Farewell Pete Seeger … Fetzen einer Erinnerung in den Siedlungen der Hochhäuser jener Trabantenstädte in den frühen 70ern

Soeben lese ich auf meinem Krankenlager diese Meldung: Pete Seeger ist tot. Nicht daß dies meine Musik wäre – ich bin gegenüber Protestsongs eher skeptisch, weil es das Einerlei des monotonen Mitsingens bedeutet und weil ich Gruppensitzungen verabscheue. Protestlieder dienen, wie die ewig-unvermeidliche Klezmer-Musik der Nicht-Juden zum 27. Januar, der Wohlwühlbefindlichkeit: diese unmenschliche Menschlichkeit, die sich an alles und nichts heranschmeißt. Adorno hat zu solcher Protestmusik einiges Kluges gesprochen. Ich schrieb dazu an dieser Stelle etwas und zeigte das Video.

pete-seeger-we-shall-overcome Dennoch gehört Pete Seeger zu meiner Biographie und prägte den Blick und das Gehör, erzeugte im Rückblick gar eine Art von Synästhesie. Und das kam so: Irgendwann brachte meine Mutter Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre eine Platte mit nach Hause. Das Bild dieser Platte vergesse ich nie, weil ich immerzu  darauf schaute: Die Männer auf der Cover-Photographie, die da im Konzertsaal standen und fremd aussahen, die Schrift, die Bildanordnung und das Logo von CBS auf dem Orange des Platten-Labels. Dieser Tonträger war eine Live-Aufnahme aus der Carnegie Hall – ein Konzert von 1963. Darauf sang ein junger Mann mit klarer deutlicher Stimme. Diese Musik spielte meine Mutter, die ansonsten eher unpolitisch sich verhielt, weil sie Mitte der 60er, Anfang der 70er bis hin in die 80er, als der Betreiber dieses Blogs groß, stark und erwachsen wurde, mit dem Erziehen zweier Kinder und dazu noch der Erwerbsarbeit beschäftigt war, rauf und runter, immer wieder.

Und ich fragte sie, wissbegierig wie ich war, was das für Musik sei, die sie so gerne und so oft hörte. Das erzählte sie mir. Von der Rassentrennung in den USA, daß Schwarze im Bus hinten zu sitzen hatten („If You Miss Me From the Back of the Bus …“), und dem Wunsch der Menschen nach Freiheit und Gleichheit. Ich mochte diese Musik, sie hörte sich schön an, klang harmonisch und freundlich, so fand ich es als Kind, deshalb beschloß ich, daß auch Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit irgendwie wichtige Dinge im Leben sein müßten und die Trennung nach Rassen dumm sei. (Auch die Trennung nach Geschlechtern. Besonders beim Sportunterricht hielt ich diese Aufteilung in den Umkleidekabinen für falsch. Ich wäre lieber bei den Mädchen gewesen, um ihnen zuzusehen, wie sie sich ihre Jeans aus- und ihre knappem Sportshorts anzogen. „Aisthesis“, dachte ich bei mir, „pure Aisthesis. Wenn es später einmal in den 90ern Internet und Blogs gibt, werde ich meinen Blog so nennen, in Erinnerung am all diese zarten Mädchenbeine, die Oberschenkel und den Ort, wo sie mündeten“, so dachte ich mir damals in der Jungensumkleidekabine des Gymnasiums, und wünschte mich fort von hier. Aber das ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört.)

So kam Pete Seeger in mein Bewußtsein durch eine Schallplatte, die meine Mutter eines Tages Ende der 60er Jahren oder Anfang der 70er Jahre nach Hause mitbrachte. Dieses Plattencover, auf das ich nun (als Reproduktion) blicke, wirkt auf mich wie eine kleine Madeleine oder wenigstens wie eine Reise: Das Bild weckt die Erinnerungen an jene Zeit. Synästhesiezustände, in denen der Geruch eines Zimmers vorkommt, die Gestik der Mutter, wie sie sich mit den Fingern durch das lange schwarze Haar strich und in ihrer Haushaltskleidung laut diese Musik hörte, die gedeckten Farben der Tapete aus den 60er Jahren in jenem Wohnzimmer, in dem sich der Dual-Plattenspieler sowie die Plattensammlung meiner Eltern samt einer orangefarbenen Sofagarnitur aus Cord und einem eigentümlichen Wohnzimmerschrank befanden. Später dann, als ich zu tatsächlichem politischen Bewußtsein erwachte und irgendwann in den späten 80er Jahren im Grandhotel Abgrund einen komfortablen Ort für die bestimmte Negation und die Anti-Affirmation des Bestehenden fand, kam mir diese Musik eher kitschig und sentimental vor. Das war sie natürlich, nach musikalischen Gesichtspunkten betrachtet, auch. Dennoch blieb dieser Rest haften und wenn ich „What Did You Learn In School?“ hörte, hatte ich damals schnell den Text verstanden, obwohl ich in diesen jungen Jahren als 6- oder 7-Jähriger im Grunde noch gar nichts verstand. Thanks for this!

22 Gedanken zu „Farewell Pete Seeger … Fetzen einer Erinnerung in den Siedlungen der Hochhäuser jener Trabantenstädte in den frühen 70ern

  1. Nachtrag: Ein kleiner, feiner, sehr schöner Nachruf auf Pete Seeger wurde heute auf 3sat Kulturzeit ausgestrahlt.

    http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/174697/index.html

    Vielleicht findet sich ebenfalls in der Bloggosphäre jemand, der kompetent zu Musik und Politik, insbesondere zur Folkmusic, zur Musik der sogenannten einfachen Leute etwas schreibt. Ich selber kann es nicht, weil ich da nicht kompetent bin. Es sind dann eben andere gefragt, um diesen Musiker zu würdigen.

  2. eine Legende besagt, dass Woody Guthrie dieses Stück in San Franzisco (oder so) hörte und später aus dem Gedächtnis seine Version aufnahm. aber ich bin auch kein Experte …

    bei 0:52 siehst Du übrigens – an der typischen Form erkennbar – eine „Martin“. eine Gitarre und ebenfalls eine Legende. wenn mich nicht alles täuscht, benutzte Elvis ebenfalls eine.

  3. ich glaube, hier dürfen wir auch die berühmten Jug Bands, die sich in den 20ern einen Namen machten, nicht vergessen, und an denen sich spätere Skiffle-Bands orientierten. Die frühen Beatles spielten sich schon auf diese Weise die Finger blutig. summacumlaude erwähnte übrigens bei mir drüben neulich sogar Jimi Page (Led Zeppelin). Ein paar der berühmtesten Beispiele:

    Die Memphis Jug Band:

    Und hier:

    Ein Link, wie die „Lyrics“ gegangen haben sein mögen.

    Solche Schüttelreime kann man natürlich endlos weiterspinnen: „You got a nickle I got a dime, together we can by some cherry wine, hey-hey, baby have a whiff on me“, oder: „I got a woman she´s six foot tall, sleeping in the kitchen whith the feet on the wall, hey-hey …“; „I chewd tobacco spit the juice, love my woman till It ain´t no use, hey-hey, baby have a whiff on me!“

    Whiff ist übrigens ein „Schnupf“. Und btw: gute Gesundung! Auf den Bildern erkennst Du übrigens immer wieder die legendäre „Martin“.

  4. ok., der (noch?) nicht freigeschaltete Kommentar (womöglich, weil da ein paar unanständige Wörter drin vorkommen …), diese Musik ist für mich wie ein Schneckenhaus, in dem ich mich verkriechen und in Embryostellung ausharren will. Ich könnte mich in diese Musik hineinkriechen. Das muss der Lehrer, Woody Guthrie, von dem Betrauerten gehört haben, der ihm diese Botschaft weitergab. Es sind hier alles nur Legenden, denn niemand dachte daran, das genau aufzuschreiben.

    Aber wenn Du bei Woodys Version von „House Of The Rising Sun“ mal genau hinhörst, dann stellst Du fest, dass das einfach nur eine normale Blues-Form ist. Vielleicht meldet sich ja nochmal der altebolschewik hier. So höre ich es jedenfalls. … Es ist ein Mythos, dass der Blues eine rein schwarze Musik ist …

  5. … sollte natürlich heißen, dass es der Lehrer, Woody, es gehört haben muss, um es an den Betrauerten weiterzugeben. Jetzt aber wieder (für mich jedenfalls) wieder Sound …

  6. Ja, vielen Dank für die zahlreichen Musikstücke, die ich mir anhören werden. (Wenngleich ich eben kein Experte der Musik bin und mich deshalb nur vorsichtig äußere. Um einen Text über X oder Y zu schreiben, sollte man von der Sache schon ein wenig verstehen: sei das Hartz IV (über diesen Seeliger-Dummbatzdreck kann ich mich immer noch ärgern, weil insbesondere in Berlin von den Behörden im Moment wieder knallhart sanktioniert wird), über Philosophie, Adorno oder Theorie der neuen Medien. Das beherzigen insbesondere in der Blogosphäre einige und einigInnen nicht sehr. Um nicht zu sagen: gar nicht.)

    Kommentare sind bei mir gesperrt, wenn sie mehr als zwei Verlinkungen enthalten.

  7. als ich mal beantragte, mussten wir, also Familie und ich, die Hosen runterlassen. Ersparnisse, Versicherungen, Grundbucheintrag – alles … Die Verwaltungsrechtlerin, die wir befragten, sagte, in Hamburg seien die relativ locker. Ehrlich, meiner letzten „Fallmangerin“ wollte ich gerade einen Heiratsantrag machen, doch dann stellte sich heraus, dass die ein unbezahltes freies Jahr genommen hatte, um sich in einem sozialen Projekt in Kenia zu engagieren. Ich gehe davon aus, dass die nicht alleine zurückkommen wird, die Heirat kann ich also wohl vergessen. Rate mal, wo ich gerade anzurufen versuche … Es wird auch hier etwas härter. Welche Labsal dagegen, nach Jahren mal wieder die alten Jug Bands zu höhren. Danke, dass Du über den Verweis auf Pete Seeger mich drauf gebracht hast !!

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  9. Ja, die Zeiten werden härter. Von Fall zu Fall. Es ist auf den Arbeitsämtern und den Bittstellerbußgangbehörden, wo man sich seinen Bescheid oder seine Sanktionierung des nach einem Wirtschafts-Kriminellen benannten Geldes abholen kann, wie mit den Terrorwarnungen der USA. Mal wird hochgefahren, dann wieder herunter. Mal harte Sanktion, dann wieder keine.

    Mit der verlinkten Musik kann ich jedoch wenig anfangen und es fällt mir dazu nichts ein.

  10. Witzig war es jedoch, als ich alle drei Stücke auf YouTube gleichzeitig abspielte. Ich glaube, so ist es richtig.

  11. aber das waren – während ich hier Bach-Serenaden fürs Cello abspiele – die absoluten Underogs, die diese Musik spielten, ich habe vor diesen Leuten DEN ALLERHÖCHTEN Respekt !

  12. „Vielleicht findet sich ebenfalls in der Bloggosphäre jemand, der kompetent zu Musik und Politik, insbesondere zur Folkmusic, zur Musik der sogenannten einfachen Leute etwas schreibt. Ich selber kann es nicht, weil ich da nicht kompetent bin. Es sind dann eben andere gefragt, um diesen Musiker zu würdigen.“

    Meine wärmste Empfehlung: How Can I Keep From Singing?, geschrieben von Robert Rotifer. Überaus kenntnisreich, sowohl im musikalischen Sinne als auch bezüglich biografischer Details über den Künstler wie der gesamten Zeitgeschichte, in der Pete Seeger gewirkt hat. Was ich an Rotifer mag (ich finde alle seine Artikel über Musik empfehlenswert, auf dem fm4-Blog findet sich z.B. ein grandioser Text über das musikalische Nachbeben nach Nelson Mandelas Tod): Bei allem Kenntnisreichtum, aller Faktenbreite und -tiefe lässt er den Leser auf sehr lebendige, pulsierende Weise teilhaben an dem, was ihn persönlich an der besprochenen Musik bzw. dem Musiker fasziniert; er schafft keine (mich bei Musikkritikern oft nervende) Distanz, sondern bringt die Kunst nahe und gibt der Beschäftigung mit dem Genre etwas Intimes. Dafür – als Musikliebhaberin – liebe ich ihn. Viel Freude beim Lesen!

  13. Danke für Deinen Hinweis auf diesen kenntnisreichen Text. Insbesondere die Passage zu „We shall overcome“ hat mich lächeln lassen, da ich dies selber in meinem Beitrag – fast – geschrieben hätte: Erst die sanfte Stimme von Pete Seeger, dann der Chor der Mitsängerinnen und -sänger, die diese Zeilen dann gemeinsam singen. Das blieb seinerzeit auch bei mir als Kind eindringlich haften, und ich fand diese Art des Singens in einer schwer zu bestimmenden Weise großartig. In der Schule wurde mir dann jede Musik systematisch ausgetrieben. Und ich wollte niemals mit diesen Mitschülern gemeinsam auf Kaperfahrt fahren, und die Pest an Bord wollte ich erst recht nicht haben. Außer dann, wenn alle Mitschüler auf dem Schiff und ich am Landgang auf Madagaskar wäre.

    (Eine Bloggerin, die mit dem Bloggen aufgehört hat, bist Du also. Das ist schade. Ist Bloggen nicht auch Sucht und Droge?)

  14. Diese Kultur des Mitsingens – Pete Seeger hat es ja meisterhaft verstanden, die Worte des gleich folgenden Chorus in die Menge zu rufen und das Publikum sofort, aber wirklich sofort zum Einsteigen zu bewegen – und Gemeinsamsingens würde neulich in einem sehr persönlich gehaltenen amerikanischen Nachruf auf Seeger thematisiert: Der Autor erinnert sich, wie er und seine Kumpels auf jedes Konzert von Seeger stürmten – nicht etwa Seegers wegen, wie er freimütig bekennt, sondern „um uns selbst singen zu hören“. Großartig, oder?

    Hier noch was zum Mitsingen:).

    „Ist Bloggen nicht auch Sucht und Droge?“ Ja freilich. Eben drum. Cold Turkey halt. Schmerzhaft und befreiend, wie jede Rosskur.

  15. also, ich weiß nicht. ich, als dilettierender Musiker habe nachgefragt, denn alle meine Freunde sind z.T. professionelle Musiker. Selbst der Kerl, der mit 13 seinen ersten Auftriff mit ner Blues Band in Brasilien hatte – keiner kannte (die Musik von) Pete Seegers. Ich telephienrte es durch, was ich oben verlinkte und was ohne Zweifel auf Woody Guthrie Wirkung ausgeübt haben muss. Natürlich erkannte der betreffende das eine oder andere, denn keine geringere als Janis Joplin bezog sich auf dieses Material. aber wer war noch mal Pete Seegers? keine Ahnung, jedenfalls musikalisch. ich gebe ja alles zu, ich bin ein Dilettant, aber in musikalischer Sphäre hat Pete Seegers nullkommanix Nachhall gefunden. Das Schiksal des politisch engagierten Musikers.

  16. Ja, der Entzug. Er ist ebenfalls wie eine Droge: Berauschend. Im Nichts. Die Tage ohne den köstlichen Riesling, den wunderbaren Bordeaux, den Spätburgunder sind harte Tage, aber sie sind zugleich herrlich einprägsam und intensiv. Im Schreiben: rein bei sich, ohne Ablenkung, Wie das Weiß des Schnees. Ich habe viel für den Entzug übrig. Mein Blog kreist um die Themen Entzug, Fragment, Melancholie, Schleierspiel, Verhüllung.

    ____

    Pete Seeger hat sich in der Musik sicherlich nicht durch originäre Kompositionen oder durch besonders Ausgefallenes hervorgetan. Aber er war ein Sammler, der sich auf eine Tradition bezog, die zu vergessen drohte: das Volkslied, und zwar nicht das, was für die national-konservative Tümelei gebraucht wird, sondern in einem guten Sinne von Heimat, der nicht auf der Ausschließung beruht.

    Ansonsten kann ich aber musikalisch zu Seeger nichts schreiben, weil ich mich da nicht auskenne.

  17. Über die radikale Dimension seiner Musik ein netter Artikel: https://www.jacobinmag.com/2014/01/the-sound-of-the-small-c/

    Dies dürfte dem Blogbetreiber zwar wohl zu weit gehen: „In fact, as Mat Callahan argues in The Trouble With Music, Seeger saw his work with folk music as complementary to radical cultural theorists and composers such as Eisler, Theodor Adorno, Max Horkheimer.“

    Aber es ist tatsächlich interessant, dass „Folk“-musik, wie wir sie heute kennen, scheinbar schon immer gar nicht traditionell war, sondern modern. Pete Seeger kam aus einer hochgebildeten Familie klassisch trainierter Musiker (steht glaube ich auch in dem Artikel) – und die Arbeiterbewegung glaubte, proletarische Musik seien Chörgesänge wie aus europäischen Gewerkschaftsvereinen.

    In jedem Fall ist der Tod von Pete Seeger eine gute Erinnerung daran, dass die weißen Wurzeln der Bürgerrechtsbewegung in Amerika kommunistisch waren. Was immer an den amerikanischen Kommunisten falsch war (zum Beispiel ihr naiver Stalinismus), dies ist ein Verdienst – und eben auch von Pete Seeger, der nicht nur im Angesicht des McCarthyismus prinzipienfest blieb (bis 1964 Auftrittsverbot im ganzen Land!), sondern scheinbar sein ganzes Leben, noch als Greis in Zucotti Park.

  18. ja, aber als Dilettant, der ausschließlich Musiker zu seinem Freundeskreis zählt, würde ich jeden/jede dazu ermutigen wollen, seiner/ihrer Intuition zu folgen und aus Spaß mal genauer hinzuhöhren, wenn es sich nun mal ins Ohr hineinbohrt. Man soll mit seinen Pfründen wuchern, wir haben nun mal unsren Geist, ein Gottesgeschenk, der aber geübt sein will, und das tun selbst die dümmsten Menschen, indem sie etwa die aktuelle DVD von beispielsweise „Breaking Bad“ auch mal auf englisch schauen, aber mit deutschen Untertiteln, kenne solche Leute; genauso ist uns ein musisches Talent gegeben und es wäre – jetzt klinge ich etwas fundamentaslistisch – eine Sünde gegen Gott, es nicht zu gebrauchen oder es zu üben.

  19. @ Surajprasad
    Ich bin bei diesem politischen Aspekten, wo es relativ unmittelbar zugeht, eher skeptisch. Dennoch schätze ich Seegers Haltung. Der Stalinismus kam mit anderen Zeichen in den 50ern eben auch in die USA. Was das musikalische Element betrifft, vom Chorgesang bis zu Eisler höre ich gerne zu und freue mich über Neues.

    @ ziggev
    Du weißt schon, daß man mich den Taliban der Kritischen Theorie nennt. Und wie jene mit der Musik verfuhren dürfte bekannt sein. Genau hinzuhören, hinzusehen, hineinzulesen und zu blicken kann freilich niemals schaden. Das sich in den Text versenkende Moment kommt in den Digitalgewittern häufig zu kurz. Den meisten fehlt der lange Atem und die Konzentration auf den komplexen Text. Das ist schade. Nicht für mich. Aber für die anderen.

  20. Nein, sicher, das war nur der eine Aspekt, den ich an den Erinnerungen an Pete Seeger interessant fand, die Erinnerung daran: es gab (und gibt) eine sozialistische Tradition in den USA. Als Person bedeutet er mir (trotz Respekt für seine Position, aber eben aus der Ferne) rein gar nichts, von der Musik ganz zu schweigen. Ich finde in dem neuen Film der Coen Brothers ist die Nachkriegszeit-Folkmusik sehr passend dargestellt, nämlich karikiert. So muss einem doch heute diese Musik erscheinen: ein bisschen lächerlich, ein bisschen wütendmachend simpel im Geiste. Noch schlimmer stelle ich mir das deutsche Liedermacherrevival vor, so bauernromantisch… Erstaunlich nur, dass Blues so anders ist und selbst heute noch berühren kann. Vielleicht auch wegen dem was daraus geworden ist – die Jug Bands zum Beispiel inspirierten den elektronisch verstärkten und verzerrten Jug von Roky Erickson: In wirklich jedem Lied der 13th Floor Elevators findet sich dieses merkwürdige, schwer einzuordnende Geräusch im Hintergrund, eben ein elektrischer, psychedelischer Krug.

  21. Surajprasad, I agree,

    dass ein folksmusikartiger Stil, genannt ‚Blues‘, mittlerweile fast hundert Jahre alt, mich heute dennoch immernoch so seltsam berühren kann, finde ich nicht wenig erstaunlich.

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