“So youʼre lying in your underwear
Oh, in someone elseʼs bed”
(Courtney Love)
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Lissabon-Passagen
„Die Stadt ist die Realisierung des alten Menschheitstraums vom Labyrinth.
Dieser Realität geht, ohne es zu wissen, der Flaneur nach.“
(Walter Benjamin, Passagenwerk)
Die Welt der Plakate – Lissabon
„Ich war stets anspruchslos, wenn es die Wahl der Anlässe galt, um zu Erlebnisse zu gelangen, und ich verschmähte jene starken Reizmittel, die die schwachen Seelen brauchten, um eine trügerische Wirkung mit Schaden zu erkaufen. Kurzum, die vielen Bibliotheken und Museen, an denen ich im Leben vorbeigekommen bin, hatten sich über meine Aufdringlichkeit nicht zu beklagen. Dagegen zog mich von jeher das Leben der Straße an, und den Geräuschen des Tages zu lauschen, als wären es die Akkorde der Ewigkeit, das war eine Beschäftigung, bei der Genußsucht und Lernbegier auf ihre Kosten kamen. Und wahrlich, wem der dreimal gefährliche Idealismus eingeboren ist, die Schönheit an ihrem Widerspiel sich zu bestätigen, den kann ein Plakat zur Andacht stimmen!“
(Karl Kraus, Die Welt der Plakate)
In dieser Weise ging es mir in Lissabon. Ich besuchte nicht ein einziges Museum. Aber halt, das stimmt nicht ganz: Ich habe mir in der „Fundação Arpad Szenes-vieira Da Silva“ die Bilder jener Malerin angesehen. Ansonsten aber konzentrierte ich mich auf die Stadt. Auf Mauern und manchmal auch auf die dort spazierenden Menschen. Der Gang der Bewohner scheint mir, aber vielleicht trügt das bloß, wesentlich ruhiger und gemächlicher als in anderen Großstädten. Lissabon ist auf eine eigentümliche Weise entspannt. Höflich-distanziert, was ich sehr schätze. Keine falsche und überschwengliche Nähe. [Eine sehr gute Freundin behauptet steif und fest, ich könne keine Menschen photographieren, fände keinen Zugang zu ihnen, entlockte ihren Gesichtern nichts. Ich werde darüber nachdenken. Sie sagt oft wahre Dinge. Aber hier und in diesem Falle?]
Urbane Räume (10) – Lissabon, Ende April 2013
Damit niemand sage und behaupte, Lissabon habe nur tote Fische zu bieten, zeige ich wahllos aus meiner Sammlung von ca. 5200 Lissabon-Bildern einige Impressionen, die es hier bisher noch nicht zu sehen gab. Angeregt durch den Lissabon-Urlaub der Blogbetreiberin von Irisnebel – Bildersturm. Manche läßt die Wärme abstumpfen, andere lädt drückende Hitze zum Träumen und Imaginieren ein, zum Poetisieren von Welt, indem sich das Sinnen und Sinnieren an den Details aufhängt und sie ausschmückt: Armchair Traveling oder die Schmuckordnung der Dinge. Der Sommer ist für mich leider viel zu heiß, um eine Reise zu tun. Das machen lediglich Familien, weil sie auf die Ferien gehalten sind. Ich reise lieber im Frühjahr oder besser noch im Herbst in die Städte – Oktober und November sind ganz und gar vorzügliche Monate – und aktiviere bei einem solchen Wetter, inmitten der legendären Hundstage, das Vermögen der Phantasie, das sich an diesen Photographen entzündete, und es macht sich der Flaneur im Imaginären auf den Weg.
Urbane Räume (9) – Underworld, Eiswelt
Fischwärts: Lissabon im Monat des milden Aprils, im Jahre 2013, irgendwo im Westen der Stadt, in einer Markthalle, nahe des „Cemitério dos Prazeres“, was übersetzt Friedhof der Freuden heißt und für diesen Ort ganz und gar passend ist. Hitze zwar und die staubigen Straßen oder was ich in meinem Blick für staubig halte, aber doch im ganzen von den Temperaturen erträglich, um Bilder mitzunehmen und gut zu schlendern – was man vom heutigen Tage in Berlin nicht sagen kann. Die Kühle meines Altbaus ist im Sommer angenehm, geradezu unersetzlich.
Die Toten des „Cemitério dos Prazeres“ könnten, wenn sie denn eine Grabstelle am Rande, am Ende des Friedhofes, da, wo es in den Abgrund geht, sich pachteten oder ihnen von einem freundlichen Angehörigen eine solche gepachtet wurde und wenn der Blick der Toten über den Westen von Lissabon schweifte, hinüber auf die „Ponte de 25 April“ und auf den unendlich-schönen und breit strömenden Tejo schauen. An welchem Ort der Welt ruht man angenehmer vom Dasein aus? Doch! Es gibt einen zweiten Ort: der hoch über der Landschaft gelegene Friedhof von Deià auf Mallorca: es ist einer der schönsten Plätze, um die unruhigen Gedanken stillzustellen. Naturgemäß halte ich mich an beiden Orten lieber als Lebender auf. Betrachtend. Ich überlege, ob ich Anfang Oktober nun zur Biennale nach Venedig oder im feinen Herbst, wenn die Frische des Atlantiks die Stadt berührt, nach Lissabon reise. Herzensstadt in dem Sinne, daß einen die Menschen dort in Frieden lassen und ich, wenn sie mich ansprechen, ihre Sprache nicht verstehen muß und also nicht höre, was sie zu sagen haben.
Irisnebel hat auf ihrem Blog Bilder von diesem herrlichen Ort mit dem Blick auf den Tejo gezeigt, nachzusehen hier und an dieser Stelle. Sie hat ins Innere der Grabstätten geblickt. Dies ist der Ort, der irgendwann uns allen vorbehalten ist. Die Photographien jener Wasserlebewesen, die nun für den Teller bestimmt sind, hatte ich bereits an anderer Stelle gezeigt. Aber mich faszinieren diese leeren kalten Augen der Fische. Sie sind traurig wie der Tod. Und dennoch haben diese Fischphysiognomien für mich Ausdruck. Als lebten sie und verweilten nur ein wenig, um für meine Kamera zu posieren und davor entspannt Platz zu nehmen. On the rocks, beim Gemahl der Schneekönigin, nahe Tromsø.
Blick auf Lissabon
Hitler habe ganz Europa in Schutt und Asche gelegt, so heißt es als Gemeinplatz. Aber Lissabon, das zumindest ist mein Eindruck, verschonte der Mann. Hitler mochte die Stadt. Irgendwie. Ansonsten hätte er sie zerstört. Wie Guernica. Oder wie Warschau. Eine intakt-funktionierende Altstadt tut sich vor dem Flaneur auf, teils malerisch in sanftgeschwungene Hügel gebettet – sofern nicht gerade ein Erdbeben wütet.
Portugal war von 1926 bis 1974 eine Diktatur – eine der längsten in Europa. Portugal wirkte als Kolonialmacht, was z. B. das Denkmal Padrão dos Descobrimentos zeigt, das unter dem Diktator Salazar 1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer am Ufer des Tejo im Stadteil Belém errichtet wurde. Ab dem Jahre 1960 begannen blutige Kolonialkriege gegen die Völker in Afrika, die für ihre Unabhängigkeit kämpften.
Wie sich Lissabon nähern? Natürlich über das Medium der Photographie, weshalb es auf Proteus Image mit einem neuen Teil weitergeht. Um den Rhythmus einer Stadt und ihre Strukturen mitzubekommen, muß der Reisende in dieser Stadt lange leben. Zehn Tage sind eine kurze Zeit. Sich über das Politische einer Stadt annähern? Es gab früher im Rowohlt Verlag einen Reiseführer, der hieß „Anders reisen“. In diesen Reiseführern wurden das politische Rom oder das politische Paris vorgestellt, manch interessanter Hinweis für Spaziergänge oder Tip zum abendlichen Ausgehen befand sich darin: so z.B. jenes von einem Korsen als Volksküche betriebenes Restaurant in Paris, in dem jeder genau so viel fürs Essen und Trinken zahlte, genauer gesagt in ein dem Gast hingeschobenes Holzkästlein legte, wie er geben konnte oder wollte. Das verwöhnte Söhnchen, das sich für einen Monat in Paris aufhielt, zahlte sicherlich mehr, als das Essen wert war. Dafür trank Söhnchen auch mehr als andere. Damals wie heute – er hat sich nicht geändert.
Es ließe sich Lissabon auf der Ebene der Literatur nähern, sozusagen als literarische Spurenwandlerreise, und es könnten Namen wie Fernando Pessoa, José Saramago oder António Lobo Antunes genannt werden, um nur die bekanntesten der portugiesischen Schriftsteller aufzuzählen. Aber ich reiste nicht in diese Stadt, um auf den Spuren der Literatur die Orte, Straßen, Plätze, Cafés und Promenaden Lissabons zu sichten. Ich habe – schlicht und ergreifend – photographisch flaniert. Ich bin kein schriftstellernder Beobachter, ich will aus den Menschen, die diese Stadt bewohnen oder die für ein paar Tage dort auf Besuch weilen, keine Geschichten herauspressen, ich will den Menschen nicht nachlauschen, ich möchte die Dinge nicht in die Sprache setzen, sondern zu Bildern erstarren lassen. Ich möchte eine Welt als Bild-Text, in der alles reglos, leblos und tot ist. Ich will die Menschen einfrieren, besser noch: verbannen. Alle ihre Regungen sind für mich lediglich Bilder. Wenn ich durch die engen Gassen der Alfama schreite, in denen sich gegen Mittag die Hitze staut, wenn Pan nicht mehr mittelmeerisch, sondern bereits atlantisch flötet, und wo sich die Bewohner über die mehr als schmale Gasse hinweg aus dem Fenster die Hände reichen können, wenn ich abends durch die Viertel von Garçia schlendere, ein wenig besorgt um mein D 600-Baby, dann sehe ich Bilder, Szenen, Objekte, die ich ablichten möchte. Ich sehe keine Menschen, ich betrachte Zu-Photographierendes.
Aber es befällt mich – das falscheste, was es für einen guten Photographen gibt – manchmal eine Art Scham. Ich will die Bewohner nicht in ihren Dasein, wie sie gerade in der kleinen Bar etwas trinken oder wie sie einkaufen oder an einem Platz sitzen, fixieren und damit in ein Bild bringen. Andererseits geht es technisch nicht anders. Der Einzelne, den ich in einer Tätigkeit oder in seinem Dasein abbilde, transformiert sich zu einem Objekt, das für etwas ganz anderes steht, als er selbst in seinem So-Sein, in seinem Dasein. Er ist kein Einzelner mehr, sondern stellt etwas dar, bereichert eine Szene. Und im Akt der Bildwerdung ist dieser Einzelne zugleich mehr als ein Objekt. Er wird zum lesbaren oder manchmal auch zum unlesbaren Zeichen. Menschen in Zeichen, Spuren und Texte zu verwandeln, daß nichts mehr von ihnen übrig bleibt als Bild oder Text, verlangt Talent zur Gestaltung. Und das bedeutet immer: weg von der Unmittelbarkeit und von den geraden, den direkten Wegen.
Im Grunde müßte ich die Menschen, die ich photographiere, um Erlaubnis fragen. Aber das ist schon in der BRD schwierig. In einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche, ein Ding der Unmöglichkeit. Was hilft, um die Mensch nicht zu sehr zu verärgern – denn wer will in Zeiten von Facebook, Flickr, Internet schon gerne abgelichtet werden? –, ist eine dezente Kamera. Dieses Verstohlene mag Betrug sein, aber die Abgebildeten denken in solchen Momenten der Aufzeichnung und Bannung: Es ist bloß ein Tourist. Oder sie bemerken es gar nicht, wenn ich den Auslöser betätige. Ja, ja: das Recht am Bild. Aber danach fragten auch Walker Evans oder Henri Cartier-Bresson nicht.
Lissabon ist im Vergleich zu Berlin, Rom oder Paris eine eher langsame Stadt. Die Hektik des Alltags verrauscht und verhaucht in den Straßen und in den schmalen Gassen. Der Wind, der häufig in Brisen weht, trägt allen Lärm und alle Hektik fort. Was weiß ich. Vielleicht bildet es sich der Flaneur bloß ein, so wie wir uns vieles einbilden. Alles geht in Lissabon gemächlicher zu als in anderen Städten. Zumindest ist dies im Zentrum der Stadt der Fall. Dennoch sollte der Flaneur auf der Hut sein und kein Träumender, sondern die geschärfte Aufmerksamkeit bewahren. Nicht nur wegen der engen Gassen und der Menschen, die ihn umlaufen könnten.
Ich schrieb es bereits vor ein paar Tagen: Portugal sei eine Art Insel. Und vor einigen Tagen lese ich – dienstbeflissen wie ich bin – in Hans Magnus Enzensbergers Buch „Ach Europa!“, daß es selbiger in ähnlich Weise bereits 1988 formulierte: „Ja, ganz im Ernst: eine Insel, die am westlichen Horizont verschwimmt, ein Überrest des sagenhaften Atlantis. Genau genommen sogar ein Archipel; …“
Ich will jenes Moment des Magischen, das in solchen Formulierungen steckt, nicht überbewerten, weil’s dann leicht nach Reisegesinnungskitsch riecht, und ich halte ebenfalls nichts von dem Begriff „Nationalcharakter“. Aber es existiert in Lissabon dennoch eine spezifische Mentalität, die Schriftsteller wie Antonio Tabucchi im „Lissabonner Requiem“ gut eingefangen haben. Der Saudade nun nachzuspüren, war mein Begehr nicht, denn was ich selber in mir trage, das benötige ich nicht noch anderswo. Eigentlich sind die Bewohner von Lissabon heitere Menschen, vielleicht weil sie in einer schönen und angenehmen Stadt leben.
„In den verseuchten Zonen …“
Es gibt Menschen, die behaupten, es sei nichts Schöneres auf der Welt als der fröhliche Laut von Kinderstimmen, das helle Kinderlachen, das aus den Straßen oder in einem Park erklingt oder von einem Platz zu uns herüberweht. Ich aber gebe zu: ich hasse den Klang von Kinderstimmen, ich kann das sinnlose Geschrei, das Gequengel, das um Aufmerksamkeit bettelt, und das fordernd-heischende Gequarke nicht leiden. Es stört mein Denken, Kinder sind nicht meine Zukunft, sondern ein Grauen, eine Zumutung, zumindest dann, wenn sie laut sind. Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich nun ausgerechnet in Lissabon eine Massenexekution an Kindern durchführen mußte. Es war nicht schön, aber es mußte sein. Inspektor Derrick, fahren Sie doch bitte den Kübelwagen vor!
Einen ersten Eindruck von Lissabon gibt es übrigens hier auf Proteus Image zu sehen. Ich bin noch einmal straffrei davongekommen. Denn die Portugiesen hassen Kinder genauso wie ich.
Lissabon – Stadtsicht
Ich überlege mir den Titel für den ersten Blogbeitrag zur Lissabonreise hin und her. Erst wählte ich als Aufmacher „Lissabon – Körbchengröße 74 GB“, um derart auf die mitgebrachte Datenmenge anzuspielen: aber das ist bloße Quantität vor Qualität, und ich möchte die weiblichen Leserinnen nicht ständig mit den Anzüglichkeiten verschrecken. Andererseits, torso-archaisch gemogelt: Rilke-Kitsch paßt immer.
Und hinter Gittern, tausend Stäben – Männer, die auf Frauen kleben. Doch diesen Sätzen stimmen am Ende die Falschen zu. Ich will hier weder Gendertröten noch Maskulinisten als Leserinnen und Leser haben.
Genauso blöd wäre aber die umgedrehte Variante: „Horseclub 74 GB – an der Nase eines Mannes …“ als Headline. Doch niemand findet in einer politisch korrekt weichgespülten Welt solche Späße mittlerweile lustig, und so komme ich mir vor wie ein abgewirtschafteter, abgehalfterter, in die Jahre gekommener Jahrmarktsspaßmacher. Ein Drehorgelmann. Aus der Zeit gefallen. „Sex sells“ mag für Zeitschriften wie „Stern“ oder „Bunte“ gelten. Nicht aber in der Welt des qualitativ hochwertigen Blogs. Doch das Seichtheitsgeseiere, wie jeder der eigenen Peer-Group gefallsüchtig gefallen möchte, ist andererseits nicht wirklich meine Sache. Ich mag es schon ganz gerne, irgendetwas herauszuhauen, was aufregt und anregt. Deshalb komme ich am Anfang meines Berichtes aus Lissabon nicht mit Literatur oder dem literarischen Blick – wenngleich diese Literarisierungen im Angesicht von Lissabons Vielfalt berechtigt ist.
Andererseits mag man mit diesem Bild des Aus-der-Zeit-gefallen-seins für Portugal im allgemeinen und für Lissabon im speziellen nicht ganz falsch liegen: Portugal ist wie England zwar ein Teil von Europa, aber es treibt wie’s Schiff aufs Meer hinaus. Während es jedoch England bzw. Großbritannien immer schon in die nördliche Neue Welt zog, die heute USA heißt, drängte es Portugal in eine andere Richtung, die sich schwierig nur bezeichnen und verorten läßt. Es ist Portugal Europas äußerster Südwesten, und es ist diese Region doch nie ganz Teil von Europa gewesen. Wenn Zustände sich geographisch und zugleich als Metapher niederschlügen, dann müßte Portugal eine Insel sein, die immer ein Stückchen weiter auf den wilden Atlantik sich hinausbewegt. Verblichene Kolonialmacht, ausgelaugter Glanz. Immer am Rande. Sei es die Kunst, da liegt Italien vorne, oder die Ausschiffung aufs Meer hinaus und die Unterjochung der Neuen Welt: da macht Spanien einen guten Schnitt. Wobei, dies sei nicht vergessen, Portugal hochblutige Kolonialkriege in Afrika führe.
Überhaupt prägt der nahe Atlantik Lissabon wesentlich, dies spürt der Besucher bereits an manchen Tagen, wenn trotz der bereits warmen Sonne des Aprils immer wieder mal durch die Stadt eine kalte Brise auffrischte, vom kilometerbreiten Tejo oder vom Atlantik herüber.
So stieg ich mit benommen-melancholischen Blick und nur drei Stunden Schlaf gestern früh aus dem Flugzeug. Alle diese Bilder im Kopf, die ich geschossen habe. Ja, es ist der genau richtige Begriff: Geschossen: Das Herz ist ein einsamer Jäger, und erst recht der Photograph, der die Szenen einer Stadt ins Bild bringt.
Der erste Kreis der Hölle. Anflug auf Lissabon
Ich sei den Frauen nicht gewogen, so schrieb es der Bücherblogger bei sich im Blog in einem Kommentar: „denn in der Regel präsentieren Sie sich als geradezu widerlich frauenverachtend, mysogyn ist viel zu milde formuliert.“ Ja, das stimmt leider. Misogyn ist in bezug auf mich eine harmlose Formulierung, sie beschreibt meine eigentümlichen Praktiken und meine Blicke auf weibliche Wesen nur unzureichend. Aber im Sinne sozialdemokratischer Paritätik, mit Habermasschem Kommunikationssinn sowie Rawlschem Gerechtigkeitsfuror teile ich meine Verachtung zwischen Männern und Frauen gleichmäßig auf. Männer verachte ich sogar so sehr, daß ich mich nicht einmal mehr mit ihnen beschäftige und über sie Anzüglichkeiten verbreite. Dieses Schweigen sowie mein misogyner Sinn rächten sich gestern jedoch bitterlich. Denn als ich in Berlin-Schönefeld das Flugzeug nach Lissabon betrat, begrüßte mich nicht die übliche Crew junger attraktiver Stewardessen, sondern es stand dort eine Riege portugiesischer Männer in Uniform, fast wie bei Hollister. Nur daß die Männer bei Hollister ihren Körper als Uniform präsentieren.
Ich sah als Flugbegleitung nicht eine Frau an Bord. Wie gerne senkte ich meinen Blick in ein sich vorbeugendes Dekolleté, sähe auf blondes oder dunkles Haar, blickte einem Hintern in enger schwarzer Stewardesshose hinterher. Aber nichts dergleichen war mir möglich, weil es sich bei der Crew um eine Boygroup handelte. Dabei sind die Portugiesinnen, sofern sie jung sind, hinreißend hübsch – so hübsch womöglich, daß die Männer ihre Frauen im Schrank verstecken. Zersägt. Ich werde es herausfinden.