Kennedy in Berlin: Jene historische Rede

Heute vor 60 Jahren, am 26. Juni 1963, hielt John F. Kennedy jene bekannte Rede vor dem Schöneberger Rathaus. Sie ist bis heute aktuell, sie ist zugleich eine Referenz auf die brutale Blockade Berlins durch Stalin 1948 – auch sie hat dieses Jahr ihr trauriges Jubiläum. Gefeiert wird dabei vor allem diese großartige Unterstützung durch die USA durch die Luftbrücke, und aus genau diesem Grunde sind die Amerikaner in Berlin bis heute beliebt – zumindest bei vielen Berlinern (den echten) der älteren Jahrgänge. Auch aus diesem Grund und zur Pflege von Gemeinsamkeiten ist es traurig und politisch fahrlässig, daß es das „Deutsch-Amerikanische Volksfest“ im schönen Zehlendorf nahe des US-Hauptquartiers an der Clayallee nicht mehr gibt. Wirtschaft schlug 2010 die Politik.

Auf diese Blockade, auf das Eingemauertsein rekuriert jene Kennedy-Rede, und sie zeigt, daß Freiheit nicht zum Nulltarif zu haben ist, sondern unsere dauernde Anstrengung braucht – auch in dem, was wir manchmal abschätzig Sonntagsreden nennen. Vor allem aber ist diese Kennedy-Rede rhetorisch brillant:

„I am proud to come to this city as the guest of your distinguished Mayor, who has symbolized throughout the world the fighting spirit of West Berlin. And I am proud to visit the Federal Republic with your distinguished Chancellor who for so many years has committed Germany to democracy and freedom and progress, and to come here in the company of my fellow American, General Clay, who has been in this city during its great moments of crisis and will come again if ever needed. Two thousand years ago the proudest boast was „civis Romanus sum.“ Today, in the world of freedom, the proudest boast is “ Ich bin ein Berliner.“
[…]
Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen.
Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit dem Kommunismus zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen.
Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, daß der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei, aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber laßt auch sie nach Berlin kommen.

Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen.
[…]
Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen.“

In sehr einfachen Worten pointierte Kennedy das brutale System der Unterdrückung durch den Sowjetkommunismus der UdSSR. Und wir kennen alle das Ende dieser Rede:

„All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin, and, therefore, as a free man, I take pride in the words ‚Ich bin ein Berliner!'“

Heute würde Kennedy etwas anderes sagen, nämlich „Ich bin ein Ukrainer!“ Die Freiheit des Westens, die Freiheit, scharfe Kritik am System zu üben, ohne morgen verboten, vergiftet oder eingesperrt zu sein, wird heute in der Ukraine verteidigt. Und dazu braucht es nicht nur Worte, sondern vor allem Waffen: von Flugzeugen bis hin zu Raketen, Schiffen und Panzern. Kennedys Rede ist auch im Hinblick auf Putin aktuell. Und es gibt nur eine Sprache, die solche Regime der Gewalt und des Terrors verstehen: die der Härte. Kennedy ist in der Kubakrise standhaft geblieben, und Chruschtschow war bereit zu verhandeln.

Maßstäbe setze, nebenbei, Kennedys Rede auch für weiteren Präsidentenbesuche aus den USA: für die Visite und die übliche Rede ein eingängiges, wenn nicht gar ein geflügeltes oder ein geistreiches Wort zu finden. Freilich ging das nicht immer gut. Der aus den 1920ern entlehnte oder dort zumindest prominent gewordene Satz „Berlin bleibt doch Berlin“ wirkt banal, erfreute aber damals in der geteilten Stadt sicherlich all jene Berliner, die da eingemauert waren. Kräftiger schon Reagans Worte im Jahr 1987: „Mister Gorbatschow, tear down this wall!” Und genau das geschah.

Bildquelle: bpb, und dort der Beitrag „Hoffnungsträger einer neuen Zeit“.

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