Ich brauche das Bier heute wie gestern, es ist wie Valium. Wenn abends noch die Sinne wirr sind und laut im Durcheinander tönen. Wenn ein nicht mehr junger Mann eine Stunde in einer Winternacht auf einer Straße irgendwo in Berlin steht, in der Hand ein Telefon, in das er spricht, eine Flasche in der anderen Hand und die Photoausrüstung über der Schulter. Zwei Uhr nachts. In einer Nebenstraße von Berlin, während aus dem Imbiß das Geräusch von Musik dringt und eine Stimme im Telefon spricht, dieser wunderbare Klang. Und es fröstelt mich in der Kälte dieser Nacht, unter dem Himmel, der sternenklar ist (wenn ich denn in der Großstadt die Sterne sehen könnte), aber das ist mir egal, denn ich bin elektrisiert. Der Schuljunge, der junge Mann im zweiten Semester. Diese Stimme, ich verglühe in die Nacht. Ich möchte jetzt eine Zigarette rauchen.
Ich trinke heute wieder ein Bier, denn nach der Losung des Gurnemanz im „Parsifal“ kann nur der Speer, der die Wunde schlug, diese heilen. Bier hilft gegen Bier. Ja, hier gilt’s den preziösen Verzückungsspitzen der feinen Sentenz. Wir, die Wissenden: denn schon Tocotronic sangen es:
„In mir//Brennt das ewige Feuer//In mir//Kalt, modern und teuer//In mir//strahlt das ewige Licht//In mir//Doch dahinter gibt es nichts“ Dahinter ist der Text, die Phantasie und jegliche Imagination. Frei vom Phantasma.
Läßt sich die Elektrisierung im Denken zurücknehmen? Wenn die Verbindungen der Synapsen irgendwelche Stoffe freisetzen?
Eine müde, erschöpfte Leere überfällt den Bewohner des Grandhotel Abgrund. Aber eine solche wie nach einer großen Tat und als tiefe Intensität. Nachts in Berlin, irgendwo auf der Straße, und die Martinshörner der Einsatzwagen tönen. Ausfallschritte. Die Tonfas liegen leicht in der Hand. Laufen, Stimmen. Dann die Schüsse. Sie treffen immer ins Herz. In dieser Stadt zumindest.
Das Spiel beginnt, und es muß sich in die Wirklichkeit entladen: doch dahinter – all die Türen und die Schatten und das Licht. Das gleißende.
Der Karneval ist auch der Kritischen Theorie nicht fremd, wie geneigte Leserin und werter Leser dem Bild zur Linken entnehmen können. Und so rufe ich insbesondere meinem Blogger-Kollegen Hanneswurst ein fröhliches „Düsseldorf Alaaf“ zu, wie wir Rheinländer und Düsseldorfer lauthals zu intonieren pflegen und zeige einige Photographien, die ich gestern auf einer solchen Veranstaltung schoß. Eigentlich wollte ich eine weiße Jeans mit einem schwarzen Hemd tragen, dazu meine Englandjacke. Entweder die weiße oder die schwarze. Dazu vielleicht noch ein Schildchen: Wir lieben Bomber Harris und gefakte Polit-Aktionen von Anne Helm (Es geht nichts über Anitfaschismus als Showveranstaltung fürs eigene Ego, mit betroffener Geste inszeniert als verfolgte Unschuld: Helm paßt zu den Knallchargen Julia „Klick mich“ Schramm und Michael „Die Ulk-Nudel“ Seemann: So etwas kommt heraus, wenn einer in Lüneburg Kulturwissenschaften studiert.) Ich zog dann aber die schwarze 501 über und das hellblaue Hemd, dazu die schwarze Lederjacke, die kurz unter der Taille endet. Es ging einfach nicht anders. Als Schuhe meine Outdoor-Poser-Schuhe, wie der Verkäufer bei Jack Wolfskin (die mit der Tatze!) abwertend zum besten gab, als er sie mir verkaufte. Die Dialektik von Wesen und Erscheinung ist eine komplexe Angelegenheit. Ob man diesem Unterschied auch an der Universität Lüneburg lernt?




















