Operation am offenen Herzen, sondern sie wollten, daß mit diesen Dingen Schluß ist. Soviel zu den Grass- und Lafointaine-Überlegungen, die da aus dem sicheren Westen heraus ihre Trockenschwimmerübungen in Sachen Sozialismus machten. Vor allem aber brachte dieser Zusammenbruch den von der Sowjetunion 1939 annektieren Ländern Estland, Lettland und Litauen die lange ersehnte Freiheit. Gleiches galt für Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei, Rumänien und Bulgarien. Es geschah 1989 das, was Hegel die List der Vernunft nennt: im Schlechten – nämlich dem Zusammenbruch der Lebenswelt und der alten Realität vieler Menschen – realisiert sich dennoch ein Richtiges, nämlich die Freiheit für Millionen Menschen im Machtbereich der Ost-Apparatschiks. Einer der Gründe dafür war eben auch die Nachrüstung der NATO und daß der Osten wirtschaftlich dabei nicht mithalten konnte. Absehbar war der Zusammenbruch für Experten zwar schon 1980, aber auch hier half dann die Politik der tausend Nadelstiche.

„Frieden schaffen ohne Waffen“, so riefen wir damals auf den Demos. Manche mit Haß auf die USA, manche mit kalter Ablehnung, manche mit einem „Ja, aber“, manche mit dem Gedanken, daß es in der US-Kultur viel Gutes gab, von Kunst bis Pop-Musik, aber ein Freund der US-Politik insbesondere unter Ronald Reagan war keiner. Unterschiedlichste Gruppierungen liefen bei diesen Protesten mit, vom DDR-DKPler über den Maoisten bis zum Sponti, den Autonomen, den Öko-Linken und den Graswurzelrevolutionären, bis hin zu SPD- und Kirchenkreisen, die gerade erst gegründeten Grünen, Lehrer, Schüler, Mütter, Väter, Ärzte, Angestellte gingen auf diesen Demos mit und waren in der Friedensbewegung vertreten: An jener Heterogenität der – damaligen! – Friedensbewegung zeigte sich auch die Heterogenität der damligen West-Linken. Und die alten Debatten – bis zum Krefelder Appell, den beileibe nicht jeder teilten. Auch Ostraketen waren Atomraketen. Aber was damals schon aus dem Fokus geriet, ist bei der heutigen „Friedens“bewegung gar nicht erst Thema: das da ein Diktator mit Atomwaffen und drittem Weltkrieg droht: auch daran sei die NATO schuld. Einfaltspinsel gleich Ausfallspinsel. Hier ist es der Ausfall des kompleten Denkens.

Antideutsches ziemlich deutsches Intermezzo

Es zeigte sich mit der Zeitenwende 1989 eine neue Strömung, die in der Linken hinzutrat: die der Antideutschen, die auf eine Weise links waren, daß sie aufgrund deutscher Geschichte und der Shoah Deutschland zum Teufel wünschten („Nie, nie, nie wieder Deutschland“!, so ging der Ruf nach der Wende auf Demos, was sie freilich mit dem Großteil der Linken teilten); daß jene Antideutschen bedingungslos für das Existenzrecht Israels eintraten, was sie nur noch mit wenigen Linken teilten und daß sie spätestens mit dem Angriff des Irak auf Israel 1991 es mit dem alten linken Erbfeind USA hielten, die für das Existenzrecht Israels auch militärisch einstanden und damit in Opposition zu den verschiedenen Autonomen Bewegungen und der alten wie der neuen Antiimperialistischen Linken gerieten: Das ist eine Geschichte, die über die Friedensbewegung weit hinausreicht. Warum ich jene Antideutschen als Teil der Linken dennoch erwähne? Weil hier eine – List der Vernunft – pragmatisch denkende Linke auftrat, die sehr wohl wußte und begriff, daß man Frieden schaffen teils auch mit Waffen bewerkstelligen konnte und sogar mußte, wenn es um die intakte Staatsstruktur Israels ging und daß es staatlicher Organe und einer starken Macht bedarf, um einen so fragilen Staat wie Israel – Heimat vieler Juden nach der Shoah auch – überhaupt am Leben zu erhalten. Und dies sogar im Bund mit einem „imperialistischen“ Land, dem einzigen Land freilich, das ökonomisch und militärisch in der Lage war, diesen Schutz der Juden und Israels zu leisten: der USA, Exilort auch der Kritischen Theorie, auf die sich jene Antideutschen beriefen: Adorno, Horkheimer, Benjamin, Marcuse, Löwenthal und auch Kracauer.

Wir aber dachten 1980, 1981, 1982 ff. pp. anders im Blick auf die USA wie auch auf die NATO- Waffen. Das Recht zu solchem Anti-Rüstungsprotest hatten wir jedenfalls schon wegen unserer Jugend auf unserer Seite – so glaubten wir. Jugend will mehr, Jugend ist moralisch oder politisch teils hochfahrend. Es ist das alte Ding der sozialen Bewegungen: sie weisen auf ein politisches Problem oder eine kritische Lage, oft mit überschießender Energie. Solche Bewegungen haben mit ihren Maximalforderungen zugleich ein Gutes: sie müssen sich nicht an der politischen Realität messen. Forderungen zu stelle, ohne die politischen Möglichkeiten zu haben, sie realiter umzusetzen, ist insofern einerseits eine angenehme Sache, weil man vieles fordern und wenig dabei machen muß. Es handelt sich um Forderungen auf dem Papier und nicht solche, die im Raum tatsächlichen politischen Handelns, der politischen Organe sowie der Institutionen und auf der Ebene der Paragraphen und Gesetze sich bewegen müssen. (Sie können es, aber sie müssen es eben nicht.) Manchmal freilich auch das Prinzip Kinderkaufmannsladen: man tut so als ob. Da kann viel gefordert werden, ohne daß es mit echtem Bargeld eingelöst werden müßte.

„Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen die Atomwaffen im Land“

© Archiv Grünes Gedächtnis

Aber auch solcher Protest und passiver Widerstand ist per se nicht schlecht, weil Opposition, sei es parlamentarische, sei es außerparlamentarische, mit interessanten Überlegungen und anderen Ansätzen neue Gesichtspunkte einer scheinbar abgeschlossenen Sache freilegen kann, die womöglich später dann in die Politik einwandern und sie maßgeblich mitbestimmen kann. Solch sozialer Protest der damaligen Friedensbewegung wie auch der ökologischen Bewegungen gehört zum politischen System der BRD insgesamt dazu: nämlich das politische und teils moralische Korrektiv sozialer Bewegungen, die mit ihren Forderungen, wenn es gut läuft, in die Politik gelangen können. [Dazu auch Niklas Luhmanns Buch „Ökologische Kommunikation“ von 1988.] Die Umweltbewegung der 1980er Jahre ist ein guter Beleg dafür. Würde heute Franz Josef Strauß das Parteiprogramm der CDU lesen, dächte er vermutlich, er habe es mit einem linksextremistischen Verein zu tun. Und ebenso stehen für diesen Wandel eines Teils der Linken die Grünen im Blick auf Gewalt: so die Gewalt gegen den Staat, wie sie in den 1980er Jahren ein Teil der Linken vertrat – seien das RAF-affine oder Autonome Linke – und der die Grünen als politisches Mittel entsagten.

In solchem Protest sozialer Bewegungen geht es nur bedingt darum, ob manche Maximalforderungen auch sinnvoll und überhaupt umsetzbar sind. Immerhin hat sich aus solchen sozialen Bewegungen 1979/1980 für die alte BRD eine neue Partei herausgebildet: die Grünen, die erheblichen Anteil auch an den Friedensprotesten hatten und die als Friedenspartei antraten. Und das Gute bei vielen Grünen – nicht bei allen freilich – war es, daß sie 1982 auch die Sowjetraketen als genauso gefährlich ansahen und nicht, wie damals jene BRD-Ostblocklinken und auch heute wieder in einer neuen mit Magazinen wie Compact und Nachdenkseiten querfrontlerischen „Friedens“bewegung, die Sowjetwaffen für Friedenswaffen hielten und Sowjet-AKWs für Friedens-AKWs oder all das zumindest für beschweigenswert gehalten wurde. Damals wie heute. Dieser Zahn wurde der DKP-SDAJ-Linken dann 1986 gezogen. Obwohl auch das nicht stimmt, denn wie es bei Sekten üblich ist, gibt es da keine Überzeugungen durch Fakten. Tschernobyl ließ auch diese Leute ihre alten Legenden vom Glück ohne Ende nicht über Bord werfen. Die Erde bleibt eine Scheibe und Putin bleibt ein guter Mann, mit dem man gut verhandeln kann.

Jene fatale Dialektik der Friedensbewegung, auf Aggression und Gewalt gewaltfrei zu reagieren – damals wie heute und vor allem unter neuen und völlig anderen Bedingungen – bringt Eva-Marie Quistorp (Mitbegründerin und Aktivistin der deutschen Friedens-, Frauen- und Umweltbewegung; Gründungsmitglied der Grünen) in ihrem Artikel „Die Waffen nieder?“ in dem Blog „Starke Meinungen“ zum Ausdruck. Schon im Blick auf die alte Friedensbewegung und ihre verhängnisvollen blinden Flecken schreibt sie treffend:

„Die Friedensgruppen, die offiziell das Erbe der Friedensbewegung der 50er und 80er Jahre verwalten, sind die Friedenskooperative ,die IPPNW, Pax Christi, die Ostermarschkoordination, der Friedensbeauftragte der EKD. Doch sie vertreten nur einen Teil des Erbes der Friedensbewegung der 80ger und 60ger Jahre, aber den Teil nicht, in dem es auch um Bürgerrechte in Osteuropa ging und die Kritik an der UDSSR. So wenig wie die Erinnerung an den spanischen Bürgerkrieg und den Hitler-Stalin-Pakt, den Einmarsch der UDSSR in Prag, an die Helsinki-Gruppen in Osteuropa bis Odessa. Auch fehlt bei ihnen die Geschichte der Frauenfriedens und Frauenökologiebewegung mit meiner Freundin Petra Kelly, Karin Juncker, May-Britt Theorin, Cora Weiss .Viele sind der Linkspartei oder sogar der alten DKP nah und zumindest stärker Kritiker der USA, der Nato und der EU als der Politik Putins und Chinas oder Irans.“

Diese unreflektierte USA-Kritik ist bis heute, von Nachdenkseiten bis Junge Welt und teils bis ins rechtsextreme Lager reichenden Akteuren wie Jürgen Elsässer und Horst Mahler (ehemals APO-Linke) bei jener neuen Querfront-„Friedens“bewegung der Fall, die – auch das ist interessant – eine erhebliche Schnittmenge mit Corona-Leugnern und Verschwörungsideologen wie Tom Wellbrock, Albrecht Müller, Dirk Pohlmann, Tobias Riegel und dem antisemitisch-antiamerikanisch agierenden Kayvan Soufi-Siavash (aka Ken Jebsen) aufweist.  

Nur wer sich ändert bleibt sich treu!“

Quistorps Artikel im Blick auf die Grünen, die als Friedenspartei antrat, ist aber vor allem im Blick auf die Gegenwart und der damit verbundenen Gewaltfrage „Die Waffen nieder?“ bedeutsam. Denn die Frage nach der Kritik der Waffen und der Waffe der Kritik ist eine der Fragen, die sich auch die Linke in ihren langen seit Jahrhunderten währenden Kämpfen immer wieder neu und zugleich anders stellen mußte. Und ihr Text ist vor allem deshalb bedeutsam, weil er die Lebendigkeit des Denkens zeigt, nämlich nach dem Grundsatz eines Liedes von Wolf Biermann „Nur wer sich ändert bleibt sich treu“. Und so schreibt Eva Quistorp im Blick auf das Jahr 2003 und die Eskalation des islamistischen Kriegs:

„Durch den Irakkrieg 2003, der auch ein Krieg um Öl war, ist der islamistische Terror in der Region angewachsen, statt gestoppt worden. In der Berliner Erklärung vom Dezember 2002 habe ich mit Erhard Eppler und Prof. Albrecht, Mary Kaldor und Benjamin Ferensz und zehntausenden von Unterschriften make law not war gefordert vor Beginn des Irakkrieges, den die rot grüne Koalition klar abgelehnt hat.“

Aber Quistorp bleibt dabei nicht stehen, sondern sie hat einen Blick für die Entwicklung in der Welt:

„Eigentlich hätte die Kriegstreiberei von Putin der deutschen Politik schon seit 2011 spätestens auffallen müssen, nämlich in Syrien, wo Obama nicht gewagt hat, militärisch einzugreifen, trotz des Einsatzes von Putins Chemiewaffen, um so Assad und den Iran dahinter zu stoppen. Die Kriegsflüchtlinge aus Syrien wurden seit 2015 bei uns deutlich wahrgenommen, doch der Krieg weniger. Auch der Krieg in der Ostukraine wurde von Medien wie Friedensbewegung weitgehend verdrängt. Am 22. Februar 2014 habe ich schon gegen die Militärdiktatur Putins vor dem Auswärtigen Amt mit 500 Ukrainerinnen geredet, so wie mit Pussy Riot und russischen Dissidenten als kleine Minderheit gegen die Wahlfälschungen in Russland und Belarus

14000 Menschen sind in der Ostukraine seit dem Mai 2014 gestorben, viele gefoltert worden von russischen Soldaten. Städte und Landschaft und die Kultur wurde zerstört, die Krim besetzt und kolonial russifiziert. Der grausame Angriffskrieg des Putin Regimes gegen die Ukraine zerschlägt jetzt für viele erst jetzt plötzlich die Illusion der Modernisierungspartnerschaft im Ostausschuss der Wirtschaft und in SPD und CDU/FDP und die Entspannungsillusionen großer Teile der Friedensorganisationen und die Blindheit vieler Medien.

Seit 2000 hätte Putins KGB-Regime mit mafiösen Zügen erkannt werden können mit Hilfe von Memorial und der Nova Gazeta und mit Kasparow und Nemtsov, Lebedev und Navalny und all den kritischen jungen Demonstranten in Russland ,die jetzt vor der totalen Propaganda des Staatsfernsehens und der brutalen Repression eines Neo-Stalinismus fliehen.“

Wir haben vor dieser entsetzlichen Entwicklung die Augen verschlossen. Es waren die Grünen, die diese Dinge realistisch sahen und die immer wieder warnten – so Marieluise Beck und Ralf Fücks.

Von der Gewalt oder: von den Herausforderungen, „die ein Heer erfordern, deren Soldaten tapfer und ohne Zögern zu den Waffen greifen

Es gibt im Prozeß der Weltgeschichte berechtigte und vernünftige Gründe, um im Blick auf militärische Gewalt umzudenken, nämlich die notwendigerweise von demokratischen Staaten gegen Aggressoren wie Putin ausgeübte Gewalt, um ein Land zu verteidigen, das überfallen wurde. Dies alles war 1982 kaum die Frage, es gab monolitische Blöcke. Daß in Vietnam auch die nicht minder blutigen Sowjets und die Mao-Chinesen agierten und folterten, interessierte wenige nur. Daß linke Revolutions-Bewegungen in ihren Maßnahmen nicht weniger zimperlich waren, konnte man in Georg Büchners „Dantons Tod“ nachlesen und bereits Goethe und Schiller verachteten jenen Terreur der Revolution. Die Realität des 20. Jahrhunderts zeigte weitere schreckliche Beispiele.

Generalmajor Christian Trull sprach 2005 in seiner Abschiedrede von der Truppe hellsichtige Sätze, die heute ihre Wahrheit gefunden haben, die aber in den fröhlich-feuchten 2000er Jahren kaum einer hören wollte. Bundeswehr war uncool.

„Dieses Land kann jederzeit vor Herausforderungen stehen, die ein Heer erfordern, deren Soldaten tapfer und ohne Zögern zu den Waffen greifen und helfen und schützen. Alles muß getan werden, um uns auf diese Fälle vorzubereiten. Die Fähigkeit, sie vorherzusagen, ist gleich null.“

Paradigmatisch und relevant für tatsächliches politisches Handeln eines Staates trat dieses Umdenken und die Abbkehr von alten Modellen des Frieden ohne Waffen zum ersten Mal als scharfer Konflikt innerhalb der Grünen wie der linken Bewegung zutage, als 1999 die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Schröder und Joschka Fischer einem Nato-Einsatz in Serbien auch unter deutscher Beteiligung zustimmte. Im vorausschauenden Blick auf weiteres hat all das und haben die Worte von Generalmajor Trull wenig genützt, und wir wollten es auch gar nicht so genau wissen. Sparen bis es quietscht war auch in der CDU, die von 2005 bis 2021 den Kanzler stellte, das Motto.

Was wir von Quistorp und vielen Grünen lernen können: Unter solchen Zeichen eines imperialistischen Angriffskrieges wie ihn heute Rußland führt, muß neu gedacht werden. Pazifismus, der das Recht das Stärkeren und das Morden von Diktatoren und Kriegsverbrechern, legitimiert, ist kein Pazifismus, sondern im besten Falle Naivität und Dummheit. Das haben auch manche Linke begriffen, die ansonsten eher Anti-USA-Reflexe hegten: teils zu recht. Die USA sind nicht der Hort der Güte, des Schönen und des politisch Wahren, wenn es um das geht, was realiter geschieht – die „Federalist Papers“ sind leider geduldiges Papier – und es wäre sicherlich sinnvoll, wenn auch die EU eine eigene und tragfähige Sicherheitsarchitektur entwickelte. Dennoch verbindet das freie Europa im Blick auf die gegenwärtigen politischen System mit den USA deutlich mehr als mit China, dem Iran oder gar mit Putins Rußland. Schon deshalb erwies sich Putins Wunsch eines Raumes von Wladiwostok bis Lissabon als Betrug: politische Partnerschaften zwischen einer Diktatur und Demokratien sind realiter kaum durchführbar. Was nicht heißt, daß wir mit Rußland für die Zukunft keinen Dialog führen sollten. Ob es freilich unter und mit Putin sein wird, dürfte das freie Europa und die USA vor erhebliche Herausforderungen stellen.

Es helfen die alten Modelle eines „Frieden schaffen ohne Waffen“ nicht weiter, wenn da ein Aggressor wie Putin sitzt, dem man mit diesen Slogans am Ende in die Hände spielt, weil mit solchem „ohne Waffen“ lediglich dem Recht des Stärkeren Vorschub geleistet wird. Diese Zeitenwende haben die Grünen eher als alle anderen erkannt. Während die heutige Friedensbewegung es schaffte, sich ins Abseits zu bringen und als Klub Gestriger nicht zu realisieren, was einst Bob Dylan sang:

„And you better start swimmin‘
Or you’ll sink like a stone
For the times they are a-changin'“

***

Wir glaubten damals in einer Welt zu leben, die sich durch Kritik zwar nicht mehr verändern würde, darin dem Denken Adornos und der kritischen Theorie verhaftet, die aber durch bestimmte Negation dennoch zu kritisieren wäre, und zwar in ihren Grundfesten und in ihrer Struktur, um auf das Ganze einer Gesellschaft zu gehen, nämlich ihrer ökonomischen Basis wie auch auf ihren Überbau zu zielen. Eine solche Kritik, der Destruktion geschuldet, wie sie teils Heidegger im ganzen und als philosophische Runderneuerung tätigte und wie sie Walter Benjamin politisch mit dem von ihm so bezeichneten „destruktiven Charakter“ beschwor und wie sie verschiedene politisch-ästhetische Avantgarden wie der Surrealismus vertraten und in den 1980ern, jenen wilden und wunderbaren Jahren teils mit Punk und Industrial Music, ist in bestimmten Zeiten nicht mehr möglich. Sie war es im Grunde und wenn wir ex post facto blicken, bereits zu Weimarer Zeit, als Hitler vor der Tür stand, nicht mehr: doch konservative wie linke Denker glaubten an eine Zeitenwende und daß jene Republik zu beseitigen und hinwegzufegen sei. Aber es gibt Zeiten, da sollte man selbst die Abschaffung einer nicht vollkommenen, aber doch auch zugleich guten, weil freien Gesellschaft sich nicht zum Ziel machen. Weil nämlich das, was danach kommen, deutlich schrecklicher ist. Wir haben dies in Europa gesehen und gespürt. Das freie Europa ist nicht perfekt, aber mit Blick auf Putins Rußland und einem repressiven China, darin Menschen auf Nimmerwiedersehen verschwinden, scheint der Westen die allemal bessere Möglichkeit. Diese gilt es zu verteidigen. Auch mit Waffen.

„Der Nation ausgerechnet im Friedensrausch vorzurechnen, daß niemand als sie selbst den Pazifismus diskreditiert hat, wurde als umso größere Bosheit, Gemeinheit und Niedertracht empfunden, als sich die Tatsache nicht leugnen läßt. Denn in der Tat hat Deutschland den Pazifismus diskreditiert und ad absurdum geführt, indem es praktisch vorgeführt und damit empirisch bewiesen hat, daß es Schlimmeres geben kann als den Krieg; dass Schrecken möglich sind, von denen nur eine starke Armee befreit. Deutschland selbst unter den Nazis war dieser Schrecken, gegen den es kein Mittel als Bomberflotten und Panzerverbände gab. Die Armee als wirklichen Befreier und den Krieg als wahren Sachwalter und Vollstrecker der Menschlichkeit in die Weltgeschichte eingeführt zu haben ist das verhängnisvolle Verdienst dieses Landes. Es hatte in seinen Vernichtungslagern Millionen Menschen Grund gegeben, den Angriff durch Bomber und Kampfflugzeuge herbeizusehnen, weil der wahrscheinliche Tod im Bombenhagel die Rettung vor dem sicheren und unendlich qualvolleren Tod in der Gaskammer war.“ (Wolfgang Pohrt, Der Krieg als wirklicher Befreier und wahrer Sachwalter der Menschlichkeit)

Der Parlamentspoet oder vom Beruf des Dichters

Ich werde mich wohl, nachdem vor einigen Tagen bei mir das Buch „Texte und Materialien zur Geschichte der RAF“ eingetroffen ist und mich ästhetisch inspirierte, denn doch auch als Parlamentsprolet bewerben. Ich habe bereits mit einem ersten Entwurf für eine Bewerbung begonnen – sozusagen „Notizen aus der Begeisterung“:

Oh, Hohes Haus, oh reine Übersteigung
Oh Abgeordnete, vor dir eine Verneigung
Oh hohe Rede,
alter Schwede.

Schöne Frau in weißem Mieder,
Sehn wir uns nach der Debatte wieder?
Oder wirst Du an mir vorbei gar gungen?
Ein „Guten Tag!“ nur abgerungen.

Banknachbarin von der SPD
Wann ich dich jemals wiederseh?
Liebesleid auch in diesen Hallen.
Da tat sie mir gleich eine knallen:

„Du Chauvi, frecher Macho-Mann,
fäßt du mich an meim Mieder an!?
Das tue niemals wieder!“

Im Winter blüht kein Flieder.
So verlasse ich betrübt den Saal.
Voll stiller, grauer Liebesqual.

Oh holdes gutes Parlament,
Du schenktest mir die Liebesstunden.
Doch bleiben, ach, am Ende nur die bittersüßen Wunden.
In jenem, der vor Liebe brannte.

Vor Troja haben wir gefochten.
In Schnellroda zogen wir in Wachs die Dochten
Die Arbeiter gilt es zu befreien:
Sie stellten sich in unsere Reihen.

Da lacht die Frau im weißen Mieder:
„Deine Sozialromantik wieder!
Du schöner Mensch, der du lebst in alten Zeiten.
Soll ich Dich heute nach Haus begleiten?“

„Bin weder unbeweibt noch schön,
Kann gut allein nach St. Eglitz gehen
Ansonsten tuts der Fahrdienst auch
Das ist im Bundestag so Brauch.“

Zwar ist dies bisher bloß eine lose Folgen von Reimen, der Zug und die Geschichte fehlt hier noch. Aber da auch in Parlamentsdebatten vieles unvollkommen ist, denke ich, daß diese Zeilen denn eine gute Bewerbung als Parlamentspoet sind. Vorab für die Planung dieser Dichtlung läßt sich allerdings schon einmal sagen, daß sie getragen ist von Thomas Bernhards Menschheitskomödie „Das Rad der Geschichte“, wie er sie in „Der Theatermacher“ entfaltet. Diese epische Dichtung wird, wie die Illias, achtzehn Gesänge umfassen, aber multipliziert um die Zahl der magischen Sieben. Sie darf nur im Ganzen vorgetragen werden.

Aber Scherz und schiefere Bedeutung beiseite: Interessant wäre es zu sehen, was dieselben Leute sagen, die jetzt noch jubeln und die Idee knorke finden, wenn plötzlich Uwe Tellkamp oder Jörg Bernig ins Spiel kämen: da wird dann vermutlich von der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Katrin Göring-Eckardt der geteilte Mantel des barmherzigen Samariters ganz schnell in die warme Stube gebracht und aus ist’s mit Toleranz und Pluralität.

Wenn man freilich die Leute, die solchen Posten vorschlugen, ernst und beim Wort nimmt und den Gedanken tatsächlich aufgreift, daß es bei diesem Posten nicht um einen Staatsdichter geht, weil es nicht die Regierung selbst ist, sondern das Parlament mit seinen verschiedenen Parteien, das einen Dichter „bestellt“, also kein „Staatsdichter“, dann könnte jede Fraktion, die im Parlament in Fraktionsstärke sitzt, für sechs oder sieben Monate einen solchen Poeten vorschlagen. Und wenn der Dichter annimmt, dann wird er eben jener Parlamentspoet. Das können so unterschiedliche Dichter sein wie Juli Zeh, Dietmar Dath, Monika Maron, Ursula Krechel, Jörg Bernig, Rainald Goetz, Uwe Tellkamp, Navid Kermani, Martin Mosebach, Karen Duve, Thea Dorn, Jenny Erbenbeck. Das wären dann in der Tat unterschiedliche Stimmen und vielleicht kommt sogar was Brauchbares heraus. Aber ob man das wirklich in dieser Weise braucht, bleibt fraglich, zumal sich ja immer schon und eh manche Dichter ins Getümmel des Alltagspolitischen geworfen haben.

Freilich: Ich hege bei einigen Leuten, die diesen Posten vorschlugen, nur leider den Verdacht, daß es da gar nicht um unterschiedliche Stimmen und unterschiedliche ästhetische Ausarbeitungen geht, sondern daß vielmehr die Stimmlage in etwa so ausfällt wie der Spielplan des Berliner Gorki-Theaters, ein Buch von Max Czollek oder eine Kolumne von Stokowski. Zudem habe ich den Verdacht, daß es hier vielmehr um ein Projekt von Alimentierung für eine bestimmte Richtung von Künstlern geht. Das muß nicht so sein, aber die Gefahr ist doch vorhanden und schnell werden die üblichen Verdächtigen um die Futtertröge sich scharren. Mit dem Amt eines Stadtschreibers kann ich mich in vielerlei Weise anfreunden. Mit dem des Parlamentspoeten nicht. Und das nicht etwa, weil es von der DDR her und von anderen damaligen Zeiten einen schlechten Klang hat, sondern aus ästhetischen Gründen. Ganz zu recht schreiben Dana von Suffrin und Tijan Sila in ihrem lesenswerten Artikel in der SZ vom 10.1.2022:

„Wir glauben an eine unabhängige Kunst: Wir Künstler sind nicht systemrelevant und wollen es auch nicht sein. Wir wollen als Künstler keine Verantwortung in einem Staat tragen. Künstler liefern selten eine zuverlässige moralische oder politische Orientierung. Sie sind keine Maskottchen, sie sollten auch keine Symbole werden, auch nicht für ein kleines Honorar. Das bedeutet nicht, dass Künstler und Kunst keinen Einfluss auf gesellschaftliche politische Prozesse nehmen können, aber sie müssen sich nicht fortwährend bewähren oder sich durch behauptete Systemrelevanz eine Daseinsberechtigung erschwindeln. Kunst muss nicht unmittelbar politisch nutzbar werden.“

Und weiter heißt es darin im Blick auf die Knete:

„Wir stehen morgens auf, heften am Monatsende unsere Gehaltsabrechnungen in Leitzordnern ab und sammeln Rentenpunkte. Abends schreiben wir dann an unseren Büchern, die, ehrlich gesagt, nicht viel gelesen werden, aber wir lieben und brauchen das Schreiben eben. Wer Schriftsteller sein möchte, verbringt wenig Zeit damit, sich zu fragen, wieso und wozu – es ist nun mal ein Bedürfnis, manchmal sogar ein Zwang. Was man sich als Schriftsteller hingegen oft fragt, ist, wie – wie soll man dem Bedürfnis nachgehen, wenn die Welt sich immer weniger für Literatur interessiert? Wir bekommen hin und wieder einen Vorschuss und werden für Lesungen bezahlt, aber ein sicheres Einkommen ist das nicht. Deshalb sind wir auf ihn angewiesen: den Brotberuf – und das ist so in Ordnung. Um das schreiben zu können, worauf man Lust hat, darf man nicht finanziell auf Literatur angewiesen sein. Nur so entzieht man sich der Not, in seinem Werk Debatten hinterherzurennen und Sujets zu bearbeiten, weil man glaubt, dass sie die Öffentlichkeit interessieren. Um schreiben zu können, was man selbst braucht, braucht man einen Beruf. Gedichte für Politiker zu schreiben ist allerdings keiner, aus gutem Grund.“

Von dem Begehren danach alimentiert zu werden, und dem Heranschleimen an Fördergelder einer bestimmten Gruppe aus dem Bereich der identitären Linken will ich hier gar nicht einmal sprechen: da wo nicht Dichtung, sondern die richtige politische Haltung überwiegt – das wäre ein weiteres Thema. Und diesen Satz kann man gar nicht oft genug betonen: „Wer Schriftsteller sein möchte, verbringt wenig Zeit damit, sich zu fragen, wieso und wozu – es ist nun mal ein Bedürfnis, manchmal sogar ein Zwang.“ Man sollte ihn manchen Leuten und Leutinnen aus der Fraktion „Mingeln, Jammern, Klagen“ übers Bett tapazieren. Ja, vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt, dreckigen, stinkenden Musenschweiß. Und viele wollen zwar, aber wenige schaffen es – auch dies sollte jedem Autor, jedem Dichter, jedem Künstler klar sein. Und oft ist der Betrieb gerade zu den besten ungerecht. Kunstmachen ist ein Wagnis – auch finanziell. Und es bedeutet teils auch Lebenseinschränkung. Etwas, das viele heute nicht gerne mehr hören: Verzicht auf bestimmte Dinge, weil nämlich Zeit zum Schreiben ein kostbares Gut ist.

Furchtlos bleibt aber, so er es muß, der Mann
Einsam vor Gott, es schützet die Einfalt ihn,
Und keiner Waffen brauchts und keiner
Listen, so lange, bis Gottes Fehl hilft.

Das ist das Ende von Hölderlins Ode „Dichterberuf“. Sicherlich kein hilfreicher Rat. Eigentlich gar keiner. Man kann solches Dichten (binnenästhetisch genommen) auch in den Rat „An die jungen Dichter“ fassen, ebenfalls von Hölderlin und wie am Tone unschwer zu hören, aus einer anderen Zeit:

Lieben Brüder! es reift unsere Kunst vielleicht,
Da, dem Jünglinge gleich, lange sie schon gegährt,
     Bald zur Stille der Schönheit;
          Seyd nur fromm, wie der Grieche war.

Liebt die Götter und denkt freundlich der Sterblichen!

Haßt den Rausch wie den Frost! Lehrt und beschreibet nicht!
     Wenn der Meister euch ängstigt,
          Fragt die grosse Natur um Rath.

Neujahrsgruß mit Merz und Söder

~~~BANKGEHEIMNIS~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Du, Fritzl, woaßt was? Der schönste Reim auf ‚Sauerländer‘ ist und bleibt doch ‚Dauerständer‘.“

[Genau mein Humor: Text und Bild wurden gefunden bei einem Fb-Freund.]

Über Friedrich Merz wird es sicherlich viele, viele Witze geben. Die gab es auch über Helmut Kohl. Kohl blieb 16 Jahre im Amt.

Zum Tod von Bill Ramsey und jene wunderbaren 80er Jahre

Im April wurde Bill Ramsey 90 Jahre, nun ist er am 2. Juli gestorben. Ich kannte Ramsey zunächst nicht so sehr vom eigenen selbständigen Hören, sondern durch Erzählungen von der Jugendzeit meiner Eltern, die immer mal wieder seine eingängigen Melodien summten oder das Radio damals in den 1970ern lauter drehten, wenn der Humba-Tumba-Schokoladeneisverkäufer erscholl. Ich kannte jenen bärtigen Ramsey, weil die Eltern gerne von der Musik jener Jahre sprachen, jene Nachkriegsfünfzigerjahre und dieser Art von Musik, die eine gewisse Heiterkeit versprach und doch vom Musikalischen auch die Rockelemente aufgriff, so daß es tanzbar war. Man kann solches Erzählen und Erinnern als Abwiegeln und Verdrängen auffassen, man kann es aber auch als eine Möglichkeit sehen, Autoritäten und den Marschmusiksound der Väter aufzuweichen und ihnen mit witziger und lockerer Musik eins auszuwischen. „Mach doch mal diesen Negerjazz aus!“ hieß in jenen Jahren eine geflügelte Wendung, die als Aufforderung und Befehl an unsere damals noch jungen Eltern erging (zumindest war es beim Vater so: Arztsohn und angesehene Familie am Ort, bei der Mutter zum Glück nicht) – das Wort „Jazz“ dabei ausgesprochen wie das J in „Jacke“ und Jazz wie Hatz, mit harter Endung.

Ein wenig wieder zu Ehren kam Ramsey in jenen ironischen Musikrunden des Punk der frühen 1980er Jahre, wenn wir neben den üblichen Platten auf einer Party auch einmal von Gus Backus dessen herrliches „Da sprach der alte Häuptling der Indianer“ auflegten oder ein Stück von Bill Ramsey spielten, wie etwa die „Zuckerpuppe aus der Bauchtanztruppe“, „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ (zu vermuten steht, daß die Bremer Punkband „Die Mimis“ daher auch ihren Namen hatte) oder eben jene „Souvenirs“. Schöne alte Zeit, mitten in Le Angst und Atomtod. Wir freuten uns und lachten zu solcher Musik, zumal man damit jene Musikpuristen ärgern und die Erwachsenen, die meist in Gestalt von 1968er-Lehrern auftraten, die mit solcher Musik nicht viel am Hut hatten, verwundern konnte, denn: Hier kommt das Wirtschaftswunder, das neue Wirtschaftswunder. (Und so nannte sich denn eine Punk/New-Wave Band auch „The Wirtschaftswunder“. Das Lied „Der Kommissar“ befindet sich hinter dem Link) Nur, daß das Wirtschaftswunder nicht mehr kam, sondern mit Ronald Reagan und Margaret Thatcher eine Form von Marktliberalisierung, die so tat, als sei es der Einzelne, auf den es ankäme.

Dennoch: die alten Kämpfe und die Ideologien der Marxexegeten, des Arbeitermarxismus und derer, die auf Revolution setzten, waren für die 1980er Jahre – zumindest für uns – passé. Mit Punk und New Wave kam ein neuer Blick in die Zukunft auf, Frankie Goes to Hollywood, Depeche Mode, The Cure, die Einstürzenden Neubauten und Anne Clark bereiteten eine neue Erotik und Ästhetik: Tanz in Ruinen, Darkrooms. Die alten Modelle von revolutionärer Veränderung funktionierten nicht mehr und hatten auch nicht funktioniert – zumindest nicht für westliche Wohlstandsländer, in denen man kaum eine Revolution der Landarbeiter oder der ausgebeuteten Industriearbeiter anzetteln, geschweige denn erwarten konnte: jeder deutsche Arbeiter verdiente in den 1980er Jahren mehr als er ausgeben konnte, die Kinder jener Schicht besuchten vermehrt die Gymnasien, und selbst in Ländern wie Italien und Frankreich, wo es zuweilen noch Zeichen von solchem Aufruhr gab, ging diese Rebellion wieder unter, da waren keine Revolutionen zu erwarten – was man bereits zum Ausgang der 1960er Jahre hätte ahnen können – und aufgrund solcher Diskrepanzen von Denken und Wirklichkeit dichtete Mitte der 1980er eine Hamburger Punk-Band in einem ihrer Songs die schöne Wortfolge „Freizeitguerilleros, Freizeitsombreros“. Es war alles ein Scherz, ein Lachen, es war vor allem nix mehr mit Revolution. Es war auch nicht mehr die „bleiernen Zeit“, frei nach Hölderlin und der Wiedergewinnung dieses großen Wortes für die schweren, trägen 1970er mit dem mächtigen Staat gegen die RAF – zumindest nicht in dieser Dramatik. Da war kein Blei, außer im Benzin oder in den Dienstwaffen der Polizei oder in den Heckler & Koch-MPs der RAF von der Suzuki herab. Aber es war auch kein Aufbruch. Das war das Erbe der 1970er am die 1980er Jahre.

Wir ahnten diese Aporie, wenngleich wir fleißig weiter Brecht, Sartre, Benjamin und Adorno lasen, und wir ahnten auch, daß die Latzhosenkreise, die Räucherstäblichen, die schwarzen Lederjacken mit Motorradhelm, das RAF-Kokettieren und die Leute mit dem Slime-Parolen in diesem Sinne eine nette Folklore waren, zu der wir aber als Politisierte doch irgendwie dazugehörten. Dennoch war es vorbei und ausgeträumt. Aber wir nahmen dieses „Vorbei“ nicht im Sinne von „Ton Steine Scherben“ mit ihrem „Der Traum ist aus“, sondern als einen mit Foucault damals gedachten „fröhlichen Positivismus“, im Negieren affirmierten wir, im Sinne eines ironischen Charakters, so wie sich junge Menschen ihr Denken aus Unterschiedlichem zusammenklauben, einer Art von „destruktivem Charakter“ auch, der lacht und wo ästhetisch beseitigt wurde, was politisch nun einmal der Fall war. Beuys und Kippenberger, Ramsey und Marc Almond. Dazu paßte auch der Humor der damaligen Titanic-Mannschaft: Neue Frankfurter Schule; die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche, doch die erste Banane gab es für Zonengabi noch nicht: daß die DDR ewig dauern würde, vermuteten wir, aber es war uns Wessis gleich. Am Ohr und am Puls der Geschichte war niemand, und niemand begriff, wo die tatsächliche Revolution demnächst stattfinden würde, wenn man diesen Sturz denn als Revolution bezeichnen möchte. Wir fanden es allenfalls bizar, dort in der DDR, in Ostberlin einmal für einen Tag einzureisen. Innerdeutscher Kolonialistenblick, ex post und dann realiter setzte sich dieser Blick 1990 bei vielen fort. Das Eigenständige und Kluge, das Großartige dort, diese Art von Subversion und Zwischen-den-Zeilen-Lesen begriffen wir Mitte der 1980er Jahre nicht im Ansatz. (Mir war es ein wenig durch die Musik aus den 1960ern von Biermann klar und weil ich mich für DDR-Kunst interessierte.)

Zeitszenarien. Doch „was ihr den Geist der Zeiten heißt, das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln“. Wir aber dachten damals nicht für die Ewigkeit, sondern im Moment und Augenblick, wollten den Kairos fassen und bekamen ihn nur rudimentär beim Schopf. Und in solchem Sinne kann man diesen Ramsey-Text auch als Anschluß an jenen Jim-Morrison-Artikel von gestern lesen: jene seltsamen und jene wunderbaren Jahre, jene 1980er Jahre, die vor Krisenszenarien und Angstkommunikation nur so strotzten: von Le Waldsterben, über Le Atomangst bis hin zur Le Volkszählung (heute gibt man bei jedem Internetbesuch auf bestimmten Seiten mehr von sich preis als mit allen Fragen der Volkszählung zusammen, von bestimmten sozialen Medien ganz zu schweigen, die einen bis in die privatesten Lebensgewohnheiten aushorchen.) Und wer je das Melancholisch-Totenliedhafte, aber auch das mit religiöser Widerstandsinbrunst gesungene von „Wehrt Euch, leister Widerstand“ noch im Ohr hat, (gesungen zur Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“ und als Kinderlied gedacht), mag sich ein wenig von dieser Zeit und ihren Ängsten vergegenwärtigen. Insofern verhält sich ein Großteil jener Generation gegenüber den von der Generation Greta-und-Luise gemalten Zeichen und Menetekeln eher gelassen – wenngleich diese Relationierung nicht gegen ihre Bedenken spricht. Wir standen vor der atomaren Auslöschung, und Tschernobly 1986 war real und grausig.

Ramseys Musik war dazu eine Gegenmusik – statt dieser Betroffenheit nun Schlager – und sie gehörte in diesem Kontext zu dem, was man später dann Fun-Punk nannte. Nachfahren Ramseys waren, wenngleich mit härterem Sound und schärferen Texten, sicherlich „Die Ärzte“, die sich als Punkband Anfang der 1980er Jahre in Berlin gründeten. Insofern spielte Bill Ramsey für uns zwar keine zentrale Rolle, aber über diese Art von heiterer Musik, die man ernst nahm und dann wieder doch nicht so ganz, in der Haltung von Ironie und gleichzeitig der Provokation, war Ramsey dennoch ein Teil dessen, was man unter der Rubrik „Spaßpunk“ abhandelte und was dann fünfzehn Jahre später mit Gildo Horn und einem neuen Schlagerrevival salonfähig wurde. Vorreitende 1980er Jahre.

„Jazz in der Bauchtanztruppe“, so betitelte der taz-Journalist Jan Feddersen seine Würdigung zu Ramseys Tod:

„Für Musik interessierte er sich immer – und wie es sich für viele US-Amerikaner seiner Generation gehört, waren seine Vorbilder keine Weißen, sondern schwarze Musiker, Heroen wie Nat King Cole, Duke Ellington und Count Basie. Bill Ramsey liebte den Jazz inbrünstig, die Kunst der Phrasierung, der tonalen Umwidmung melodisch fester Strukturen.

Anfang der Fünfziger Jahre kam er in die Bundesrepublik, hier hatte er seinen Wehrdienst zu absolvieren. Trat in Jazzkellern auf, etwa in Frankfurt am Main und auf Festivals. Als Angestellter des US-Soldatensenders AFN war er durchaus privilegiert.

Jetzt ist der Sänger und Entertainer Bill Ramsey iim Alter von 90 Jahren gestorben. Das teilte seine Familie der Deutschen Presse-Agentur mit.

Berühmt wurde er allerdings durch Kracher in einer Sorte Musik, die er nicht ganz so sehr liebte: dem Schlager. Aber er brachte ihm nun mal Ruhm und viel Geld. In den Sechziger Jahren war Ramsey eine der Leitfiguren dieses Genres, das schon aus kommerziellen Gründen, also der Not stets Abwechslungsreiches bieten zu müssen, das der größten Diversity war.“

Womöglich haben Songs wie die von Bill Ramsey mehr zur sogenannten Re-Education der Deutschen nach dem Dritten Reich und zu jenen ideologischen Lockerungsübungen beigetragen als mancher mahnende Zeitungstext. Vor allem aber ist die Bedeutung des Radios und solcher Sender wie AFN, dem US-amerikanischen Soldatensender, nicht zu unterschätzen. Die Generation der in den 1940er Jahren Geborenen hing vor den Radiogeräten, drehte am Frequenzrad und horchte auf. Spielte den Sound lauter. Bill Ramsey machte solche Rock-Musik in einer gemäßigten, deutschen Form salonfähig auch fürs deutsche Radio.

Jener 25. Todestag von Wolfgang Koeppen

Ich lese gerade in einem Beitrag von Deutschlandfunk „Zum 25. Todestag von Wolfgang Koeppen“ und bin erstaunt, und ich denke mir: „Wie und was? Ich meinte, Koeppen wäre seit über 40 Jahren schon tot?“ Einer aus der fernen Vergangenheit, der sogar noch 1995 lebte, der die Wiedervereinigung erlebte und jene Jahre danach und der 1996 mit 89 Jahren starb und davor die Zeit, die übrige Zeit, nachdem er jene so sehr geschätzte Trilogie dichtete, schweigend auf das Land blickte. Als wäre er niemals mehr da und doch war er all diese Jahre über da. Seltsame Wahrnehmung und Diskrepanz im Erinnern, wenn einem plötzlich ein Autor, wie auf dem Jenseits eines Jenseits auftaucht, den man von seiner Literatur „Tauben im Gras“, „Das Treibhaus“, „Der Tod in Rom“ damals schätzte, der aber einer völlig anderen und inzwischen historisch gewordenen Zeit der alten BRD der 1950er Jahre angehört und den man schon 1990 für tot glaubte, denn ein Internet zum Nachschlagen gab es noch nicht, man war aufs Loseblattlexikon angewiesen. Ein Name, der wie eine Art Wiedergänger erklingt, denn nach seiner großen Trilogie, einer der ersten kritischen Bestandsaufnahmen der frühen Bundesrepublik, schwieg Koeppen. Man wartete auf den nächsten großen Wurf, aber es kam nichts mehr.

Ich blättere in meinem Suhrkamp-Band, sehe, daß ich darin nichts unterstrichen habe, mein Blick fällt auf die Schreibweise des Wortes „Telephonzelle“ – so würde ich es am liebsten auch schreiben, denke ich mir. Ich entdecke beim Blättern das Wort „Neger“. Es muß das Buch also aus einer anderen Zeit stammen – sollte man Koeppen neu übersetzen und wenn ja von wem? Ich sehe zudem einen Satz, den ich mir herausgeschrieben habe, im Zettelkasten:

„Es war einmal eine Zeit, da hatten die Götter in dieser Stadt gewohnt. Jetzt liegt Raffael im Pantheon begraben, ein Halbgott noch, ein Glückskind Apolls, doch wie traurig, was später sich ihm an Leichnamen gesellte …“ (Koeppen, Der Tod in Rom)

Das ist ein wunderbarer Romananfang, denke ich mir und versuche herauszubekommen, was ich damals 1986, als ich Koeppen las, mir dachte und wie ich dieses Buch auffaßte. Ich weiß es nicht mehr, es blieb nicht viel hängen, da ich zu dieser Zeit im Grunde in der Welt des Ästhetizismus, bei Thomas Mann, und in der Welt einer Literatur als Leben und Exzeß des Schreibens, wie bei Kafka, gefangen war – „wie wenn man mit der Schrift Mädchen binden könnte“ – und mit Proust im Bett lag und mit Arno Schmidt, der mir als BRD-Nachkriegsschriftsteller qua Sprache und qua Tonfall und Stil zu dieser Zeit näher ging als Koeppen, ich denke an unsere Arno Schmidt-Wanderung in Bargfeld, 1996, mit Wanderstöcken zur Verteidigung nicht gegen die Wölfe, sondern nur gegen die Hunde, mit einer Feldflasche, darin Tee mit Rum sich befand, ganz in der Art des Meisters. Koeppen lebte zu dieser Zeit noch, Schmidt war tot.

Ich lese in die drei Romane hinein. Daß das, was Koeppen da machte, eine hochmoderne und avancierte Literatur war, von der sich die heutigen Bürschchen und die Schreibmädchen aus Hildesheim viel abschneiden können, war mir damals nicht bewußt. Jetzt, nachdem ich eine halbe Stunde mich in dieser Koeppen-Literatur umgetan habe, lese ich, was ich alles überlesen habe. Worauf habe ich geachtet? Ich weiß es nicht mehr. Der absurde Zug von Menschen am Ende des Buches „Das Treibhaus“, ein Traum, halb anachronistischer Zug, halb Karnevalszug, halb Brueghelsches Grauen. Eine Alptraumszene mit Joyceschen Mitteln. Der Versuch, jene klassische Moderne des frühen 20. Jahrhunderts noch einmal für die Mitte des Jahrhunderts unter den Bedingungen des äußersten Grauens bzw. des Danachs fruchtbar zu machen, um mittels Literatur ein Zeitbild zu schreiben. Das muß ich unbedingt noch einmal lesen, denke ich mir. Koeppen ist ein Schatz.

„Der Abgeordnete Korodin schleppte ein großes goldenes Kreuz herbei, unter dessen Last er gebückt ging. Er richtete mit großer Mühe das Kreuz neben dem Galgen auf, und er fürchtete sich sehr. Er brach Gold aus dem Kreuz und warf die Goldstücke in den Kreis der Staatsmänner und der Volksvertreter, in die Runde des Nachtgelichters und des Taggesindels. Die Staatsmänner verbuchten das Gold auf ihrem Konto. Der Abgeordnete Dörflich versteckte das Gold in einer Milchkanne. Der Abgeordnete Sedesaum ging mit dem Gold zu Bett und rief den Herrn an. Das Nachtgelichter und das Taggesindel beschimpfte Korodin mit gemeinen Worten. Überall auf den Mauerstümpfen, in hohlen Fenstern, auf der geborstenen Säule aus des Sängers Fluch saßen die gefräßigen heraldischen Tiere, hockten dumme aufgeplusterte mordgierige Wappenadler mit geröteten Schnäbeln, fette selbstzufriedene Schildlöwen mit blutverschmiertem Maul, züngelnde Greife mit dunkelfeuchten Klauen, ein Bär brummte drohend, Mecklenburgs Ochse sagte Muh, und SA marschierte, Totenkopfverbände paradierten, Fememordbataillone rückten mit klingendem Spiel an, Hakenkreuzbanner entfalteten sich aus moorverschmierten Hüllen, und Frost-Forestier, einen durchschossenen Stahlhelm auf dem Haupt, rief: »Die Toten an die Front!« Eine große Heerschau ereignete sich. Die Jugend zweier Weltkriege marschierte an Musäus vorbei, und Musäus nahm bleich die Parade ab. Die Mütter zweier Weltkriege zogen stumm an Musäus vorüber, und Musäus grüßte bleich ihren schwarzumflorten Zug. Die Staatsmänner zweier Weltkriege schritten mit Orden bedeckt zu Musäus hin, und Musäus unterschrieb bleich die Verträge, die sie ihm vorlegten. Die Generale zweier Weltkriege kamen mit Orden übersät im Stechschritt herbei; sie stellten sich vor Musäus auf, zogen ihre Säbel, salutierten und forderten Pensionen. Musäus gewährte bleich die Pensionen, und die Generale packten ihn, führten ihn auf den Schindanger und überlieferten ihn dem Henker. Dann kamen die Marxisten mit roten Fahnen gezogen. Sie schleppten schwer an einem Gipsbild des großen Hegel, und Hegel reckte sich und rief: »Die großen Individuen in ihren partikularen Zwecken sind die Verwirklichung des Substantiellen, welches der Wille des Weltgeistes ist.« Der ausgemergelte Dauerklavierspieler aus dem Nachtlokal spielte dazu die Internationale. Die dürftigen Schönheiten des anderen Nachtlokals tanzten die Carmagnole.“

Es ist dies ganz sicher eine politische Literatur, freilich mit guten ästhetischen Mitteln gewirkt, so scheint mir nach der kursorischen erneuten Lektüre. Über 35 Jahre ist das nun her, als ich diese Bücher las. Auch eine Art Jubiläum, und wir können sehen, schauen und zurückblicken, was alles in jenen Jahren geschah und daß jene Welt inzwischen eine ganz andere ist. Welcher Abstand dazwischen liegt und wie dicht wir damals in der alten BRD noch am Wirtschaftswunderland waren, gepaart nun mit dem sozialdemokratischen Wandel der 1970er Jahre. Jetzt kommt das Wirtschaftswunder//Jetzt kommt das Wirtschaftswunder//Jetzt gibt’s im Laden Karbonaden schon und Räucherflunder//Jetzt kommt das Wirtschaftswunder//Jetzt kommt das Wirtschaftswunder//Der deutsche Bauch erholt sich auch und ist schon sehr viel runder//Jetzt schmeckt das Eisbein wieder in Aspik//Ist ja kein Wunder nach dem verlorenen Krieg.

Heute im Deutschlandfunk-Text heißt es:

„Die finanzielle Misere eines freien Schriftstellers prägt Koeppens Lebensgefühl. Dankbar nimmt er das Angebot an, für den Rundfunk Reisereportagen zu schreiben. Anläufe zu einem großen autobiografischen Roman jedoch werden nur bruchstückhaft in Zeitschriften veröffentlicht und verlaufen schließlich im Sand. Koeppen stirbt am 15. März 1996 im Alter von 89 Jahren. Dass die Tätigkeit eines Schriftstellers laut seinen eigenen Worten „ein Artikel des öffentlichen Schaugeschäfts“ geworden ist, hat ihn zusehends demotiviert: „Ich finde, dass das Schreiben, wie ich es betreibe, überhaupt kein Beruf ist!“

Was bleibt, sind seine fulminanten Texte.“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Und schön ist diese Prosa auch deshalb, weil sie zu uns wie aus einer fremden und anderen Zeit herüberweht. Gleichsam als Andenken und Erinnern an unsere seltsame, deutsche Geschichte, die im Rückblick weit zurück liegt. Das Internet und das Digitale haben uns vieles näher gebracht und dennoch unseren Blick von Geschichte auf eine bestimmte Weise auch wieder entfernt, denke ich, eine Dauergegenwart der Kommunikation mit fehlender Besinnung, wenn man sich nicht vorsieht und zuweilen den Speed dort herausnimmt und die Geräte abstellt, und denke mir, daß Koeppen-Lektüre zur melancholischen Betrachtung einlädt: über Gewesenes. Ich bin von dieser Sprache angetan, angetaner als von vielem, was da in der Gegenwart an dem Markt der Identitätspolitik der bodentiefen Fenstern sich anscheißt. Nicht weil es um Politik geht, das tut es bei Koeppen nämlich auch, sondern weil das Politische ästhetisch oftmals so schlecht und schlicht bewältigt wird. Da liegt das Problem. Aber neue Formen des Ausdrucks zu finden ist schwierig. Koeppen konnte auf den Kanon der Klassischen Moderne rekurrieren, gerade nach der Zeit des Krieges und der Verbote jener Autoren. Und da kommt dann ein Ende zustande, wie es sich Kafka und Musil vielleicht nur gemeinsam hätten ersinnen können:

„In Beuel am jenseitigen Ufer strahlte aus einem Gewinde von Glühbirnen das Wort Rheinlust. Aus dem ländlichen Garten stieg eine Rakete auf, zerplatzte, fiel, ein sterbender Stern. Keetenheuve faßte das Brückengeländer, und wieder fühlte er das Beben des Steges. Es war ein Zittern im Stahl, es war, als ob der Stahl lebe und Keetenheuve ein Geheimnis verraten wolle, die Lehre des Prometheus, das Rätsel der Mechanik, die Weisheit der Schmiede – aber die Botschaft kam zu spät. Der Abgeordnete war gänzlich unnütz, er war sich selbst eine Last, und ein Sprung von dieser Brücke machte ihn frei.“

Was für ein Ende!

Avancierter Feminismus – radikale Kritik heißt triggern

Die erste Dokumentation zur radikalsten Zeitschrift der westdeutschen Frauenbewegung „Die Schwarze Botin“

Als Karl Kraus 1899 zum Sprung in eine neue Zeit die erste Ausgabe seiner „Fackel“ erscheinen ließ, um im neuen Jahrhundert auszuleuchten, stellte er im Vorwort knapp und präzise sein Unterfangen vor: „Das politische Programm dieser Zeitung scheint somit dürftig; kein tönendes ‚Was wir bringen‘, aber ein ehrliches ‚Was wir umbringen‘ hat sie sich als Leitwort gewählt.“

Mit einem ähnlichen Paukenschlag und mit Verve taktet auch die 1976 gegründete feministische Zeitschrift „Die Schwarze Botin“ im Oktober des Jahres 76 auf, und zwar mit Proklamation, Polemik und Kampfeslust – abseits der bisher betretenen Pfade der noch jungen Frauenbewegungen, die sich aus den Protesten der sechziger Jahre herausbildeten:

„Die Frauen haben sich schlecht beraten lassen, als sie anfingen zu glauben, daß alles, was Frauen denken, sprechen, schreiben und arbeiten, unter dem Aspekt der Neuen Weiblichkeit für die Emanzipation brauchbar, wenn nicht gar gut sei. Nichts ist leichter, als die Dummheit zum goldenen Mittelmaß zu erheben.“

Dies schrieb Gabriele Goettle in ihrem Auftaktessay „Schleim oder Nichtschleim, das ist die Frage“. Und weiter heißt es da programmatisch:

„Wir erwarten nicht, daß unsere Botschaften Inhalt neuen Frauenfühlens werden, wir haben im Gegensatz die Absicht, von unserer Neigung zur Konsequenz den rücksichtslosesten Gebrauch zu machen. Dabei gehen wir von der Überzeugung aus, daß für die Existenz der schwarzen Botin, sie selbst unentbehrlicher ist als die, welche sie lesen. Die schwarze Botin wird vielleicht anfänglich schwer zu verstehen sein, aber noch schwerer mißzuverstehen.“

Diese Passage ist eine klare Kampfansage und auch eine Absage an gefühlige Leserinnenschaft, die sich gern in Texten empfindungsberauscht spiegelt, wie das in jenem Feminismus der Neuen Weiblichkeit der 1970er Jahre oft üblich war. Das Weib – es blieb auch da ein Mythos, den man gerne besang, nur eben mit anderen Vorzeichen als es der männliche Blick sich dachte. Nun war sie plötzlich Urgrund, Mutter, Nicht-Mutter oder Amazone. Die von Goettle (*1946) und ihrer Geliebten Brigitte Classen (1944-2006) gegründete Zeitschrift „Die Schwarze Botin“ sollte um ihrer selbst und um ihrer Texte willen bestehen und nicht durch rigide Programmatik. Inhaltliche Qualität also statt Publikumsgeschmack und Zielgruppenorientierung. Das ist im Zeitalter des Marktes etwas Besonderes. Die Zeitschrift wollte nicht einfach fürs Wohlbefinden der Leser da sein und gefällige Wahrheiten liefern – jenen Schleim von Empfindung und weiblicher Gefühlig- bzw. Begriffslosigkeit oder wie der ehemalige Chefredakteur des Magazins „Focus“ Helmut Markwort in einer Werbung es formulierte: „immer an die Leser denken!“ Solcher Tendenz des Marketings folgten die Herausgeberinnen nicht. Die „Schwarze Botin“ denkt, das macht das Auftakt-Vorwort von Goettle unmissverständlich deutlich, auf die Sache, die da unter anderem heißt Gesellschaft, und sie will nicht gefällig sein, um Orte des Wohlfühlens und Safer Spaces zu schaffen, wo man nicht getriggert wird. Im Gegenteil: Kritik heißt triggern.

Die Differenz markieren, den Unterschied setzen, gegen den „klebrige[n] Schleim weiblicher Zusammengehörigkeit“, das ist der Auftrag dieser Zeitschrift. „Eine Zeitschrift für die Wenigsten“, so konzipierte sich die „Schwarze Botin“. Solidarität kann manchmal auch heißen, um linken Sprache aufzugreifen, nicht solidarisch zu sein. Und mit solchem Programm radikaler Kritik ging es nicht darum, in den unterschiedlichen Richtungen des 70er-Jahre-Feminismus „irgendwelche Karrieren als Galionsfiguren anzustreben“. Es kam diesem Projekt nicht auf eine Masse an Lesern an, es wollte, wie auch die ästhetischen Avantgarden und ebenso die Kritische Theorie Adornos, Horkheimers und Benjamin, auf die sich einige der Autorinnen teils bezogen, randständig sein: teils Politik, teils Theorie, teils Literatur, teils Kunst: vor allem aber eine besondere und konfrontative Art des Feminismus, dem es nicht aufs Kuscheln und auf eine falsche Solidarität ankam. Insofern war das Programm der Zeitschrift immer auch ein ästhetisches: die Grenzen sprengen, und dies mit unterschiedlichen diskursiven wie nicht-diskursiven Mitteln: so zum Beispiel Zeichnungen und Collagen. Das trug der Zeitschrift den Vorwurf ein, elitär und arrogant zu sein. Die Herausgeberinnen konnten damit gut leben.

Dabei sammelten sie für ihr avanciertes Projekt eine Vielzahl von illustren Autorinnen um sich, die später teils als Publizistinnen, Philosophinnen und Schriftstellerinnen bekannt werden sollten oder es bereits schon waren: Silvia Bovenschen, Elfriede Jelinek, Elisabeth Lenk, Rita Bischof, Glinka Steinwachs, Ursula Krechel, Christa Reinig, Gisela von Wysocki, Gisela Elsner, die Malerin Sarah Schumann und viele andere.

Das, was dieser Zeitschrift von anderen Frauenzeitschriften aus der politbewegten Zeit der späten 1970er Jahre unterschied – wie der unweit später gegründeten „Emma“ und der zu selben Zeit erscheinenden „Courage“ –, konnte man bereits am Titelblatt festmachen: es handelt sich um eine schlecht kopierte Reproduktion eines Bildes aus der Frührenaissance, das aus einem Fresko von Piero della Francesca stammt. Der Zyklus trug den Titel „Die Legende vom Wahren Kreuz“. Mittels Kunst, Collage und Montage setzten die Herausgeberinnen nicht nur ästhetisch ein Zeichen. Dazu um das Schwarz-Weiß-Bild herum ein schwarzer Trauerrand. Und auch der Titel ist Programm: Nicht die frohe Botschaft wird da gebracht. Sondern teils Düsteres, teils harte Kritik: nicht was wir bringen, vielmehr geht das Motto ähnlich wie bei Kraus: Was wir umbringen. Das Titelbild der „Schwarzen Botin“ wurde niemals verändert, sondern diente vielmehr als Erkennungszeichen und Statement, anders als dies sonstige Zeitschriften betrieben, die ihre Titelbilder thematisch ausrichteten. Auch die Hefte der Botin waren nicht nach Themen und Rubriken ausgerichtet.

In diesem Sinne läuft die von dem Historiker Vojin Saša Vukadinović herausgegebene Anthologie von Schwarze-Botin-Texten aus der Zeit von 1976 bis 1980 quer zum Konzept der Zeitschrift. Die dokumentierten Texte sind nach Themen und nicht chronologisch geordnet. Diese thematische Ordnung hat dabei den Vorteil, daß sie die Linien der Zeitschrift sichtbar werden läßt: zentral für diese Jahre waren Themen Kulturbetrieb, „Texte zu Kunst, Literatur … und Trivialem“ und vor allem das Thema  „Sexualität und Weiblichkeit“, Aspekte also, wo Frauen sich selbstbestimmt in einer eigenen Optik und im Sinne eigener sexueller Bedürfnisse wahrnehmen, die nicht von den Wünschen des Mannes gesteuert sind und die zugleich kein selbstgefälliges Refugium und Rückzugsort lieferten. Für heute und für Jüngere, für die die Selbstbestimmung von Frauen selbstverständlich ist und in weiten Teilen der Gesellschaft durchgesetzt, selbstverständlich. Keine Selbstverständlichkeit Mitte der 1970er Jahre, als das reformierte Scheidungsrecht 1976 in Kraft trat und Vergewaltigung in der Ehe kein Thema war. In bezug auf Hausarbeit und Beruf hieß es im § 1356 BGB Absatz 1 bis zur Reform: „[1] Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. [2] Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.“ Dinge, die heute kaum vorstellbar sind. In diesem Sinne sollten die in dieser Anthologie versammelten Texte auch vor dem Hintergrund jenes Zeitgeistes gelesen werden.

Ebenso findet sich in der Anthologie die für die Linke bedeutsamen Themenkomplexe wie „RAF“, „Nationalismus/Faschismus“, dazu gesellen sich Texte zum Kulturbetrieb, etwa ein Essay Jelineks zu den Liedtexten von Udo Jürgens, ebenso Lyrik und Prosa wie auch gesellschaftskritische Essays, aber auch ein Sammelbegriff wie „Tumult“ steht da, anspielend auf die Auseinandersetzung der „Schwarzen Botin“ mit der Neuen Frauenbewegung und deren Konzept von Authentizität, Innerlichkeit, Neuer Weiblichkeit und Identitätssucht. Das also, was Goettle eben mit jenem „Schleim“ meinte. Es gibt „Texte zum Feminismus“, worin sich die Autorinnen mit der Frage nach einem spezifischen weiblichen Schreiben befassen – eine Form des Schreibens, die nicht auf biologischen oder essentialistischen Unterschieden beruht und den Mythos der Erdverbundenheit und der Mutter zelebriert, so die Kritik Elfriede Jelineks. Ebenfalls findet sich darin eine Auseinandersetzung mit dem Weiblichkeitskonzept der französischen Philosophin Luce Irigaray. So wie überhaupt der sogenannte Poststrukturalismus für die Autorinnen der „Schwarzen Botin“ immer wieder Thema ist – z.B. in Eva Meyers Text „Theorie der Weiblichkeit“ aus dem Jahr 1978.

Hart insbesondere Goettles Kritik an der ein Jahr später gegründeten Emma bzw. an ihrer Gründerin Alice Schwarzer:

„Wir wollen Frau S. eine gewisse journalistische Fertigkeit und das echte Anliegen keinesfalls absprechen, allerdings hegt es klar vor Augen, daß marktfreundlicher Journalismus und die Interessen der Frauenbewegung nur derjenigen vereinbar scheinen können, die in großem Abstand zu letzteren und unmittelbarer Nähe zu ersterem sich ansiedelt“

Damit ist die Kampf- und die Trennlinie klar gezogen und der Gegner deutlich benannt. Kritik hat radikal zu sein und das kann, ähnlich wie auch Karl Kraus dies tat, bedeuten, einige unangenehme Wahrheiten zu formulieren. Der Artikel zur „Emma“ trägt die spöttische Überschrift „Im Januar sollen 200 000 Frauen penetriert werden“.

Für die meisten, die nicht in dieser Zeit lebten oder die zu jung waren, sind diese Debatten und Kämpfe lediglich Geschichte oder aber kaum noch bekannt. Die Zeitschrift ist inzwischen fast vergessen und nur noch denen ein Begriff, die diese Zeit aktiv miterlebten oder die sich aus historischen Gründen mit der Frauenbewegung jener Jahre befassten. All diese Texte und Perspektiven, vor allem ein solch ambitioniertes Projekt den Lesern zugänglich gemacht zu haben, ist das Verdienst vom Wallstein Verlag und dem Herausgeber Vojin Saša Vukadinović sowie den Autoren des Nachwortes Christiane Ketteler und Magnus Klaue.

Beim einführenden Vorwort von Vukadinović sowie dem kulturgeschichtlichen Nachwort von Ketteler und Klaue hätte man sich freilich in den Texten besser abstimmen können, um Redundanzen zu vermeiden, oder aber der Herausgeber hätte beide Texte nach unterschiedlichen Themen aufteilen sollen, etwa im Vorwort den kultur- und gesellschaftsgeschichtlichen Hintergrund, in dessen Horizont ein solches Projekt wie die Schwarze Botin entstehen konnte, und in einem Nachwort die Möglichkeiten ästhetischer Avantgarden und philosophischer und essayistischer Konzepte des Schreibens, sich als Frau offensiv sichtbar zu machen, ohne ins Schema der Neuen Weiblichkeit zu verfallen.

Einführend liefert Vukadinović im Vorwort eine Kurzvita von Goettle und Classen und erzählt die Geschichte der Zeitschrift von ihrer Gründung 1976 bis zu ihrem traurigen Ende 1980, als die Differenzen zwischen Goettle und Classen – auch auf der privaten Ebene und in Sachen Liebesverwicklungen – unüberbrückbar wurden. Goettle konzipierte 1980 mit einem harten final cut ein letztes Heft, indem sie ohne Abstimmung mit Classen den Titel in „Die Schwarze Idiotin“ abänderte. Eine Phase ging zu Ende und die Provokation war als Schlußstrich gedacht – doch Classen machte weiter. Es entstanden Rechtsstreitigkeiten um die Idee zur Zeitschrift und die Herausgeberschaft. Zwar erschienen bis 1987 noch weitere Hefte, doch der Geist dieses Projektes ging verloren, und so endete diese seltsame, harte, schräge, ambitionierte, politische, ästhetische und vor allem feministische Zeitschrift wie so viele (linke) Projekte endeten: in Zwist und Streit.

Was der Rezensent hinsichtlich des ansonsten instruktiven Vorwortes schade findet: Es fehlt ein Blick auf den Alltag jener ausgehenden sechziger und der neuen siebziger Jahre, das also, was man Sozialgeschichte der BRD nennen könnte, in die die unterschiedlichen Formen von Feminismus eingebettet waren und aus denen heraus überhaupt erst dieser Protest verständlich wird – insbesondere in bezug auf die gesellschaftliche Rolle der Frau, ihre gesellschaftliche Wirklichkeit und im Hinblick auf den allmählichen Wandel: der Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen, das alte Scheidungsrecht, Frauen und Arbeit, Frauen und Sex. Diese Wirklichkeit bestand für meisten Frauen der BRD darin, daß sie in der Hausarbeit tätigen waren; das oben genannte „Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts“ unter der SPD/FDP-Koalition spielte für den Geist der Zeit eine entscheidende Rolle. „Emma“ und „Courage“ waren in diesem Sinne am unmittelbaren gesellschaftlichen Wandel erheblich dichter dran und beförderten ihn auf der pragmatischen Ebene.

In diesem Kontext ist vieles vom Feminismus der Schwarzen Botin eine Angelegenheit aus dem akademischen und für das akademische Milieu – was per se nicht schlimm ist, denn mittels jenes ästhetischen und kritischen Abstandes zum Zeitgeist lassen sich oft wesentlich besser grundsätzliche Strukturen erkennen, die auch durch Reformen nicht oder nur schwierig zu beseitigen sind: und um genau diese Kritik gesamtgesellschaftlicher Strukturen – auch am Emma-Feminismus – ging es den Herausgeberinnen. Dies tangiert ebenso die bereits von Adorno und Horkheimer in der „Dialektik der Aufklärung“ angeschnittenen Fragen im Blick auf den Faschismus und totalitäre Gesellschaften wie auch auf einen jeden Bereich des Lebens durchdringenden Kapitalismus und einer patriarchalen Logik der Herrschaft, die Beziehungen von Menschen in Waren verwandelt. Dieser kühle, distanzierte Blick, bei gleichzeitigem teils spöttischem Faible zum gesellschaftlichen Detail und auch auf die eigene Bewegung, kann Erkenntnis stiften, und diese Denkbewegung vermittelt die Anthologie auf eine angenehme und angemessene Art, indem die Essays und Artikel in thematischer Vielfalt auswählt wurden.

Aber auch hier wieder zeigt sich im Rückblick der Jahre, daß das, was sich in den 1970er Jahren noch als Kampfplatz unterschiedlicher Formen von Feminismus sah, durchaus in Vermittlung steht und lediglich unterschiedliche Hinsichten beleuchtet. Insofern gehören „Die Schwarze Botin“, „Emma“ und „Courage“ zusammen. Gesellschaftlicher Wandel kommt am Ende auf Taubenfüßen und nicht mit dem revolutionären Tigersprung. Das ist nicht zu unterschätzen, und insofern zeigt sich auch hier wieder, daß man sich manche Kämpfe sparen kann, wenn man gelernt hat, Hinsichten zu unterscheiden und zu begreifen, daß das, was A. macht etwas anderes ist, als das, was B. macht und sich also nicht ausschließen muß. Aber logisches Denken ist auch in der angeblich so analysierenden Linken nicht immer deren schärftste Waffe gewesen.

Ebenso hätte ich mir in einem weiteren Begleittext einen Blick auf die heutigen Frauenbewegungen gewünscht, auch wie sich im Verhältnis zu Sprachpolitik und einer leerlaufenden Identitäts- und Symbolpolitik die Felder verschoben haben und die Kritik jener Autorinnen der „Schwarzen Botin“ an symbolischer Sprachpolitik. Das wäre eine schöne Konfrontation geworden. Ebenso der Bezug auch zum Islam insbesondere im Hinblick auf Alice Schwarzers klare Positionierung, was zeigt, wie sich die Konfliktlinien gewandelt haben. Mit dem Beitrag von Maria Antonietta Macciocchi über die brutale iranische Revolution 1979 und über den Aufstieg des Islam zu einer politischen Macht auf Kosten der Frauen findet sich ein deutliches Statement mit dem Titel „Allahs Rippe“. Ein Titel, der heute Morddrohungen auslösen würde. Hier wäre eine Art von imaginärem Gespräch zwischen beiden Lagern interessant gewesen, und solche Perspektivierungen zeigen zugleich, wie sich in den Jahrzehnten Fragestellungen verschoben haben.

Aber es ist freilich leicht zu kritisieren, was in einem Buch alles fehlt und es ist ebenso ein leichtes, die eigenen Wünsche zum Maßstab zu machen. Loben wir lieber das, was da ist und daß der Wallstein Verlag und Vojin Saša Vukadinović uns diese für die meisten längst vergessenen und inzwischen schwer zugänglichen Dokumente verfügbar machen: Artikel und Essays, die ein Licht auf jene bewegten, wilden, politischen und längst vergangenen linken Jahre werfen und auch, aus der Sicht von Frauen, auf die Kritik der theoretischen Debatten, die ihnen zugrunde lagen. „Vorwärts! Nieder! Hoch! Nie wieder!“ – wie die Zeitschrift „konkret“ ihre Anthologie zum 40. Jubiläum betitelte. Tempi passati. Für die Frauen von der „Schwarzen Botin“ wären dies zudem teils Männerphantasien. (Ein herrlicher Verriß von Theweleits „Männerphantasien“ von Christa Reinig findet sich ebenfalls in diesem Band.)

Auch jene Texte der „Schwarzen Botin“ spiegeln eine „deutsche linke Geschichte“ (konkret) wider. Sie wollten mit einer Fackel ausleuchten und oft auch mit der Feder umbringen. Von links her und einerseits in der Tradition Kritischer Theorie und doch darüber hinaus: der Einfluß französischer Theorie wirkte im Blick auf den marxschen Dogmatismus von großen Teilen der deutschen Linken befreiend und es kam Luft und Lust in die Marxschen Lesekreise. Insofern ist dieses Buch auch für eine feministisch inspirierte Kritische Theorie spannend. Es ist allen zu empfehlen, die spezifische Arten von weiblichem Schreiben und die Kritik des Feminismus aus feministischer Perspektive kennenlernen wollen: einen oftmals intelligenten, häufig ästhetisch inspirierten Feminismus mithin, wie er offensiv, teils auch aggressiv, klug, polemisch und witzig sich seit den 1970er Jahren entwickelte – ohne dogmatisch zu verharren und an identitätspolitischen Konzepten zu kleben.

Die Schwarze Botin. Ästhetik, Kritik, Polemik, Satire 1976-1980
Herausgegeben von Vojin Sasa Vukadinovic
Wallstein Verlag, Göttingen 2020
ISBN 9783835337855, 512 Seiten, 36,00 EUR