Oder: eine kleine Kulturgeschichte
der Deutsch-Italienischen Freundschaft
Liebe Italiener, die Ihr Berlusconi für einen prima Kerl haltet, der doch eigentlich ganz gemütlich ist
(Ihr anderen, die Ihr diesen verdorbenen Greis verabscheut, hört jetzt besser einmal weg, damit Ihr nicht zu traurig werdet),
schon einmal in unserer langen gemeinsamen Geschichte seid Ihr uns um etwas mehr als 10 Jahre vorausgegangen. Gar nicht mal so unwillig sind wir Euch dann, was die politische Ausrichtung betraf, etwa zehn Jahre später gefolgt. Bei unseren Unternehmungen und Ausflügen durch Europa ward Ihr uns dann allerdings eher ein Klotz am Bein, als daß Ihr Euch als nützlich erwiesen habt. Schwamm drüber. Wir haben militärisch eigentlich eh nicht mit Euch gerechnet. Da ist es mit Euch wie heute noch, wenn Ihr Fußball spielt: ein paar Mal nach vorne gehen, aggressiv reinruppen, hinterher unschuldig dreinschauen, ansonsten aber lahmarschig-langweilig in der Defensive mauern. Einmal hat Euch ein Franzose per Kopfstoß gezeigt, was er von Euch hält.
Dann haben wir auf verschlungenen Wegen zur Demokratie gefunden. Ihr irgendwie auch, wenngleich nicht so gut und so eifrig wie wir. Immerhin hattet ihr die größte KP Europas sowie Don Camillo und Peppone. Wir sind uns dann auch wieder näher gekommen. Ihr, indem Ihr bei uns Restaurants aufmachtet und im schönen Deutschland als Gäste gearbeitet habt, was nett von Euch war. Manche von uns haben Euch Katzelmacher genannt. Das war sicherlich nicht nett von uns, und jetzt seid ihr vielleicht immer noch böse, aber wir haben das gar nicht so gemeint, so wie wir eigentlich nie etwas so meinen, wie wir es dann tun oder sagen.
Auch wir sind Euch nähergekommen und haben in kleinen oder großen Autos, manchmal mit einem Campingwagen hintendran, Fahrten zum Gardasee oder sogar weiter unternommen und verbrachten manchen Urlaub in Rimini, wo wir uns an den Stränden die Plätze mit Handtüchern auf den Liegen sicherten. Dies mochtet Ihr eher nicht so gerne, doch dafür gab es für Euch die gute D-Mark, die wir gegen Eure luschig geführte Währung Lira eintauschen mußten. Aber immerhin: wir fühlten uns, was die Zahlenwerte betraf, mit Eurem Geld als Millionäre. Das hat uns gutgetan. Und ich, immerhin, bin in Rom in sehr sehr jungen Jahren und sehr sehr betrunken, als ich noch sehr Politisch war, zusammen mit einer sehr schönen Frau, in die ich sehr verliebt war und die mich anstiftete, über sehr teure Autos gestiegen. (Wer schafft in einem Satz mehr „sehrs“,die passend und wohlklingend sitzen?)
Im geeinigten Europa taten wir viel für Euch, liebe Italiener. Auch haben wir für Euch die Geschichte von den zwei kleinen Italienern, die von Napoli träumten und ihre Heimat sowie Tina und Marina vermißten, gedichtet. Dafür habt im Gegenzug Ihr wiederum uns Bud Spencer (kandidierte seinerzeit für Berlusconi) und Adriano Celentano mitsamt Azzuro mitgebracht (Celentano ist wenigstens ein entschiedener Kritiker Berlusconis und protestiert laut). Auch haben wir so manches leckere Gericht durch Euch kennengelernt. Das Dosenravioli von Maggi hätte ich ohne Euch wohl niemals gegessen. Und ich wäre kaum auf die Idee gekommen, daß man in einem römischen Restaurant für das Eindecken des Tisches von Lire umgerechnet eine Mark bezahlt. Dafür aber gab es in solchen versteckten römischen Restaurant dann auch tatsächlich das beste Essen, wunderbare Weine und feine Grappas, so daß die damals sehr junge Frau und ich aus dem Restaurant wankten (und eben über besagte Autos gestiegen sind, weil sie nun einmal im Wege standen). Dies hat die Ravioli von Maggi und die eine D-Mark- Eindeckgebühr mehr als wettgemacht. Ja, ich gebe es zu: den Aufenthalt 1983 in Rom habe ich genossen. Nun aber müssen wir dies da sehen:


Erinnert Euch das nicht an etwas? Nein? Ihr meint also, dies seien ja nur schicke Uniformen für eine private Bürgerwehr, ähnlich vielleicht, wie sie die schwarzen Sheriffs in München damals trugen; es handele sich doch nur um die „Gruppen unbewaffneter Bürger“, die auf privatinitiativer Basis für die Sicherheit in den Städten sorgten und Gammler, Punks, Roma, Flüchtlinge, Bettler in die notwendigen Schranken wiesen. Das sei alles ganz harmlos, nur ein wenig Eigeninitiative an dem Ort, wo der Staat nicht mehr weiter weiß. Da stecke nichts Böses dahinter. Na, wenn Ihr meint.
Ich weiß nicht, ob dieses Bild echt oder nur (als Satire) einem eigenwilligen Humor geschuldet ist, den ich sogar teile. Wenn aber Ersteres der Fall ist, so müssen wir Euch massiv drohen. Nein, erstmal noch nicht militärisch, obwohl wir da nicht viel zu befürchten hätten, weil Eure Panzer nur mit einem Vorwärts-, aber dafür mit vier Rückwärtsgängen ausgestattet sind, bei Euren Flugzeugen und Schiffen wird es sich nicht anders verhalten, um hier einen alten Kalauer wiederzubeleben.
Ja, wir müssen uns um Euch kümmern, liebe Italiener, denn Berlusconi & Co KG scheint Euch ja irgendwie am Arsch vorbeizugehen. Dabei habt Ihr doch eigentlich Geschmack, und in Kleidungsfragen seid Ihr mehr als stilsicher, einiges an Kunst nennt Ihr Euer eigen, Euer Design, Eure Rennautos, Eure Anzüge und Schuhe sind berühmt. Kaum würde man Euch mit Sandalen und Barfuß – oder in weißen Socken gar – durch die Stadt laufen sehen. Das ist auch gut so. Aber weitermachen wie bisher solltet Ihr lieber nicht.
Denn wartet mal ab, was wir uns alles für spaßige Dinge bei unserem nächsten Italienurlaub in der Toscana oder in Rom ausgedacht haben. Und was die Uniformen betrifft: da haben wir definitiv das bessere Design und laufen nicht mit so phantasiemäßigen Gaddafi-Uniformen herum, die eher Lachen als Schrecken und Furcht erzeugen. Vielleicht führen wir sie Euch ja mal vor, wenn in vier Jahren im September 2013 die erste rot-rot-grüne Regierung einen Italieneinsatz beschließt. Dann bis bald liebe Italiener.
Das Bild verdanke ich dem Blog „als-ob-leben“. Darauf gestoßen bin ich beim Lesen im Blog „Kritik und Kunst“. Auf „als-ob-leben“ findet sich auch ein entsprechender lesenswerter Artikel mit Hintergrundinformation hinsichtlich der Zustände in Italien sowie interessante Links zu Zeitungsartikeln.
Das zweite Bild kommt von
http://blog.libero.it/Nuovaresistenza/7325279.html
Und das hier möchte ich als letztes virtuelles Fundstück nicht aussparen, liebe Italiener: Kommt da irgend etwas hoch? Nein? Nicht einmal die Kotze vom letzten oder vorletzten Grappa?: Schade.
