Zum World Press Photo von Mohammed Salem

Vor einigen Tagen wurde das World Press Photo des Jahres 2024 ausgewählt. Das Bild entbehrt nicht einer gewissen Dramatik und eines ikonographischen Aufbaus. Es besitzt, anders als viele politaktivistische Photographien, eine auch ästhetisch hohe Inszenierungsqualität und dies in einem gleich mehrfachen Sinn in einer zeichenhaften Weise: Pietà-Assoziationen, für die Westler, auch das wird gut von Mohammed Salem bedient, Farbkontraste und ein klar fokussiertes Zentrum, welches freilich fast den gesamten Bildraum einnimmt, so daß weitere Details nicht ablenken. Aber es sind auch andere Lesarten denkbar.

Was wird auf dieser prämierten Photographie inszeniert? Das Leid von Opfern? Was ist auf dieser Photographie zu sehen? Alles und nichts: das Photo bildet eine Leerstelle. Die Photographie könnte auch heißen „Dienstfrau mit Wäschebündel in einem Hamas-Palast in Katar“; oder auch „Gaza-Araberin, nachdem sie Wohnungen in Sderot ausgeräubert hat und sich müde auf ihre Beute stützt“. Ob es sich bei dieser Gestalt überhaupt um eine Frau handelt, ist am Ende nicht sicher. Vor einigen Monaten kamen in Gaza aus einem Krankenhaus fünf verschleierte arabische Frauen in Schwesterntracht auf eine Gruppe israelischer Soldaten zu. Als sie dicht genug an den Soldaten waren, warfen die „Frauen“ ihre Verkleidungen ab, zum Vorschein kamen Männer, die sofort das Feuer auf die israelischen Soldaten eröffneten. Es sollte sich also niemand wundern, daß beim Anti-Terroreinsatz der IDF zuweilen auch Frauen und Kinder zu schaden kommen, wenn sie als militärische Schutzschilde eingesetzt werden oder ihre Gestalt als Verkleidung gebraucht wird. (Aber das ist wieder ein anderes Thema. Wenngleich diese prämierte Photographie indirekt auch diese Geschichten miterzählt: Tricksen, täuschen, terrorisieren.)

Photographien, gerade solche, die mit Photopreisen bedacht werden, sollen uns berühren, doch dieses Bild trifft mich nicht. Auf mich wirkt es wie ein Filmstil aus einem surrealen Jodorowsky-Film: absurd und von einer erschreckenden Leere. Oder vielleicht wie eine (ungeschriebene) Szene aus Samuel Becketts „Quadrat I+II“. Ich denke zugleich an all die Pallywood-Bilder, wo scheinbar tote Kinderkörper in der nächsten Einstellung plötzlich wieder munter durchs Bild hüpfen, oder wo immer derselbe arabische Opferdarsteller immer einmal wieder als Leichen sich zur Schau stellt. Vielleicht sind es Fünflingsbrüder – wer weiß das schon? –, aber ich glaube daran nicht. Leider wissen wir als Betrachter bei solchen Photographien, die von arabischen Aktivisten stammen, nicht, ob sie echt oder inszeniert sind. Und ich gehe davon aus, daß solche Inszenierung nicht in derselben Absicht geschieht, wie dies etwa der kanadische Photograph Jeff-Wall betreibt, der genau mit diesem Moment von Inszenierung, Dramatisierung und Echtheit spielt.

Auf dem World Press Photo von 2023 – einer Kriegsphotographie aus der Ukraine, diesmal von einem tatsächlichen Angriffskrieg – sind Menschen zu sehen, die ein Gesicht haben. Auf dieser prämierten Photographie jedoch ist niemand zu sehen. Außer Stoffballen. Das berühmte „Napalm-Mädchen“ von 1972 aus dem Vietnamkrieg wirkte gerade deshalb, weil man ihr Gesicht sah, darin sich die Angst zeigte. Dieses Gesicht und der nackte Körper spiegelten das Entsetzen und das Grauen eines Krieges. Hinzu kommt: Wir kennen weitgehend die Situation und die Umstände, unter denen das Bild entstand. Auch das Vietnam-Bild ist zwar komponiert, da Teile des Bildausschnittes nicht gezeigt werden, aber es ist dies keine Manipulation, sondern eine Fokussierung auf die Szene. Das Bild wirkt durch Emotionen – wobei auch solche Emotionalisierung kein Selbstzweck ist, sondern einen Kontext besitzt. Während das World Press Photo von 2024 eine seltsame Kälte zurückläßt und auch die Frage, weshalb Frauen in der arabischen Welt derart gesichtslos sind. Diese Photographie ist insofern gelungen, weil sie zwar wenig von der durch die Hamas verursachten Gewalt zeigt, aber sehr viel von der Unterdrückung der Frau in vielen muslimischen bzw. arabischen Ländern. Es paßt diese Photographie insofern gut zu einer Religion, die Frauen zwingt, sich zu verhüllen. Stichwort Iran auch, wo die tapferen Frauen einen Kampf dafür führen, so auf die Straßen zu gehen, wie sie es wollen.

In diesen Kontext manipulativer Photographen, die hier aber nicht der Ästhetik, sondern einer Propaganda dienen, passen auch die Bildarbeiten von Mohammed Salem. Wenn ich mir seine Photographien anschaue, die er auf Instagram zeigt, dann sehe ich keinen Journalisten, sondern einen arabischen Aktivisten, der tendenziöse Photos präsentiert, die lediglich die eine Seite zeigen. Ursache und Wirkung werden aufgehoben, wenn nicht vertauscht. Aber vielleicht gibt es von ihm auch andere Bilder, etwa solche von den Massakern an Juden und dem Dauerbeschuß aus Gaza auf Israel. Nur habe ich diese bisher bei meinen Recherchen nicht entdecken können. Und was die Bezeichnung „Journalist“ betrifft: auch dort ist Kritik angebracht, seitdem bekannt wurde, daß angeblich „seriöse“ Photoreporter, mithin „Journalisten“ von Agenturen jene mordenden Gaza-Araber beim Überfall auf Israel und bei den Massakern an Juden und Nicht-Juden begleiteten. Als was wollen wir sowas bezeichnen? Embedded Journalism würde ich es nicht nennen, sondern Beihilfe zum Terror.

Was nun diese Preisvergabe anbelangt, kann man aber auch, so wie es die postkoloniale Linke teils gerne tut, ideologiekritisch nachfragen: Wer prämiert solch eine Photographie? Und warum gerade diese? Wer sitzt in solchen Jurys? Da es üblich ist, die Mechanismen der Macht und Strukturen zu befragen, die eine bestimmte Auswahl von Bildern ermöglicht und andere verunmöglichst, wäre es dann in diesem Fall angebracht zu fragen, warum, nach dem entsetzlichen Massaker vom 7. Oktober, ausgerechnet eine Photographie (mutmaßlich aus Gaza) mit einem solchen renommierten Preis ausgezeichnet wird. Wird hier einmal wieder Bild- und damit Machtpolitik gemacht, um aus brutalen Tätern arme Opfer zu machen? Ich bin mir, wenn es um die Bilderauswahl geht, sicher, daß es Photographien gibt, die deutlich preiswürdiger wären als ein solches mich vielmehr an eine Theater- oder Filminszenierung gemahnendes Bild, das zwar eine ästhetische Wirkung hat, aber seine Absicht bei mir und bei vielen Menschen völlig verfehlt. Von den völlig verdrehten politischen Implikationen einmal ganz zu schweigen.

Das Problem ist: Photographien – gerade politische und journalistische, aber im Grunde auch rein ästhetisch rezipierte – haben immer Hintergründe, die wir für eine adäquate Beurteilung kennen müssen. Solche Photographien erzählen nur sehr bedingt eine Geschichte, eher noch liefern sie Emotionen. Und Emotionen sind leicht zu mißbrauchen. Tote in Ruinen stimmen einen Betrachter selten heiter. Tote Terroristen, ohne Kenntnis, um wen es sich handelt, werden wir, wenn wir ein solches Photo sehen, möglicherweise betrauern. Wissen wir aber, daß es sich etwa um SS-Männer handelt oder um Hamas-Terroristen, die noch Monate zuvor Menschen folterten, läuft unsere Bewertung möglicherweise anders. Man sollte also beim Betrachten von Photos seine Emotionen gut prüfen. Und guter Betrachter muß bereits viel Hintergrundwissen mitbringen.

Bei Kunstphotographien ist solche Kenntnis von Hintergründen oftmals zweitrangig: Fällt sie weg, mag das nicht so sehr von Gewicht sein: eine Frau in einem blauen Kleid, die durch New York geht – etwa wie Saul Leitner sowas photographiert haben mag –, ist einfach eine Frau in einem blauen Kleid, die durch New York schlendert, und es zeugt für die Schönheit oder auch den Reiz einer Szene, weil Kontraste, Struktur, hell-dunkel, also die Bildkomposition in diesem Fall eine zentrale Rolle spielen. Wir betrachten solche Bilder rein ästhetisch und mit einem gewissen Wohlgefallen oder manchmal auch belustigt oder angeregt, wenn wir Streetphotogaphy sehen. Freilich gibt es auch dort Ausnahmen, wenn wir etwa an Doisneaus berühmtes Kußphoto denken: A kiss isnʼt just a kiss. Bei politischen Photos ist es jedoch etwas grundsätzlich anderes. Wir müssen die Kontexte kennen. Die Photographie benötigt eine Geschichte.

Freilich wirken zugleich auch solche ausgestellten oder derart präsentierten journalistischen Photographien ästhetisch – etwas, das Roland Barthes in seiner Abhandlung zu Schockphotographien in „Mythen des Alltags“ scharf kritisierte, und auch Susan Sontag hat diesen Aspekt des Lustgewinns in ihrem Buch „Über Fotografie“ – eigentlich müßte es „Gegen Fotografie“ heißen – bemängelt. (Etwas anders dann in ihrem späteren Buch „Das Leiden anderer betrachten“.) Roland Barthes schreibt:

„Genevieve Serreau erinnert in ihrem Buch über Brecht an eine Photographie in Paris-Match, das eine Szene der Hinrichtung guatemaltekischer Kommunisten zeigt. Mit Recht bemerkt sie, daß diese Photographie nicht als solche grauenhaft ist, daß das Grauen vielmehr daher rührt, daß wir sie aus unserer Freiheit heraus betrachten. Eine Ausstellung von Schockphotos in der Galerie d’Orsay, von denen uns strenggenommen nur sehr wenige schockieren konnten, gibt Genevieve Serreaus Bemerkung dennoch recht: Es genügt für den Photographen nicht, uns das Schreckliche zu bedeuten, damit wir es empfinden.

Die meisten der Photographien, die hier versammelt wurden, um uns zu erschüttern, bleiben wirkungslos, gerade weil der Photograph sich beim Aufbau seines Sujets allzu großzügig an unsere Stelle versetzt hat: Fast immer hat er das Schreckliche, das er uns vorführt, überkonstruiert und durch Kontraste oder Nebeneinanderstellungen dem Faktum die effektheischende Sprache des Grauens hinzugefügt: Einer stellt eine Menge Soldaten unmittelbar neben ein Feld von Totenköpfen; ein anderer zeigt uns einen jungen Soldaten bei der Betrachtung eines Skeletts; wieder ein anderer nimmt eine Kolonne von Verurteilten oder Gefangenen in dem Moment auf, in dem sie einer Schafherde begegnet. Doch keines dieser allzu geschickt aufgenommenen Photos erschüttert uns. Das liegt daran, daß wir ihnen gegenüber jedesmal unserer Urteilskraft beraubt sind: Man hat für uns gezittert, für uns nachgedacht; der Photograph hat uns außer dem Recht auf intellektuelle Zustimmung nichts übriggelassen. Was uns mit diesen Bildern verbindet, ist ein technisches Interesse; …“

Aus diesem Grunde bin ich skeptisch, wenn qua journalistischer Photographien irgendetwas vermittelt werden soll, was über eine Zeitungsmeldung hinausgeht. Bilder illustrieren sie. Das sollte ihre Funktion sein, oder sie sind Teil einer größeren Reportage. Wobei auch in solchem politisch-journalistischen Kontext die Wirkung eines Photos niemals ganz abzusehen und vorauszubestimmen ist. Auf mich etwa wirkt das prämierte Bild in einer ganz anderen Weise erschreckend: nämlich die Art, wie man solche Preise vergibt, aber auch das ganze Szenario. Es hat für mich, wie es oben beschrieb, etwas von einer Szene aus einem surrealistischen Film. Sofern die Photographie Leid ausdrücken soll, so funktioniert das bei mir nicht. Ich sehe ein Stoffstücke, von denen man vermuten kann, daß sich dahinter ein Mensch verbirgt. Hinzu kommt in meiner Sicht: Dem ganzen Anlaß ist diese Photographie nicht angemessen. In seiner Kritik an dieser Preiswahl schreibt Thomas Schmid:

„Zu einem Skandal wird die diesjährige World-Press-Photo-Award-Veranstaltung aber durch ein Fehlen, eine Unterlassung, eine Leerstelle. Es passierte im vergangenen Jahr viel Furchtbares, das durch Fotografien festgehalten werden sollte. Zu diesem Furchtbaren gehörte auch die Hamas-Mordaktion vom 7. Oktober 2023. Sie war das schlimmste und brutalste antiisraelische und antisemitische Pogrom seit dem Holocaust. Terroristen der Hamas ermordeten mehr als 1.200 Menschen, vergewaltigten israelische Frauen, schändeten Tote. Und anders als beim Holocaust waren die Täter keineswegs bemüht, ihr Morden vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sie wollten die Welt teilhaben lassen an ihrem Wüten. Sie filmten, sie dokumentierten ihre Taten und stellten sie ins Netz. Noch Tage wie Wochen später waren die Spuren dieser Mordaktion zu sehen und zu besichtigen: Blut, Leichenteile, zerstörte Wohnungen, verwaiste Dreiräder. Viele Fotografen haben sie dokumentiert. Doch die Stiftung „World Press Photo“ hielt keine dieser Aufnahmen einer Anerkennung für würdig. Die Hamas-Morde kommen in dieser ästhetisierenden parteiischen Foto-Welt einfach nicht vor.“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen.

Sicherlich ist es schrecklich, sein Kind zu verlieren, wenn wir davon ausgehen wollen, daß diese Szene nicht inszeniert ist. Doch wer Ursache und Wirkung nicht mitnennt, macht sich mit den Tätern gemein. Erst recht, wenn eine Jury zu bestialischen Folterungen an Juden, zum Zerstückeln und Verbrennen von Kindern und Babys schweigt. Es gibt Unterschiede zwischen Tätern und Opfern. Die deutsche Mutter, die 1943 in Hamburg ihr Kind verlor, ist – einerseits – sicherlich genauso ein Opfer wie eine britische Mutter, deren Kind 1940 in Coventry im Hagel deutscher Bomben starb. Aber dennoch gibt es zwischen beiden Opfern qualitative Unterschiede. Für die Opfer in Gaza ist primär die Hamas verantwortlich. Eine solche Preisvergabe will falsche Emotionen zu schüren. Sie ist in diesem Sinne Propaganda für Hamas-Terror. Insofern sagt eine solcher Preis viel über Jurymitglieder aus, die in dieser Weise ihre Gewichtung vornehmen.

Ostermarsch und „Friedensfreunde“ und was das leider auch mit Teilen der SPD zu tun hat

Wie immer fanden dieses Jahr in Deutschland die obligatorischen „Ostermärsche“ statt. Was vor Jahrzehnten und in den 1950er und in den 1960er Jahren noch eine sinnvolle Einrichtung gewesen ist, um vor den Gefahren von Atomwaffen zu warnen, und im Westen in den 1980er Jahren dann sinnvoll war, wenn auch und vor allem die Atomraketen der Sowjetunion in die Kritik gerieten – Parolen wie die der DDR-Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ waren in den 1980ern sehr selten -, ist für die Gegenwart zu einer absurden Veranstaltung Ewiggestriger, DKPler und Putinapologeten geworden. Allenfalls Verschwörungsunternehmer wie Daniele Ganserer profitieren von solchem Publikum, indem sie ihren kruden Unsinn unters Volk bringen.

Die Empörung, die es bei Friedensfreunden hervorrufen würde, wenn muslimische Attentäter, an denen deutlich die Spuren von Folter sichtbar waren, von der US-Regierung derart vor den Augen der Öffentlichkeit gezeigt würden, möchte man sich nicht ausmalen. Von den Kriegsverbrechen Putins in der Ukraine ganz zu schweigen. All das war bei keinem der Friedensmärsche irgendwie Thema und es waren auch keine Plakte zu sehen sein, die die Freilassung der entführten ukrainischen Kinder und der entführten ukrainischen Zivilisten forderten. Und auch der Fall der per Zwang in den Krieg verschleppten Inder durch Putins Schergen dürfte auf diesen Demos kaum Thema gewesen sein:

„Anfang März setzten sieben Inder einen Hilferuf ab. Wegen eines angeblichen Einreiseverstoßes nach Russland hätten Beamte sie vor die Wahl gestellt: 10 Jahre Haft – oder: Küchenhelfer bei der Armee. Doch statt Kücheneinsatz drohte ihnen der Einsatz an der Front. Das Video ging viral, aber der Hilferuf verhallte. Über Telefon konnten wir mit einem der sieben Inder ein Exklusivinterview führen. Wochen nach dem Video meldet sich Gurpreet Singh von der ukrainischen Südfront. Der 20-Jährige schildert, wie er und seine Freunde von russischen Vorgesetzen mit Gewalt in den Kampf getrieben werden. Es habe Tote und Verletzte gegeben. In einem nordindischen Dorf trafen wir zuvor Gurtpreets Mutter. Sie fürchtet, vor Angst um ihren Jungen verrückt zu werden.“ (Arndt Ginzel)

Einen Bericht zu diesem Grauen gibt es im ZDF an dieser Stelle.

Daß in Berlin diese „Friedens“märsche auch diesmal nicht vor der russischen Botschaft stattfinden, sagt viel über die Gesinnung der Veranstalter und ihrer Teilnehmer aus. Und all das läßt sich nicht mehr mit einer gewissen Naivität mancher Teilnehmer entschuldigen.

Allerdings gibt es auch in SPD-Kreisen Stimmen, die irgendwie anehmen, es ließe sich mit Putin verhandeln und es gäbe in den Fragen des Krieges eine Art Äquidistanz. Politiker wie Rolf Mützenich sprechen davon, daß man diesen Krieg „einfrieren“ müsse – was auch immer damit gemeint sein mag. Ob freilich jene Ukrainer, die in den nun von Russen okkupierten Gebieten leben müssen und unter dem Joch und den brutalen Greueln einer Besatzungsarmee stehen, ebenso gerne ein Einfrieren sehen oder ob sie nicht vielmehr den tiefen Wunsch hegen, von Russen befreit zu werden, lassen wir dahingestellt. Und auch eine prominente SPD-Stimme wie Julian Nida-Rümelin schrieb in einem Kommentar bei dem taz-Journalisten Jan Feddersen:

„An erster Stelle Putin, aber auch, diejenigen, die Ukraine daran gehindert haben, frühzeitig nach nur einem Monat Krieg, ihn auch wieder zu beenden, haben schwere Schuld auf sich geladen. Hunderttausende ukrainischer und russischer Soldaten sind seitdem gestorben. Diejenigen, die hartnäckig einen umfassenden Sieg der Ukraine für möglich hielten und damit den Krieg unnötig verlängerten, haben schwere Schuld auf sich geladen. Wer jetzt immer noch einen umfassenden Sieg der Ukraine, der vom Westen möglicherweise mit dem Einsatz von Bodentruppen erzwungen werden soll, verfolgt, riskiert den dritten Weltkrieg.

Ich habe Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zu denjenigen gehört, die davor gewarnt haben, von einer KaltenKriegsmentalität nun im Zeichen der Entspannungspolitik zu einer Idyllisierung der Diktaturen unter sowjetischer Kontrolle in Europa überzugehen. Ich habe die SPD, obwohl selbst dort aktiv , dafür kritisiert, dass sie zur Solidarnosc nichts zu sagen wusste, und zugleich ist es eine historische Wahrheit, dass ohne die Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr es nicht zu Erosion der sowjetischen Herrschaft und nicht zum Ende des Kommunismus gekommen wäre. Die SPD hat keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen. Der Menschenrechtsbellizismus der NeoCons in den USA, der Nouveaux Philosophes in Frankreich und nun in unausgegorener Kopie bei Baerbock & Co ist ein gefährlicher Irrweg, der zusammen mit dem russischen Neo-Imperialismus und dem chinesischen Supermachtstreben die Welt destabilisiert. Die SPD muss dagegen halten, um den Frieden in Europa zu sichern und ihrer historischen Mission treu zu bleiben.“

Dieses Umbiegen von Fakten erinnert leider stark an jene schrödersche SPD-Moskau-Connection. Hinzu kommt: Es ist nicht die Aufgabe westlicher Politiker, sich die Gedanken Putins zu machen. Und nein, ganz definitiv haben nicht jene eine Schuld auf sich geladen, die auf den Sieg der Ukraine gegen einen brutalen Angriffskrieg setzten und bereits seit dem 24 Februar 2022 dafür plädierten, die Ukraine mit allen nötigen Waffen auszustatten und die Soldaten daran auszubilden. Was nun die Verhandlungen betrifft, die angeblich hätten aufgenommen werden sollen, so bringt der Blogger und Facebookautor U.M. die Fakten im Blick auf das sogenannten Istanbuler Kommuniqué gut auf den Punkt:

„Am 29. März 2022 – keine sechs Wochen nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine – hat die Ukraine weitreichende Zugeständnisse angeboten. Nur um Verhandlungen aufzunehmen und einen Waffenstillstand zu erreichen.
Die Ukraine wäre letztendlich bereit gewesen, auf weite Teile ihrer Souveränität zu verzichten.
Dieser Vorschlag wird inzwischen als Istanbuler Kommuniqué bezeichnet.
Er wird so in die Geschichtsbücher eingehen.
Russland hat diesen Vorschlag einen Tag später abgelehnt und sich geweigert, Verhandlungen aufzunehmen.

Das wird ignoriert. Und gerät in der öffentlichen Wahrnehmung durch die ständige Propaganda in Vergessenheit. Die Ukraine hat quasi alles angeboten, was sie überhaupt anbieten kann. Unter der Prämisse, als eigenständiger Staat weiter existieren zu können. Doch genau darum geht es offensichtlich. Es kann doch nicht sein, dass so viele Menschen das nicht mitbekommen haben. Oder einfach ignorieren.

Wer Verhandlungen fordert, soll deutlich sagen, was er bereit wäre Russland anzubieten. Und er täte gut daran, sich die abgelehnten Vorschläge vorher durchzulesen. Denn es gab noch mehr. Aber womöglich müsste er einsehen, dass Russland nicht verhandeln will.“

Wenige Tage nach dem 29. März wurden die russischen Kriegsverbrechen in Butscha bekannt. Damit war jede Grundlage zur Verhandlung zerstört. Der Fehler des Westens ist es nicht gewesen, nicht verhandelt zu haben, sondern viel zu zögerlich Waffen, Material und Munition zu liefern und die europäische Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft umzustellen.

Vor diesem Hintergrund ist das, was Julian Nida-Rümmelin schreibt, eine Verdrehung von Tatsachen. Man kann es auch Manipulation nennen. Und hier geht es eben nicht bloß, wie manche mutmaßen mögen, um unterschiedliche Meinungen. Meinungen lassen genau dann als Aussagen keine Gültigkeit zu, wenn sie an den Fakten vorbeigehen und diese ausblenden. Als Philosoph sollte Nida-Rümelin der Unterschied zwischen „behaupten“ und „gelten“ eigentlich bekannt sein. Ansichten, die nicht mit den Tatsachen übereinstimmen und wo ein Sprecher dennoch seine „Meinung“ aufrecht erhält, sind entweder Falschbehauptungen oder aber rhetorische Tricksereien und Diskursnebel, der in bestimmter Absicht erzeugt wird.

Was übrigens eine Kapitulation der Ukraine für Europa bedeutet, dürfte sehr viel schlimmer sein als all die halbgaren Drohungen Putins – denn wir sollten nicht vergessen: Putin ist KGB-Mann, das Drohen ist sein Prinzip und nichts macht solche Leute stärker als die Angst, die man vor ihnen hat. Was im Falle einer Kapitulation droht, ist eine Flüchtlingswelle von ungeheurem Ausmaß. Bereits jetzt hat Deutschland, hat die EU erhebliche Schwierigkeiten, die Massenmigration aus den arabischen Ländern wie auch aus Afghanistan sowie aus Afrika zu bewältigen. Was das für Länder bedeutet, die nicht, wie Rußland, eine faschistische Diktatur sind, sondern sich durch Wahlen auszeichnen, läßt sich leicht vorhersagen. Zumal dann, wenn auch konservative Parteien nicht mehr glaubhaft vermitteln können, daß sie das Migrationsproblem angehen. Weiterhin dürfte sich mit einer Kapitulation keinesweg ein „Frieden“ einstellen, sondern zum einen wird der Widerstand gegen russische Besatzung wachsen, es wird einen Guerillakrieg gegen Rußland geben und es steht zu vermuten, daß Putin, wenn man seine weitschweifigen „historischen Exkurse“ zur Geschichte Rußlands nimmt, als nächstes anderer Regionen wie das Baltikum und Teile von Finnland heim ins Reich holen wird, von Georgien und Moldawien ganz zu schweigen. Putins Rede vom Handelsraum, der von Wladiwostok bis Lissabon reicht, ist ganz wörtlich zu nehmen. Nämlich als neue Einflußsphäre einer faschistischen Diktatur. Und in welcher Weise Putin Gründe inszeniert, haben wir nach dem Anschlag in Moskau gesehen und vor allem nach dem 24. Februar.

An Nida-Rümelins Kommentar ist aber noch ein zweiter Aspekt interessant, gerade im Blick auf die sogenannte Friedenspolitik der SPD: Die Sowjetunion und damit auch der Ostblock sind nicht primär zusammengebrochen, weil Willy Brandt und Egon Bahr jene Entspannungspolitik fuhren, sondern weil die NATO Ende der 1970er Jahre gegen die sowjetische Aufrüstung mit SS 20-Raketen einen Rüstungsbeschluß umsetzte und weil Ronald Reagan ein massives Rüstungsprogramm fuhr und auf scharfen Konfrontationskurs ging, der die UdSSR in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte. Ginge es nach der Entspannungspolitik der SPD – zumindest was die Existenz der DDR betrifft, die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze ist bis heute hin für Europa ein wichtiger Schritt gewesen -, so existierte in den Kopfgeburten mancher Politiker die DDR vermutlich noch heute. Nein, es war nicht die Entspannungspolitik, die die Sowjetunion zu Fall brachte, sondern einerseits die Mangelwirtschaft und daß in der UdSSR ein Politiker wie Gorbatschow auf den Plan trat und dem Elend ein Ende bereitet. Und es war, mit dem Aufstieg Gorbatschows verbunden, der Protest von großen Teilen der DDR-Bevölkerung gegen das Honecker-Regime. Der Ostblock war wirtschaftlich am Ende und das wäre er auch ohne Brandt und Bahr gewesen. Ich halte diese Geschichte der Entspannungspolitik für einen Mythos, mit dem die SPD seit Jahrzehnten lebt und den sie immer wieder reinszeniert und der dafür herhalten muß, wenn Teile der SPD auf Pazifismus machen. Dieses Wiederkäuen ist fast so schlimm wie das Absingen von „Das weiche Wasser bricht den Stein“ auf SPD-Parteitagen. Helmut Schmidt immerhin gehörte zu jenen, die unbeirrbar am Nachrüstungsdoppelbeschluß festhielten – auch gegen weite Teile seiner eigenen Partei und der damaligen Friedensbewegung, bei der auch ich mitdemonstrierte. (Der Irrtum bei jungen Menschen ist nochmal etwas anderes als solcher bei Erwachsenen: letzteren kann man verzeihen, denn es ist das Privileg der Jugend, eine neue und bessere Welt zu träumen. Die schwierige Aufgabe der Alten ist es, dies irgendwie einzuordnen und darauf angemessen zu reagieren. Aber das ist wiederum eine andere Geschichte)

Für die Ukraine, so läßt sich als Fazit für die Ostermärsche festhalten, kann das nur bedeuten, sie mit allen möglichen Mitteln weiterhin militärisch zu untestützen. Und zwar vor allem mit solchen, die es erlauben, die russischen Nachschublinien empfindlich zu treffen. Die Unterzahl der Truppen kann nur durch die Qualität der Waffen und durch die Güte der Truppen ausgeglichen werden. Peace kann man nur eine chance geben, wenn es Waffen gibt, die diesen Frieden erst einmal herstellen und dann vor allem sichern. Krieg ist schrecklich und bringt entsetzliches Leid unter die Menschen. Doch Pazifismus wird sinnlos, wenn er das Recht des Stärkeren bedeutet.

Photographie: Wikipedia, CCC-Lizenz

Engelseis. Im Trakt, 18. Oktober

Hier nun die im letzten Blogbeitrag angekündigte Lovestory.

Vorbemerkung: Die folgende Geschichte vom Liebespaar Gudrun Ensslin und Bernward Vespers geht auf ein Schreibprojekt zurück, das Gunnar Kaiser 2018 ins Leben rief, und zwar eine Kurzgeschichte über bekannte Liebespaare der Literatur zu schreiben. Leider zerschlug sich das Projekt und so wurde dieser Text nie gedruckt. Gunnar Kaiser ist im Oktober 2023 an einem Krebsleiden verstorben. Ich habe über eines der interessantesten Liebespaare der bundesrepublikanischen Geschichte eine kleine Skizze gefertigt.

Engelseis. Im Trakt, 18. Oktober

Das Leben spult im Augenblick des Todes noch einmal in Bildern ab, so sagt man, und das ist kein Gerücht oder die Legende von Mystikern, die es den Wissenschaftlern und den Theologen zeigen wollen, und das ist auch kein idealistisches oder materialistisches Manifest vom Vorrang des Geistes vorm Hirn oder umgekehrt, daß da im Augenblick des Todes nur noch Hirn nachlebt und Neuronenzauber veranstaltet. Denn ich muß das wissen. Ich weiß das jetzt. Das Sein bestimmt das Bewußtsein. Es passiert der Reigen an Bildern, wenn man an diesem Punkt steht, wo nichts mehr geht, weil ein Leben endet: daß es sich fügt. Beim Paniktod in der Zelle auf dem engen Raum. In der Angst, vor dem, was nun kommt, wenn du weißt, was geschieht, laufen diese Bilder kurz davor an. Alles sprang noch ein einziges letztes Mal zurück, bevor wie hier aufhören. Rückblenden und all der Furor meiner Zeit und Epoche, was wir taten und waren, unsere Kämpfe und unser Lieben, mein Bernward, wie das Private politisch wurde. Sie schießen auf uns! Wie damals. Wir drehten die dicken Dinger, so dachten wir, und am Rad der Geschichte. Wir trugen den Kampf in die Städte. Wir fuhren ein. Manches von der Zeit mit dir liegt inzwischen im Nebel. Manches von den Tagen in Tübingen mit dir in den frühen 1960er Jahren. Geh endlich fort, Bernward! Aber du bist es ja längst. Hier im Trakt. Eppendorfer Schlaf mit Tabletten. Bücherpläne, Projekte, Anthologien, die wir in Tübingen planten, das weiß ich noch. Diese Literatur, von deinem Ich her geschrieben und die des Nazi-Vaters. „Letzte Ernte“. Gehetzt, gewütet, gedichtet. Bernward Irrsinnsreise, wie ich dich nannte. Ich habe in Paris im Hotelbett gelegen und dein Buch gelesen, deine Reise, unser gemeinsames Kind. Nein, es stimmt nicht, da war ich bereits weg und ein paar Monate später tot, als Jörg das Buch auftat. Ich habe all das gelebt, ich habe es nicht gelesen. Ich habe in Paris gelegen und ein neues Leben angefangen. Mit ihm, mit Andreas, mit diesem Schalk im Nacken. Grete und Hans, der fürchterliche Ahab und sein schmalgliedriger Smutje mit den kleinen und schön festen Brüsten. Nun geht das Zeichen, es ist weit nach zwölf und Mitternacht vorüber, aus der Wüste heraus im afrikanischen Staub, Mogadischu klingt wie ein Traumland, weit weg, das Radio, im Versteck, im Plattenspieler, Feuerzauber los; die Nachricht, die Nachrichten bloß. Es ist Nulluhrvierzig, gleich dreiviertel nach Mitternacht. Ich nehme den Stuhl, ich knote und knote es fest, wir knoten es haltbar, sie knoten, sie knoten ein Tuch, da hängt man gut und eng, sie werden gleich knoten kommen. Ich höre die Schritte im Gang, im siebten Stock. Sie sehen mich. Die ganze Zeit, sie hören uns. Nur wir. Reglos bleiben ist besser und weil sich nun die Tür öffnet. Und lose baumelnde Beine am Strick, am Zellenfenster. Ein weißes Auge gleich.

Dieses Arrogante in deinem Auftritt und doch ganz verdruckster Junge, das paßte ganz und gar nicht zueinander. Ich mochte das aber, deine Widersprüche, deine Verklemmtheit und deine Aggressivität, mit der du die Thesen zur Literatur vortrugst oder Literatur in Thesen hämmertest – ach was, deklamiertest, im Weinsuff, der Poser aus Tübingen, der um die Frauen buhlte, nicht nur um mich, um Ricke auch. Im Dreierpack. Dein Schwadronieren im Park, am Necker, die Häuser spiegeln im Fluß und Frost an den Schuhen von der Wiese im Abend, wie du täppisch den Arm um mich legtest und die Überlegenheit zu spielen versuchtest. Hölderlintage, die deutsche Misere, die sich durchzieht, und bleierne Zeit nun, durchzechte Nacht, Liebster, du konntest schön davon sprechen, als wir so endlos im Park gingen und uns in unsere Worte und in unser Sehnen verloren. Ein unendliches Gespräch wie wir glaubten. Männerding, das Frauending war zuhören und lauschen. Ich tat es nicht, ich sprach. Deine Haltung, deine Schüchternheit und deine Anmaßungen zogen mich. Intellektuelle Überheblichkeit stelltest du zu Schau. Ein lächerliches Anzugjackett trugst du beim ersten Mal, als wir uns beim Brunnen trafen, der nur in deiner Erinnerung ein Brunnen war und in Wahrheit doch nur eine Bank auf dem Marktplatz, Eitelkeit, in der du dich spreiztest, dein so unvorteilhaft dir stehender Nadelstreifenanzug mit Weste, Uhrkette samt einer Uhr, die sich als schäbig erwies. In der Hose staksten verbeulte Cordhosenbeine und dazu ein weißes Nyltest-Hemd. Abends das Hemd auswaschen und auf den Bügel hängen, morgens wieder das gleiche Hemd anziehen. Darüber ein Pullunder manchmal. Eine ausgeleierte Baumwollunterhose, wenn ich Dir den Cord abstreifte. Deine Zimmer-Buchte in den Tübinger Tagen, die wir heimlich aufsuchten, Damenbesuch verboten, eng im Roigelhaus, nichtschlagende Verbindung. Nicht ganz so links, wie wir das später anklingen ließen. Aber Leben sind veränderbar. Was liegt zwischen diesen 15 Jahren? Ein beschauliches Tübingen, die neue Bibliothek im Hegelbau, wo wir lasen und studierten, Walter Jens‘ Kolloquium am Donnerstag, wo alles, was Namen hatte, zuhörte, Berlin, das Kind und der Computer von Horst Herold – ein Name wie von Nabokov. Oder von Disney. Ein Leben im Stift. Deine Schreibübungen, dein Übervater, dessen Vermächtnis du vollstrecken wolltest, aber das kam alles anders, als du es dachtest. Wie viel Wut und Gewalt ist für einen Ausbruch aus dem Käfig nötig, wie viel Stemmkraft, wie viel Denkkraft? Die Ideen müßten ästhetisch werden, die Revolution sinnlich spürbar machen. Vielleicht. Anschaulich zumindest haben Andreas und ich diese Ideen gemacht, die im Vorfrühling in Köpfen keimten, tickten und anschlugen – das fing in Tübingen an, 62, 63, daß da ein Geist wehte. „Praxis, du sagst es, Baby!“ Frei, ungebändigt tobten wir los. Optimismus der Tathandlungen war die Parole, die wir riefen, was wir auch lebten in dieser Keimzeit, die am Ende, Hölderlinturm, so bleiern wurde und nichts Offenes mehr hatte. Ungastlich. Und auch die gestundete Zeit, was wir da lasen. Das schießt jetzt alles zusammen in diesen Sekunden im Trakt, die lyrischen Verdichtungen der braven Germanistikstudentin von einst, die ich mal war. Studienstiftungswesen im dritten Anlauf immerhin. Anders als ich das damals dachte, geht das jetzt in der Praxis hier. Big raushole. Aber anders als geglaubt. Eine Art metaphysischer Flug. Ohne Funken. Ein Abgang. Ohne dich.

Aber es mußte sein. Ich bin die Aktive, ich habe einen Sprung getan. Du nicht. Los, sag es mir jetzt und gib es zu, kneif mich, beiß mich in die Brustwarze, in meine kleinen Brüste, fasse sie, umfasse die Hüfte! Saug sie und beiß mich, sag es einfach, das Wort, sag es mir! Küsse. Ich bin dabei gelähmt. Nimm mich. Aber das ist lange her. Als du dich nicht trautest und als du in der Besucherritze des Pensionsbettes verschwandst, weil das dumme Bett auseinanderglitt, als du endlich zur Sache kommen wolltest. Du warst sturzbetrunken. Wie so oft. Und lagst auf dem Boden. Ich glaube, du wolltest nicht. Nein, du konntest nicht. Physisch. Geistig. Worte.

Wir wollten das offenhalten, was sich Beziehung nennt, im Bürgerlichen, dieses Tübinger Nest und Pfarrerskram bei mir, darauf rotzten wir schließlich, und unter dem Kuppelparagraphen war es nie leicht, für die Nacht gemeinsam eine Unterkunft zu ergattern, uns miteinander zu paaren. Ich mochte es, wenn du mir deine Finger reinschobst. Oder die Zunge und später dein pralles Glied. Da gab es alle diese Buchprojekte, die er im Kopf hatte. Mein du. Mein unbeholfenes, freches, selbstgefälliges du. Er hat russische Lippen, dachte ich mir. Wußte er das? Die Deutsche Geschichte punkt Null ist gerade sechzehn Jahre her und wir fangen jetzt an, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Auch mit Gewalt. Wem die Fragen nicht brennen, bei dem zünden vielleicht die Antworten. So geht das, nicht anders. Heidelberg, Frankfurt, Kommando Petra Schelm. Zieht den Trennungsstrich, jede Minute!

Fast ein Medeaspiel dann. Das Felixkind ist fort und ich bin auf meiner eigenen Reise. Für ein Kind ist kein Platz, nicht hier und nicht anderswo. Primat der Praxis. Ich blicke mit Haß und Verachtung auf jene Zeit zurück, ich reise nun in dieser Zeit, nichts anderes mehr. Wir lösten unser Verhältnis, ich löste mein Verhältnis zu Welt. Ich bin nun Schauspielerin, war Schauspielerin bereits im Schultheater in Cannstadt, damals, und später in Frankfurt haben wir uns verkleidet, haben uns Perücken aufgesetzt, auf Andreas‘ Kopf, auf meinen Kopf, und auch auf den von Thorwald, im Frankfurter Kaufhaus nachts. Das Warenfetischding. Die ganze alte Scheiße. Es geschahen die unerwarteten Dinge, doch das Erwartete blieb aus. Knapp war die Zeit, knapp war unsere Zeit. Sie schießen wieder auf uns. Auf Ohnesorg damals, auf Dutschke. Osterunruhen. Wir hätten nichts von Bedeutung falsch gemacht, schriebst du mir in den Arrest. Und dabei haben wir uns geändert, schriebst du, und dabei ginge unsere Geschichte zuende, schriebst du. Wie du dich nun nach meinem Geschlecht sehnst, jetzt wo ich nicht mehr bei dir bin. Wie du wartetest, wie du mir die Briefe nach Preungesheim in den Knast schriebst und die Bücherpakete dazu und die Kosmetik, die ich wollte, weil es im Knast häßlich ist, wie du mit Felix in Berlin mit Liebe umgingst, unser Kind, und wie du hofftest.

Ich habe dich geliebt. Über jedes Maß, und das erinnere ich noch. Bis zum letzten Zug, jetzt am Knoten, Reisende, wir im Herbst 1962, Spanien, Europa, in die Estramadura, Cervantesspuren. „Er lebt in Texten“, sagte ich mir – sogar auf den Reisen. Großer Walfang dann später. In Chiffren schreiben, big raushole und Kassiber. Zweite Feuerbachthese, die bürgerlichen Fotzen wollten von ihrem Leben nicht lassen. Das geht durch den klaren Kopf, das Leben mit dir, jetzt hier, letzte Sekunden ohne Kairos. Dreiviertel nach Mitternacht nun. Feuerzauber vorbei. Mühlhausen. Aber da war ich schon nicht mehr dabei. Man sagt, der Mensch könne etwa zwei Minuten ohne Luft aushalten. Das kommt in etwa hin. In weniger als drei Minuten werde ich fort sein. So wie du es lange schon bist, mein Bernward, mein Andreas, nach Tübingen, nach Berlin, nach Eppendorf, 1971 nach den Tabletten. Wir bringen unsere Reise zu ihrem Ende, mein Geliebter, wir haben ein Kind. Call me!

„immer finde ich die altdeutsche Weisheit bestätigt, daß alle schwüre der liebe falsch werden, sobald sich etwas besseres findet, in unserm fall ist das weib der skruppellosere teil, aber das ist auch egal.“ (Bernward Vesper im Februar/März 1968 in einem Brief ins Gefängnis nach Frankfurt-Preungesheim an Gudrun Ensslin)

„‚Unsere‘ Geschichte mag zehnmal zuende sein, die Geschichte ist es nicht.“ (Gudrun Ensslin am 19. April 1968 in einem Brief aus dem Gefängnis Frankfurt-Preungesheim an Bernward Vesper)

Rezipierte Hintergrundliteratur:

Gudrun Ensslin/Bernward Vesper: „Notstandsgesetze aus Deiner Hand“. Briefe 1968/1969

Ingeborg Gleichauf: Poesie und Gewalt. Das Leben der Gudrun Ensslin

Michael Kapellen. Doppelt leben. Bernward Vesper und Gudrun Ensslin. Die Tübinger Jahre

Das RAF-Ding oder wie die Kindheit dieses in ein Miniaturwunderland brachte

Nun ist durch die Festnahme von Daniela Klette die RAF also wieder einmal im Gespräch. Ich weiß bis heute nicht, was ich von diesem RAF-Ding halten soll – gerade auch im Blick auf einen Facebook-Beitrag von Birgit Kelle anläßlich des nun in einer Neuauflage wieder erschienen Buches der Meinhof-Tochter Bettina Röhl: „Die RAF hat euch lieb“. Die Bundesrepublik im Rausch von 68 – Eine Familie im Zentrum der Bewegung. Ich kann die Apodiktik gegen Meinhof ganz nicht teilen, weil ich diese entsetzliche Entwicklung aus der Zeit heraus verstehe. (Den journalistischen und auch politischen Fanatismus von Meinhof teile ich nicht, sehr wohl aber manche ihrer Anliegen in den frühen Jahren als konkret-Autorin.) Ich halte es am Ende mit Rudi Dutschke – sanft war er, sanft wie alle echten Radikalen, wie Wolf Biermann 1979 in einem Nachruf damals sang. Und ich kann zugleich diese Aussagen von Meinhof zum Olympia-Massaker 1972 nicht im Ansatz goutieren. Das ist nicht nur Haß auf Israel, das ist dezidiert antisemitisch.

Zum Phänomen RAF etwas zu schreiben, ergäbe ein Buch – auch in biographischer Hinsicht als einer, der die 1980er Jahre mit einigen Sympathien für eine zutiefst radikale Linke der Autonomen erlebte und als Zaungast verfolgte. Ich kann die Kritik an der RAF und an Meinhof verstehen, was deren widerlichen Antisemitismus betrifft (und auch Meinhofs Umgang mit ihren Kindern) – das ging mir schon in den 1980er Jahren so, nachdem „Der Baader-Meinhof-Komplex“ von Stefan Aust erschien, und doch sehe ich zugleich die Verzweiflung dieser Leute nach dem 2. Juni 1967 und nach den Schüssen auf Rudi Dutschke dann knapp ein Jahr später.

Ich habe in den 1980er Jahren die frühe RAF teils mit Sympathie gesehen, was 1972 die Anschläge in Heidelberg und aufs Hauptquartier des V. US-Korps in Frankfurt/M betrifft: das hielt ich noch lange Zeit für richtig: Den entsetzlichen Krieg der USA in Vietnam gegen die Zivilbevölkerung in die USA tragen! Das war zumindest eine sinnvolle Reaktion, glaubte ich. Und zugleich doch auch naiv, ohne dabei auf die Sowjets zu sehen und jenen totalitären Kommunismus damit implizit zu tolerieren, von dem steindummen Vergleich der US-Bombardierungen mit Auschwitz und Endlösung in der RAF-Verlautbarung von 1972 zum Anschlag in Frankfurt ganz zu schweigen. Schleyers Entführung war bestialisch, zumal dabei Menschen erschossen wurden, die nichts mit seinen Verbrechen zu schaffen hatten. Allenfalls ohne Tote hätte diese Aktion einen Sinn ergeben, indem man Schleyer in seinem „Volksgefängnis“ derart verhört hätte, wie es die RAF tat, um ihn dann mit diesem an die Medien und die Bevölkerung weitergegebenen Wissen wieder freizulassen. Es möge die Öffentlichkeit über jenen Mann richten, der sich an Juden bereicherte.

Wenn von der RAF und den Toten aus ihren eigenen Reihen gesprochen wird und wurde, habe ich niemals „unsere Toten“ gedacht, schon damals in den 1980ern nicht. Es waren nicht „meine Leute“ und Rufe wie „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen“ fand ich schon damals lächerlich, irgendwie saßen sie ja doch zu recht dort im Knast – was erwarteten sie? daß Helmut Kohl die Genossen zu einem Saumagen einlüde? Das ganze Genossentum, bis in die linken Bewegungen hinein, war mir immer suspekt. Aber ich hatte ein politische Interesse an diesem RAF-Ding einerseits. Und es war für mich die RAF zugleich ein Faszinosum.

Als Kinder der frühen 1970er Jahre spielten wir diese Fahndungen und diese Bilder, die wir im Fernsehen sahen, nach. Polizeisperren, Kontrollen, Schüsse. Mit den Matchbox- und Siku-Polizeiautos und sogar einen BMW gab es für die Terroristen, obgleich ich damals nicht wußte, daß BMW im Volksmund eben auch Baader-Meinhof-Wagen hieß. Polizei und Terroristen wurden mit Airfix-Figuren, Maßstab 1:72 nachgestellt. Besonders gut eigneten sich für die Polizei die Airfix-Soldaten der Briten und teils auch der Deutschen aus dem ersten Weltkrieg, weil sie Schirmmützen trugen. Für die Polizei in Demo-Ausrüstung mit Helm kamen die deutschen Soldaten der Wehrmacht und auch des ersten Weltkrieges und für den Bundesgrenzschutz die des Afrikacorps mit dem Mützen in Betracht. Die Panzerwagen der Polizei wurden durch Roco-Modelle der Schützenpanzer abgebildet und auch ein Schützenpanzerfahrzeug von Matchbox, das den BGS-Fahrzeugen, die auf den Flughäfen fuhren, im kindlichen Blick verblüffend ähnlich sah, kam zum Einsatz, wenn es darum ging, ein von Terroristen bewohntes Haus zu umstellen. (Das nur nebenbei für jene, die auch in diesen Zeiten aufgewachsen sind und solches wunderbares Spielzeug von Airfix, Matchbox und Roco gut kennen.)

Vermutlich habe ich die RAF vor allem und bis in die späten Jahre als ein ästhetisches Phänomen immer wahrgenommen und muß aus diesem Grunde nun bald einmal auch Frank Witzels Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ endlich lesen.

Und weil mich dieses Thema RAF seit Jahrzehnten im Bann hat, gibt es morgen oder übermorgen auch eine Liebesgeschichte dazu. Ich verspreche aber, daß diese nicht glücklich ausgeht – frei nach einem Lied von Georges Brassens: „Il n’y a pas d’amour heureux“.

Die Buchphotographie wurde der Facebookseite von Birgit Kelle entnommen

Was, nebenbei, die frühen Jahre der Studentenbewegung betrifft und auch den Weg von der Subversiven Aktion bis hin zu den Kaufhausbrandstiftungen, da sei unbedingt auf das im Hinblick auf die Ästhik instruktive Büchlein von Karl Heinz Bohrer verwiesen: „Die gefährdete Phantasie, oder Surrealismus und Terror“. Nämlich im Sinne einer Ästhetik des Schocks, der Überwätigung und eben auch, was dann später Bohrers Thema werden sollte, der Plötzlichkeit. Und auch auf diesen Blogbeitrag von mir::

Christopher Nolans „Oppenheimer“: in dunklen Zonen

Ich habe Christopher Nolans Spielfilm „Oppenheimer“ im Sommer letzten Jahres gesehen. Es ist ein spannender Film über die Entwicklung und den Einsatz der Atombombe im Rahmen des Manhattan-Projekts wie auch über Oppenheimers Leben. Als Film in seiner Machart nicht überwältigend, daß ich es als ein cineastisches Meisterwerk wahrnähme, aber doch eine in großen Teilen solide Arbeit. Der Oscar ist vermutlich teils auch der gegenwärtigen politischen Lage geschuldet, darin ein faschistischer Diktator samt seinen Gehilfen immer wieder einmal mit dem Einsatz von Atomwaffen droht.

Die Erzählweise von „Oppenheimer“ ist verschachtelt, die Zeitebenen greifen ineinander – auf eine freilich gut nachvollziehbare Weise. Die rund drei Stunden werden dem Zuschauer nicht langweilig, was fürs Kino ein wichtiger Aspekt ist, zumal es bei diesem Plot schwierig sein dürfte, ihn zu verhunzen, und bei Sommerhitze ist es in Berlin im Kino angenehm kühl, so daß eine gewisse Milde vorwaltete. Die Zuschauer gleiten in die für die meisten Menschen abstrakte und schwer fassbare Welt der Atom- und Quantenphysik. Aber es gibt auch Negatives zu sagen: der Soundtrack ist ungemein nervig: schwirrende, schrille, überdramatisisierende Geigenmusik, Streicherorchester, die im Rahmen der Jagd nach Kommunisten in der Nachkriegs-USA unter McCarthy die Vernehmung Oppenheimers durch einen Ausschuß untermalen und auch vielen andere Szenen suggestiv begleiten, zuweilen pathetisch ins Wagnerisch-Orchestrale sich steigernd – was kein Manko sein muß, wenn es denn passen würde. Vor allem aber geschieht diese Beschallung in einer enervierenden Lautstärke, von der ich nicht weiß, welche filmische, narrative Funktion solches Getöse haben soll – außer vielleicht, um auf mimetische Weise die Unerträglichkeit dieses Ausschußverhörs der McCarthy-Ära zu zeigen oder den Schrecken der Bombe als schrillen Laut zu illustrieren.

Die Bildeinblendungen von Sternenhaufen, Galaxien und den unendlichen Weiten des Weltenraums beim Thema Atom, wirkten zuweilen aufgesetzt: viel Pathos, wenn nicht Kitsch. Es gibt Szenen, wo diese Kombination, diese Sternenwelteneinblendungen gut funktionieren, gerade wenn es um den möglichen Weltenbrand geht und das Feuer alle Welt überzieht und zu zerstören droht. Das Promethische, was solchen Ausgriff plausibel macht: Prometheus, der den Göttern das Feuer raubte und es den Menschen brachte, wofür er zu Strafe zu unendlicher Qual von Hephaistos an den Kaukasus geschmiedet wurde. Mit dieser Beschreibung taktete der Film auf, dazu die kalten Bilder des Filmes, blaulastig und also in hoher Farbtemperatur. Das Feuer kann zugleich auch der Weltenbrand sein, eine Art Ragnarök, das nur in diesem Falle nicht das vermeintlich germanisch-nordische Deutschland, sondern eben Japan mit voller Wucht traf. Man kann über solche Art der Darstellung vermutlich lange streiten, warum sie gelungen oder eben mißlungen ist. Ich fand sie im großen und ganzen zumindest nicht mißlungen.

Schön auch jene Sexszene mit der hübschen, freilich psychisch derangierten Geliebten Oppenheimers, darin er nach dem Koitus und auf Bitten der Geliebten aus dem Bhagavad Gita vorlas: „Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“ Großer und kleiner Tod: La petite mort wie auch Weltenfeuer. Vielleicht ein bißchen zu offensichtlich, aber dieses Göttliche und der Feuerschein als Vernichtungsschlag sind ja nun einmal ein Thema, das in Wort und Bild und Erzählweise irgendwie abgebildet werden muß. In dieser Form und in dieser Art des Filmstils paßt es zusammen und auf diese ästhetische Stimmigkeit kommt es am Ende an: ob der Film seine eigenen Anspüche hält. Und das tut er in den meisten Fällen. (Wenngleich man aus den über drei Stunden gut und gerne auch zwei hätte machen können.)

Dummerweise ist jene Geliebte, die sich später dann umbringen wird, Kommunistin und es bewegt sich Oppenheimer auch privat in solchen kommunistischen bzw. im Grunde sozialdemokratischen Kreisen, etwa über seinen Bruder Frank. Das wird sich fürs spätere als verhängnisvoll erweisen, und dabei verquicken sich in dem Film zwei Ebenen: Einmal jener Wettlauf zur Bombe und deren Einsatz. Und zweitens die private Ebene und die Ära McCarthy, die Kommunistenhatz und der Kalte Krieg sowie die Vorladung Oppenheimers vor einen Ausschuß, darin er einem üblen Verhör unterzogen wird, bei dem das Ergebnis bereits feststeht: daß Oppenheimer die nötige Sicherheitsfreigabe, um weiterhin für die Regierung zu arbeiten, nicht erhalten wird. Gelungen auch jene Szene relativ zum Beginn des Films, wo Oppenheimer mit Einstein in einem Garten parliert. Wir hören nicht, was die beiden sprechen und nehmen diese Szene nur aus der Sicht von Lewis Strauss, dem Leiter der Atomenergiekommission, wahr. Strauss glaubt, daß Oppenheimer bei Einstein gegen ihn intrigiert. Die Auflösung des Gespräches sehen wir zum Ende des Films, und es zeigt sich einmal wieder, wie sehr die eigenen Gedankenkonstrukte und Vorannahmen sowie Geglaubtes in die Irre führen können. Der Film verbindet in solchen Szenen und in solchen Elementen der Narration auf ästhetisch gelungene Weise Privates und Politisches.

Der Blick ins Katastrophische jedoch, zumindest was ihre empirisch-faktischen Auswirkungen auf die Japaner betrifft, wird bei Nolan ausgespart bzw. lediglich angedeutet. Zuweilen hatte ich den Eindruck, die Ära McCarthy sei eigentlich schlimmer als jene Japaner, die da von einer Bombe verbrannt und verstrahlt wurden. Aber genau dieser Eindruck ist eben das, was Nolan als Effekt erzeugen will. Die seltsame Leerstelle des Filmes sind die japanischen Opfer. Und daran können auch die grellweißen Lichtblitzüberblendungen nichts ändern, die Oppenheimer zuweilen überfallen und die wohl an jene Atomstrahlung gemahnen sollen. Der bestirnte Himmel über uns samt einem Höllenfeuer deuten ins Allgemeine. Trinity-Test hieß die erste Zündung einer Atombombe am 16. Juli 1945, wenige Wochen vor dem ersten Abwurf. Diesen zeigt uns der Film bis ins Detail. In diesem Sinne hat Nolan das Problem der Darstellbarkeit gut gelöst. Zumal bei solchem Katastrophischen immer diese ästhetische Frage bleibt, wie ein nur schwer darstellbares Grauen im Kino und überhaupt in der Kunst in Bilder gebracht werden kann – und das gilt seit Adornos bekanntem Satz fürs Gedicht nach Auschwitz wohl ganz allgemein für eine solche Kunst, womit wir implizit auch bei „The Zone of Interesst“ wären – jenem Film über das Todeslager Auschwitz-Birkenau und seinen Lagerkommandanten Rudolf Höß.

Und es liegt diese Leerstelle auch darin gegründet, daß zum Zeitpunkt der Entwicklung niemand ahnte, welche Auswirkungen solche Bombe haben könnte und weil ein solches Szenario dessen, was sich dabei in Japan dann am 6. August abspielte, die Geschichte von Oppenheimer und der Atombombe in eine andere Richtung gedreht hätte. Das Ausgesparte und Unsichtbare ist das Zentrum dieses Films. Der Film spielt insofern mit dem Wissen der Zuschauer, setzt dieses voraus. Vielleicht müßte man sich parallel dazu Alain Resnaisʼ „Hiroshima, mon amour“ aus dem Jahr 1959 ansehen.

Wer eine gut erzählte wie auch spannende Geschichte schätzt, samt einem Blick in die USA der 1940er Jahre wie auch der Ära McCarthy, dem sei dieser Film empfohlen. Dennoch: beim ersten Drittel war ich noch beeindruckt, so könnte man es als Fazit sagen, aber dieses Affiziertsein ließ im Laufe der Zeit nach. Man kann all das, was in „Oppenheimer“ gezeigt wird, im Interpretieren bedeutungsreich aufladen – mir selbst war es im Film teils zu überambitioniert und dann dafür doch zu wenig subtil. Vom Bildbombast der Sternenwelten – Makrokosmos und Mikrokosmos – fühlte ich mich an den späteren Terence Malick und solche Tree-of-Life-Schauder erinnert. Doch das kann man sicherlich auch anders bewerten. Oder man nimmt diesen Film einfach als gelungene Unterhaltung über eine wenig unterhaltsame Angelegenheit. Ich muß mir den Film irgendwann nochmal anschauen – vielleicht auf DVD, wenn Nachbarn eine zu laute Party machen und ich den Lärm der Feier mit der Filmsmusik und dem Sound of Fire übertöne.

Berlinale 2024: Der neue Antisemitismus kommt aus dem Kulturmilieu. Er ist woke und migrantisch

Man kann es aber auch derart formulieren: Wer auf einem Filmfestival kritische Rassentheorie und Postkoloniales bestellt, bekommt kritische Rassentheorie und postkoloniale Minderware geliefert: die Ausschnitte aus dem prämierten Film über jene nach Europa geschafften, geraubten oder auch erworbenen Kunst-Werke aus Afrika sind mäßig und taugen allenfalls für einen Sendeplatz auf 3sat um 23:45 Uhr, aber sicherlich nicht für ein solches Filmfest. Bereits die Juryentscheidung für solche Filme spricht Bände. Und insbesondere dann die gestrige Preisverleihung. Gefälligkeitsurteile für die eigene identitäre Gemeinde. Bei Facebook wurde es treffend zusammengefaßt:

„Anstatt die Holocaust-Verharmlosung und den offenen Antisemitismus auf der Bühne zu verurteilen, spricht die Berlinale von „unterschiedlichen Meinungen“. Meinungen, die man übrigens niemals dulden würde, wenn es sich nicht um Judenhass, sondern Rassismus, Sexismus oder Homophobie handeln würde.
Was für eine Schande für Deutschland.
Man muss es so deutlich sagen: Auf den Bühnen der Berlinale wurden Reden geschwungen, die selbst auf einem AfD-Parteitag in Thüringen harter Tobak wären.
Beklatscht wurden sie von Kultur-Schaffenden, die sich rühmen, mutig gegen Diskriminierung aufzustehen. Aber bei Judenhass entweder sitzen bleiben oder mitklatschen.
Die Wahrheit ist: Antisemitismus hat einen Platz in Deutschland. Nicht nur irgendwo in den Rechtsaußen-Hochburgen Ostdeutschlands oder muslimisch geprägten Problemvierteln der Metropolen. Nein, der Antisemitismus sitzt in Deutschland in der ersten Reihe.“

Wenn eine Jurorin wie Véréna Paravel die Bühne für steindummen Aktivismus mißbraucht, um sich auf ihren Rücken den lächerlichen Slogan „Ceasefire now“ zu pappen, ohne daß dort steht „Free Gaza vom Hamas“ oder aber „Lasst die Geiseln frei!“, dann wird solche Forderung unglaubwürdig – und genau das sind jene „Elemente des Antisemitismus“. Und ein „Free Gaza from Hamas“ würde wohl auch empfindlich der Karriere von Véréna Paravel schaden.

Nein, wenn eine Terrororganisation wie die Hamas brutalste Verbrechen begeht, unter dem Jubel und unter Mitwirkung der Gaza-Araber, dann sind diese Leute keine Opfer, sondern zunächst einmal Täter. „Starting a war and losing it doesn´t make you a victim“, so läßt sich die Chose pointieren. Einen Waffenstillstand kann es nur geben, wenn die Hamas bedingungslos kapituliert. Gerne und schnell wurden die entsetzlichen Taten vom 7. Oktober verdrängt und vergessen. Und Sätze in der Art von „Das soll auf keinen Fall das Massaker vom 7. Oktober relativieren …“ wirken nicht glaubhaft, sondern vielmehr wie eine pflichtschuldige Übung, um den in der Kulturbranche grassierenden israelbezogenen Antisemitismus zu kaschieren. Die meisten seiern Unverbindlichkeiten ab und jene, die ansonsten um kein Wort und nie verlegen sind, noch beim kleinsten Gebrauch der falschen Pronomen und beim Mißgendern einen Scheißesturm zu entfachen, faseln plötzlich von Sprachlosigkeit. Warum sie sprachlos waren, möchte man lieber gar nicht erst eruieren. Vermutlich eher aus einer Freude heraus und nicht aus Solidarität mit Israel.

Die Statements dieser „Filmschaffenden“ sind klar und da läßt sich auch nichts an Entschuldigungen hinzudeuten – schon gar nicht, daß es unterschiedliche Meinungen gäbe, wie die entsetzlich einfältige und (auch heute auf Kulturzeit) sichtlich überforderte Mariette Rissenbeek mehrfach uns einzureden versuchte. Es gab auf der Bühne keinerlei Zeichen einer irgendwie gearteten Solidarität mit Israel und den immer noch gefangenen Geiseln. Am Rande nur: bei einer der befreiten weiblichen Geiseln wurden Spermaspuren von über 60 verschiedenen Männern gefunden. Hat irgendwer auf der Berlinale sich dazu geäußert? Nein. Ist von denen auf der Bühne jemand mit einer Kippa aufgetreten? Nein. Sondern mit diesem unästhetischen Terrorfeudel. Hat irgendjemand von diesen Lemuren gefordert, zunächst mal die Geiseln freizulassen und wurde dort die bedingungslose Kapitulation der Hamas als Voraussettzung gefordert? Nein. Hat irgendjemand von diesen Gestalten, die sich da mit öffentlichen Geldern gefördert auf der Bühne spreizen, sich zu blutig und totgefickten Frauen geäußert und zu Babys, die vor den Augen ihre Eltern mißhandelt, zerstückelt und umgebracht wurden? Nein. Wäre dies geschehen, hätte man über diesen Auftritt noch debattieren können. So aber nicht. Und wer Israel einen Apartheitsstaat nennt, da brauchen wir dann nicht weiter zu sprechen.

„27.000 zivile Tote“, so klagen manche. Von wem stammen diese Zahlen? Vom UNRWA, also dem verlängerten politischen Arm der Hamas? Sind in diesen Zahlen auch die Hamas-Terroristen eingerechnet, die nun einmal nicht an Militäruniformen zu erkennen sind, sondern die sich genau so wie Zivilisten kleiden und tarnen?

Wer wie die Hamas Zivilisten als Schutzschilde mißbraucht, so daß also durch die Hamas Zivilsten zu Tode kommen, und wer diesen Umstand nicht wenigstens mitnennt, der ist kaum in irgend einer Weise glaubwürdig zu nennen. Wer, wie die Hamas, aus der Menge der Zivilisten heraus israelische Soldaten tötet, die die Geiseln befreien und die Hamas ausschalten wollen und sich dann aber beschwert, daß da Menschen getötet werden, der ist ein Verbrecher und ein Lügner und Heuchler dazu. Und wer das beschweigt und beschönigt, der macht sich ebenfalls eines solchen Verbrechens mitschuldig, indem er es billigt. Wenn in weiß gekleidete und verschleierte „Frauen“, die wie Krankenschwestern aussehen, der IDF entgegenkommen und plötzlich ihre Verkleidung abwerfen und unter dem Gewand befinden sich Männer mit Waffen, die das Feuer auf die Soldaten der IDF eröffnen: Wie nennst man sowas? Verbrecher.

Fast noch schlimmer aber als diese entsetzlichen Wichte auf der Bühne sind jene Claquere im Publikum, die zu diesem Unsinn Beifall spenden, anstatt diesen Lemuren zu zeigen, wo der Hammer hängt. Es gibt die Kulturtechnik des Buhens, des Aufstehens und des Gehens. Im arabischen Raum wirft man mit Schuhen. Auch das würde dort gut verstanden werden.

Und ehrlich gesagt: wenn eine ganze Region am 7. Oktober gejubelt und auf den Straßen getanzt hat, dann hält sich mein Mitleid in Grenzen. Wer den totalen Krieg will, der bekommt ihn dann auch frei Haus geliefert. Das sollten wir Deutschen am besten wissen. Prägnant und kurz heißt es im Englischen: „Starting a war and losing it doesn´t make you a victim“.

Sehr treffen las ich heute auf Facebook: „Linke Parole heute: Idioten aller Länder, vereinigt euch!“ Es gibt leider nur wenige Ausnahmen in der Linken.

Der Mann dort auf der Photographie oben, Jay Jordan, zweiter von links, er würde bei den Gaza-Arabern ganz sicherlich ein wunderbares und friedliches Leben führen können. Und auch die Frau rechts, deren Namen wir getrost und besser vergessen können: Wäre sie mit einem solch freizügigen Oberteil durch Gaza-City spaziert, so hinge sie mit ihrem Kollegen Jay ziemlich schnell unter dem Jubel des Araber-Volkes an einem Laternenmast.

Und weil ich es nicht besser und treffender schreiben kann und damit ich mir zudem die Mühe der Schreibarbeit spare, zitiere ich hier gerne ein paar Stimmen. Chris Schinke etwa verweist bei Facebook auf jene leider inzwischen und oft in Vergessenheit geratene Kulturtechnik:

„Der gepflegte wie beherzte Buhruf zur rechten Zeit ist zu Unrecht zur geschmähten Kulturtechnik geworden. Dabei ist sein Ausbleiben an dringend angezeigter Stelle Ausdruck mangelnder Zivilcourage. Wer jedenfalls meinte, anlässlich der Gelegenheit gestern mitklatschen zu müssen, sollte wenigstens in Zukunft den Anstand haben, sich das allzu gerne besinnungslos vorgetragene »Nie wieder« zu verkneifen.“

Genau so ist es. Wer hier applaudiert und Akklamation spendet, ist mehr als nur ein Mitläufer. Jeder hat, wenn er schon nicht buhen mag, weil das seinem Wesen nicht liegt, immerhin die Möglichkeit aufzustehen und den Saal zu verlassen. Ist ja in letzter Zeit eh ein beliebter Slogan geworden: Aufstehen gegen rechts. Hier hat er dann mal im Blick auf Antisemitismus eine ganz konkrete Bedeutung.

Und auch im Blick auf die Filme und weshalb sie mit einem Preis ausgezeichnet wurden, läßt sich scharfe Kritik üben. Mein Verdacht geht dahin: es werden keine Werke, sondern es wird eine Gesinnung prämiert. Karl Kobs schrieb es wie folgt:

„Und dann kann sich bei der Berlinale auch die Gesinnungspreisträgerin Mati Diop den obligatorischen Schlusssatz zur Dankesrede „I stand with Palestine“ nicht verkneifen. Ihre brave Raubkunst-Doku war dann auch nach überwiegender Meinung von Kritikern und Fachpublikum künstlerisch eher ein Griff ins Klo, aber liegt voll auf der Linie der antiwestlich eingestellten Jury. Nichts gegen die Aufarbeitung von Raubkunst, sicher ein vielfach faszinierendes Thema, insbesondere wenn es um spirituell aufgeladene Objekte wie aus der Amazonasregion geht, wo beispielsweise die Ahnen eines Stamms in einem Kultobjekt wohnen, das in irgendeinem Archiv in Dahlem herumstaubt. Geschenkt, aber diese Preisverleihung folgt erneut der modisch-verzweifelten Linie einer bestimmten Kulturmafia, den Postkolonialismus zur beherrschenden Bewertungs-Instanz auch im Film zu etablieren. Wir sind also wieder mal bei documenta 15 und dem irren Versuch, die Welt in genau zwei Himmelsrichtungen zu unterteilen: einen unterdrückten postkolonialen Süden und einen ausbeuterischen sprachkolonialistischen Norden. Die Dummheit einer bestimmten Kultur-Linken ist grenzenlos wie das Weltall – und die Berlinale so was von im Arsch.“

Und er pointiert diese Berlinale und den dort zelebrierten Gaza-Kitsch wie folgt dann:

„Strunzdumme Filmemacher offenbaren ihr gefährliches Halbwissen über den Nahost-Konflikt, fühlen sich aber als „wichtige“ Künstler dazu berufen, ihre Meinung kundzutun – in pathetischen Botschaften und peinlichen Kufiya-Demonstrationen oder auf Zetteln am Rücken: Ceasefire now! Frenetisch beklatscht vom ebenso ahnungslosen Publikum. Leider wissen sie nicht, dass es ein Unterschied ist, ob man Künstler ist oder Kenner. Letzteres sind sie in der Regel nicht. Und so geht auch diese Berlinale an uns vorüber als peinliches Event der sentimental zur Schau gestellten Mitleids-Performance. Getreu der alten Hollywood-Regel: Seht her, wir sind zwar privilegierte Vertreter der Glamourbranche, aber das Elend der Welt lässt uns nicht unberührt – kurz bevor man dann zum Veuve Clicquot-Empfang mit Flying Buffets bei irgendeiner Produktionsfirma verschwindet.

Dabei darf man durchaus Mitleid mit den Menschen in Gaza haben. Der Fehler liegt nur darin, dass diese Protagonisten des falschen Mitgefühls sofort wissen, wer schuld ist: die Israelis – und nicht etwa die Hamas. Keiner von diesen Schmierlappen wie Ben Russell, Basel Adra, Guillaume Cailleau oder Véréna Paravel hat sich mt einer Israelflagge auf die Bühne gestellt, als Palästinenser in einem genozidalen Akt 1.200 Juden massakriert haben – und zwar nur aus einem Grund: weil sie Juden waren. Damals schwiegen sie und machten sich gemein mit der Drecks-Headline des Zeitmagazins: „Wir finden es nicht richtig, wenn man sich nur auf den 7. Oktober fokussiert.“ Fakt ist, dass es ihnen vollkommen egal ist, wer leidet. Hauptsache, sie können ihren pathologischen Judenhass als Teil ihrer edlen künstlerischen Gesinnung in die Feuilletons pressen.

Vor 20 Jahren war ich Chefredakteur des wohl wichtigsten Begleitmagazins der Berlinale, dem tip. Wir unterstützten das Festival mit Sonderheften, Vorabberichten, Rezensionen, Interviews mit Regisseuren und Schauspielern. Schon damals war es verwunderlich, dass das Publikum mit großen glänzenden Augen Schlange stand, um irgendeinen asiatischen Dokumentarfilm über das harte Leben kirgisischer Hirten mit usbekischen Untertiteln zu sehen. Filme, die ansonsten ignoriert wurden und den Rest des Jahres im Nischenprogramm der Off-Kinos verschwanden. Leider! Aber es ging nicht um die Filme, niemals und zu keiner Zeit. Es ging immer nur um die Show drum herum. Es war eben die Berlinale. Aber dieses Jahr ist es besonders schlimm. Schafft sie endlich ab!“

Die Berlinale 2024: Diesmal gratis mit Antisemitismus

Das rechte Bild erschien auf dem offiziellen Instagram-Account der Berlinale Panorama. Widerlich. Und widerlich auch die beiden Leiter der Berlinale, Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, sofern da heute abend nicht ein klares und distanzierendes Statement kommt. Eigentlich müßte man diesen Leuten heute abend mit Spontandemos ihre Abschlußfeier crashen. Ich hoffe inzwischen, daß die angespannte wirtschaftliche Situation in Deutschland dazu führt, die Kulturförderung grundsätzlich zu überdenken und herunterzufahren. Documenta, Berlinale, die Hochschulen der Künste: All das und die antisemitischen Vorfälle sind kein Einzelfall. Und dieselbem Leute stellen sich hin und reißen bei der AfD gratismutig und wohlfeil ihren Mund auf – wobei ich andererseits von Anhängern der kritischen Rassentheorie auch nichts anderes erwarte.

Diese Berlinale als antisemitischen Dreck zu bezeichnen, ist noch eine sehr freundliche Formulierung. Was eine Parole wie „From the River to the sea …“ bedeutet, weiß jeder. Nämlich die Vernichtung des Staates Israel und die damit einhergehende Vertreibung und Ausrottung der dort lebenden Juden, wie wir es exemplarisch am 7. Oktober gesehen haben – unter dem Jubel der sogenannten „Zivilbevölkerung“ in Gaza und im Westjordanland. Nebenbei: Es gibt kein Land mit dem Namen Palästina und Israel ist, anders als sämtliche um Israel herum liegenden Staaten, eine Demokratie.

Claudia Roth als Staatsministerin für Kultur sollte überlegen, ob sie nicht freiwillig zurücktritt, da sie ihrer Aufgabe ersichtlich nicht im Ansatz gewachsen ist. Man kann es nur mit Jan Fleischhauer sagen:

„Sich super fühlen, weil man fünf AfD-Abgeordnete des Kinos verwiesen hat, aber Hardcore-Holocaust-Verharmlosern und -Israelhassern zujubeln: Deutschlands Filmschaffende sind in ihrer Mehrheit ein rührseliges, selbstzentriertes, ziemlich ungebildetes Pack.“

Zwei Jahre russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Und das bedeutet zunächst einmal: zwei Jahre entsetzliches Leid für die ukrainische Bevölkerung. Viele tote Zivilisten. Frauen, die ihre toten Männer, Brüder und Söhne beweinen müssen, aber auch viele tote und verletzte Frauen, die in der Armee der Ukraine tapfer kämpfen und ihr Land gegen den blutigen, bleichen Lurch verteidigen. Schon deshalb möchte man den Zarenknechten hier im Land ins Gesicht schlagen für ihren menschenverachtenden Vorschlag, doch bitte zu verhandeln und keine Waffen zu liefern.

„Die Kirche der Scheinheiligen der letzten Tage“ .

Es ist kaum anzunehmen, daß sich die russische Armee aus dem gesamten Land zurückzieht, wenn die Ukraine ihre Verteidigung einstellt. Mit einem notorischen Lügner und Kriegsverbrecher wie Putin läßt sich zudem nichts verhandeln. Noch am 21. Februar 2022 log er frech, daß die hunderttausenden um die Ukraine zusammengezogenen Soldaten nur Manöverzwecken dienten.

Im Tagesspiegel (rechtes Bild) erschien heute diese Photographie, und sie bringt das ganze Leid dieses Krieges gut in eine Szenerie.

Es sind Menschen, die umeinander weinen. Und auch diese Bilder aus diesem Krieg werden wir nicht vergessen. Wer hier noch von Frieden faselt, ohne die Konsequenzen zu bedenken, daß die Ukraine dann unter dem Russenjoch liegen wird, ist politisch und auch moralisch nicht ernst zu nehmen:

Heute lese ich auf t-online: „Schlag gegen russische Luftwaffe. 350 Millionen Dollar wert: Ukraine schießt Spezialflugzeug ab„. Und doch: Solche Aktionen der Ukraine täuschen nicht darüber hinweg, daß der vereinzelte Abschuß von wichtigen Schiffen und Flugzeugen nicht ausreicht, um einen Krieg zu gewinnen und die russische Armee aus dem Land zu treiben. Kriege gewinnt man nur mit ausreichend Munition und ausreichend Waffen (von einer klugen Strategie und taktischen Operationen mal ganz abgesehen: wozu ebenfalls kluge Generäle, Generalstäbe und Offizere gehören.) Kriege gewinnt man, wenn wichtige Nachschubpunkte der russischen Orks vernichtet werden.

Das freie Europa hat zwei Jahre Zeit gehabt, seine Wirtschaft umzustellen und zumindest ausreichend Munition zu produzieren, um die Ukraine massiv zu unterstützen. Von Waffen wie Taurus einmal ganz abgesehen, mit denen sich die russischen Nachschublinien tief in Rußland, treffen lassen. Und es dürfte kaum einzusehen sein, weshalb Rußland ukrainisches Territorium und damit auch Zivilisten angreift und tötet, die Ukraine aber gleiches nicht darf. Wer Kiew beschießt, muß damit rechnen, daß irgendwann auch Moskau beschossen wird. Und nebenbei: Die Brücke von Kertsch hätte schon lange zerstört sein müssen.

Was steht zu vermuten? Wird der Krieg noch Jahre dauern? Wird er dieses Jahr vorüber sein? Wird die Ukraine kapitulieren müssen, sofern und wenn die USA unter Trump ihre Unterstützung zurückfahren wird? Was wird das für das freie Europa bedeuten? Was man auf Putins Worte geben kann, wissen wir. Putin wird Polen nicht angreifen, solange Polen nicht Rußland angreift. Was solche nebulösen Worte bei Putin bedeuten können, wissen wir. Europa muß gut vorbereitet sein.

Die Ukraine muß siegen, sie muß diesen Krieg gegen Rußland gewinnen. Tut sie es nicht, werden das Baltikum oder Polen die nächsten Länder sein, die Rußland angreifen wird. Putin ist ein Outlaw, der nichts mehr zu verlieren hat und der in der westlichen Weltgemeinschaft geächtet ist.

Eine gute politische Analyse zur Lage brachte vor einigen Wochen Frank Mertens:

„Wenn die Ukraine verliert, steht der Westen einem hochgerüsteten und kampferfahrenen Russland gegenüber. Das Zeitfenster für einen russischen Angriff ist dann auf einen kurzen Zeitraum beschränkt: Russland muss angreifen, solange der Westen sein desolates Militär noch nicht wieder aufgebaut hat.

Wenn die Ukraine zum Aufgeben gezwungen wäre, wird das den russischen Machthunger nicht stillen. Die gesamte russische Propaganda ist auf die große Auseinandersetzung mit dem Westen ausgerichtet. Die russische Wirtschaft ist auf einen langen großen Krieg umgestellt. Es besteht immer weniger Zweifel daran, dass Russland tatsächlich die große Auseinandersetzung mit dem Westen sucht.

Ob sich Putin dann auf das Baltikum oder andere frühere Sowjetrepubliken „als Testballon“ beschränkt, ist ungewiss. Wenn wir keine Wehrhaftigkeit zeigen, gibt es für Putin keinen Grund mehr, vor einem Angriff auf die Nato zurückzuschrecken.

Putin gehe es darum, die alte Macht und Herrlichkeit des Großrussentums wieder zu etablieren, warnt BND-Chef Kahl. Er sei der festen Überzeugung, „dass das Kriegsziel Russlands sich nicht in Territorialansprüchen gegenüber der Ukraine“ erschöpfe. Es gehe hier um etwas Größeres: Es geht um die Revision des Status quo. Der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes warnte davor, dass sich eine solche Gewaltbereitschaft in der Außenpolitik durchsetze und Europa davor kapituliere.

Es gibt Befürchtungen innerhalb der Nato-Führung, dass Russland bereits Angriffe auf verschiedene europäische Ziele, einschließlich Deutschland, plane. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Nato nur über einen Zeitraum von drei Jahren verfügt, um ihre Verteidigung gegen eine potenzielle russische Offensive auf das Bündnisgebiet zu stärken.
Generäle aus den Niederlanden, Deutschland und den USA äußern die Befürchtung, dass die Armee von Wladimir Putin hinter den Frontlinien zuschlagen könnte, um die zivile und militärische Infrastruktur, die für die Aufrechterhaltung der Kriegsanstrengungen unerlässlich ist, zu zerstören.

„Wir müssen davon ausgehen, dass ein Aggressor das gesamte Spektrum der Gewalt einsetzen wird, um Kommunikationslinien auch im rückwärtigen Bereich zu zerstören“, erklärte Nato-Generalleutnant Alexander Sollfrank in Ulm gegenüber der britischen Times. Das reiche von Sabotageakten über Cyberangriffe bis hin zu Raketen und Drohnen. Darauf sei man kaum vorbereitet.

Ein kürzlich aufgetauchtes Geheimdokument der Bundeswehr zeichnet ebenfalls ein beunruhigendes Bild des Ukraine-Krieges. Es beschreibt zunächst eine hybride Kriegsführung mit russischen Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur des Westens und die gesellschaftliche Destabilisierung der osteuropäischen Staaten durch Falschinformationen und Aufstachelung im Internet. Unter dem Deckmantel von Militärmanövern könnte Russland dann seine Exklave Kaliningrad aufrüsten. Schließlich könnte ein von Russland provozierter „Grenzkonflikt“ zu Kampfhandlungen mit Litauen und Polen führen.

Eines von vielen Hindernissen für Verteidigungspläne gegen Angriffe aus Russland sind die Bestimmungen, die den Austausch und Transport von militärischen Mitteln nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch innerhalb Deutschlands einschränken. Der Transport von militärischem Personal und Material über Grenzen hinweg erfordert auch innerhalb der Europäischen Union und des Schengenraums ein Genehmigungsverfahren.

Auch hier ist uns Russland deutlich überlegen.
Wir haben keine Zeit zu verlieren! Wir müssen unsere Wehrhaftigkeit erhöhen, müssen unsere Gesellschaft befrieden und eng mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten. Wenn wir diesen Dritten Weltkrieg verhindern wollen, müssen wir JETZT handeln!“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Slava Ukraini!

Who’s that Boy? Wer ist Julian Assange?

Um es gleich vorweg zu sagen: Assanges Enthüllungen über Kriegsverbrechen der US-Army im Irak bleiben nach wie vor verdienstvoll und für diese Art von journalistischer Arbeit darf er nicht verurteilt werden. Aber es bleiben in anderen Fällen erhebliche Fragen. Assange hat massiv Menschenleben gefährdet, so lautet einer der Vorwürfe gegen ihn, auch von Journalisten, er hat 2016 im Wahlkampf Clinton gegen Trump dem Regime Putins und Trump zugearbeitet. Assange und Wikileaks brachten viel über die USA und wenig über das totalitäre Rußland seit Putins Machtübernahme seit seiner ersten Amtszeit 2000 und seinem verbrecherischen Regime, das von Anfang an mit seiner „Regierung“ verbunden war – Stichwort: Morde an Oppositionellen wie Anna Politkowskaja, den Anschlägen auf Wohnblöcke durch den russischen Geheimdienst, um den Tschetschenienkrieg in Gang zu bringen: oder auch die Gaserpressungen gegen die Ukraine im Jahr 2008: hier schwieg die Plattform, hier schwieg Assange. (Zumindest sind mir hier keine Dokumente bekannt, wenn es sie gibt, korrigiere ich mich hier gerne.) Zudem: Wer damals im US-Wahlkampf 2016 solche Details veröffentlicht, wie geleakte Mails von Clinton, der weiß, was er tut und er weiß auch, warum er es tut, so meine These. Einige interessante Überlegungen zum Fall Assange las ich auf der Facebook-Seite von Frank Merten bzw. von Grga Jelačić Gargamel:

„Wagenknecht versucht Assange zu einem westlichen Nawalny zu stilisieren. Dabei hat Assange mit seinen Leaks unermessliches Leid über belarussische Oppositionelle und afghanische Informanten gebracht und interessanterweise nie irgendetwas gegen Russland veröffentlicht.

Unter den Hunderttausenden geleakten und von Assange veröffentlichten Dokumenten gibt es kein einziges, das irgendjemanden der russischen Regierung gefährden würde, weder Einzelpersonen noch Unternehmen.

Im Jahr 2012 weigerte sich der „Held der modernen Welt“, geleakte Daten zu einer zwei Milliarden Euro schweren Transaktion zwischen Assad und einer russischen Regierungsbank zu veröffentlichen.

Im Jahr 2016 weigerte er sich, russische Geheimdienstunterlagen über die Beteiligung des russischen Militärs und der Geheimdienste in der Ukraine zu veröffentlichen, mit der Begründung, dass „die Quellen nicht glaubwürdig“ seien, während alle anderen Quellen völlig glaubwürdig seien.

Könnte es sein, dass sie mit Hilfe russischer Dienste gesammelt wurden?

Er weigerte sich, denjenigen Teil der „Panama-Papiere“ zu veröffentlichen, die die korrupten Aktivitäten russischer Oligarchen aufdecken.

Er veröffentlichte vertrauliche Informationen über afghanische
Nato-Informanten, die von den Taliban daraufhin hingerichtet und gefoltert wurden.

Er veröffentlichte vertrauliche Informationen über Regimegegner in Belarus, die ebenfalls inhaftiert oder getötet wurden.

Viele fragen sich noch heute: Für wen arbeitet er?“

Ähnliche Bedenken finden sich auch bei Michael Hanfeld in einem Kommentar in der FAZ vom 18. Juni 2022:

„Assange hat mit Wikileaks zur Aufklärung von Verbrechen der amerikanischen Armee beigetragen, er hat aber auch wahllos Daten über den Krieg in Afghanistan ins Internet gekippt, damit möglicherweise Menschen gefährdet und sich mit seinen Mitstreitern – Investigativredaktionen von Medien aus der ganzen westlichen Welt – überworfen, die erst prüfen und dann veröffentlichen wollten. 2016 hat Assange Material über die demokratische Partei und den Wahlkampf Hillary Clintons verbreitet, das aus russischen Quellen stammt – angeblich von Hackern, wahrscheinlicher vom russischen Geheimdienst. Assange gefiel Putin und Donald Trump, der plötzlich ausrief: „Ich liebe Wikileaks!“

Nichts Belastendes zu sehen war bei Wikileaks über Putins Regime und das, obwohl, wie eine anonyme Quelle der Zeitschrift „Foreign Policy“ sagte, Assange in der Zeit des amerikanischen Wahlkampfs 2016 reichlich Material über Korruption im Kreml zugespielt wurde. Wer auf geheimes Material über Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine hofft, braucht auch nicht auf Wikileaks zu setzen. Das hat Wikileaks nicht auf dem Zettel. Die Agenda von Assange, der 2012 eine Talkshow bei Russia Today hatte, konzen­triert sich auf die USA. Wer ihn für einen Helden der Pressefreiheit hält, sollte einmal genau hinsehen.“

Hier wäre unbedingt zu prüfen, ob solche Vorwürfe zutreffen. Wenn das der Fall ist, dann spricht dieser Befund eine deutliche Sprache und die geht gegen Assange dann. Eine gewisse Einseitigkeit in der Durchführung und in der Darstellung läßt sich zumindest bei Assange nicht leugnen. Mich erinnert solches Vorgehen dann doch sehr an Verschwörungsunternehmer wie Daniele Ganser, Ken Jebsen oder Dirk Pohlmann. All das freilich, selbst wenn es zutrifft, ändert nichts daran, daß diese Art von Umgang mit Assange für einen Rechtsstaat unwürdig ist. Ein Hochsicherheitsgefängnis mit Isolationshaft, sofern diese Angaben stimmen, ist in einer Demokratie kein Ort für einen solchen Gefangenen. Daß sich Assange allerdings vor einem Gericht verantworten muß, halte ich ebenfalls für richtig. Wer derart Menschenleben gefährdet und auch in einen US-Wahlkampf eingreift, muß sich das auch juristisch und nicht nur politisch zurechnen lassen. Für die Details sind hier die Juristen zuständig. Uns als Laien entzieht sich solch ein komplexer Fall – zumal wir in Deutschland in der Regel kaum und besonders gut mit dem US-Rechtssystem vertraut sind.

Was nun den Menschen Assange anbelangt: Jemand kann Held und Übeltäter in einem sein. Das eben ist die Ambiguität von uns Menschen. Im Recht sein und doch Unrechtes tun – wir kennen dies prominent in der Literatur, wenn wir Heinrich von Kleists großartigen „Michael Kohlhaas“ lesen: ein Mann, der uns anfangs hoch sympathisch war und denn wir doch zunehmend auch mit einem Grauen betrachten.

Dennoch und trotz solcher Ambiguität: vielleicht kann ein Staat wie die USA in diesem Fall und wie bei Chelsea bzw. Bradley Manning am Ende Gnade vor Recht ergehen lassen. Assange hat lange genug in Gefängnissen gesessen. Ihm wurden, wie in Schweden die mutmaßliche, angebliche Vergewaltigung, Dinge angehängt, wo wir vermuten können, daß es sich hier weniger um eine Straftat, sondern eher doch um „Rattenficken“ handelt, um „Dirty Tricks“ von US-Geheimdiensten. Und es handelt sich bei Assange eben nicht nur um eine juristische, sondern auch um eine politische Dimension, wenn auch in großen Teilen eine höchst fragwürdige, was Assanges Einmischung in den US-Wahlkampf und die Einseitigkeit der Enthüllungen anbelangt, die Rußland und China weitgehend außen vor läßt. Zudem: Wer, wie sehr viele Assange-Freunde und -Unterstützer, dem freien Westen immer wieder vorwirft, daß er seine eigenen Standards nicht einhält, aber niemals wirklich darauf hinweist, daß solche Standards in Diktaturen wie Rußland und China niemals möglich waren – Rußland hatte allenfalls ein kleines Zeitfenster in den 1990er Jahren -, der muß es sich gefallen lassen, daß man ihm doppelte Standards und eben auch ein Spiel mit gezinkten Karten vorwerfen kann. Und in diesem Sinne ist die Causa Assange zudem eine völlig andere als die von Nawalny, als er noch lebte.

Auf Facebook kommentierte es Petra Seeger sehr treffend:

„Ich hielt Assage immer für einen Guten … bis er massiv mit Hilfe Putins in den US- Wahlkampf eingegriffen und dafür gesorgt hat, dass Trump kurz vor dem Rededuell (Amt-Emails auf privatem Server) Munition gegen Hillary Clinton in die Hände bekommt.
[…]
Egal, auf jeden Fall haben wir Assange Leaks (und Putin, der dafür mitsorgte, dass er sie bekam) zu diesem Zeitpunkt zu verdanken, dass Trump Präsident wurde. Assage ist hochintelligent. Er wusste, welche Folgen diese Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt haben würde.
Unverhältnismäßig und unverzeihlich! Was hat er sich dabei bloss gedacht und davon versprochen??? Was hat ihn geritten? Er wird es schon 1000x bereut haben.
Weder Putin noch die Amerikaner haben ein Interesse daran, dass er noch jemals dazu den Mund aufmacht. Letztendlich war er ein nützlicher Trottel, denn er badet es seitdem aus.

Er hat damit unfassbar viel Leid ausgelöst und bekommt dieser schwergestörte Trump eine zweite Amtszeit, dann ist das eine Spätfolge seines Handeln.
Aber was wäre eine Strafe? Ihn lebendig verrotten zu lassen, um ihn mundtot zu machen … Das ist die Gangart eines Putins, aber nicht einer Demokratie.“

Mein Fazit: ich bin mir in der Sache Assange lange nicht mehr so sicher wie noch vor ein paar Jahren, ob da nicht durchaus auch ein Mensch zu recht angeklagt wird. Denn kein Staat der Welt kann Geheimnisverrat durchgehen lassen – schon gar nicht, wenn dadurch Menschenleben gefährdet oder Wahlen manipuliert werden. Andererseits ist ein solches Strafmaß, wie es ihm in den USA droht, völlig absurd und unangemessen. Insofern ist es richtig, daß die Leute für die Freilassung von Assange protestieren. Und um es auf den Punkt zu bringen: der freie Westen sollte das Gebot der Gnade kennen. Dies eben unterscheidet uns von faschistischen Diktaturen wie Putins Rußland, die ihre Gegner einfach in KZs und in Straflager auf Jahrzehnte einsperren lassen oder sie dort ganz einfach umbringen und totschlagen, so wie bei Nawalny.

Quelle: Wikipedia: Copyright: David G. Silvers, Cancillería del Ecuador – https://www.flickr.com/photos/dgcomsoc/14933990406/
Julian Assange during a press conference attended by international media
CC BY-SA 2.0