Während alle Menschen auf der Buchmesse in Frankfurt durch Gänge und Räume schreiten, schweben, schniefen oder hasten, um Attraktionen, Bücher und Menschen zu bestauen oder sich für ein Europa begeistern, daß in meinen Augen eher die Gestalt des schrecklichen Jean-Claude Juncker angenommen hat, was ich sehr schade finde, denn eigentlich ist Europa eine gute Idee, lesen die meisten vermutlich keine (Bücher)Blogs, sondern sammeln Eindrücke oder schreiben über Messewichtiges.
Immerhin ist mir Robert Menasse über die sozialen Medien etwas näher gekommen. Ich mochte eigentlich sein Europa-Buch weder mir besorgen, noch lesen. Aber dann fand ich bei Facebook dieses Zitat, mir behagend, mein Humor, allerdings aus einem früheren Roman, Don Juan de la Mancha, was ja allein von der Titelwahl schonmal gut begeisternd sich ausnimmt, und erst recht dann diese amüsante Preziose:
„Die Schönheit und Weisheit des Zölibats verstand ich zum ersten Mal, als Christa Chili-Schoten zwischen den Händen zerrieb, mich danach masturbierte und schließlich wünschte, dass ich sie – um es mit ihren Worten zu sagen – in den Arsch ficke.“
Also keine Messe, kein Menasse, oder besser: Menasse später. („Robert Menasse, den ich hasse/ doch bei Menasse Eva/ werd‘ ich immer scherfa.“ Aus meiner Serie „Reime mich oder ich schüttele und zwinge dich“. Kann mir das bitte jemand als Sexismus auslegen? Büdde!)
Ich bekomme nach jeder Messe jedes Mal eine Erkältung, das Kalt-Warm zwischen Drinnen-Draußen-Luftgebläse behagt mir nicht, auch ist mir – so schön ich die Buchmessen in Leipzig und Frankfurt ansonsten finde, insbesondere die Stände zur Kunst, zum schönen Kunstbuch, zu den Grafiken und Illustrationen, Burg Giebichenstein, HGB Leipzig – das Gedränge in den Gängen zuwider. Also besser ein paar schöne Photographien von der Küstenstraße zwischen Andratx und Estellences zeigen und im Süden schwelgen, es ist ja inzwischen nur noch – frei nach dem wunderbaren Rolf Dieter Brinkmann – ein Wörtersüden, Sprachsüden, Imaginationssüden. Süden als Bild, als Fiktionen, als Text, der aus dem Erlebten auftaucht, Reisezeit, und die gelebte Ferne ins Gedicht gebannt. Voyeurs Appartement 311 South Side mit Blick zum Meer, „Der Körper singt/ ein Pflanzenlied …“
Sie fickten die Mädchen auf dem Feldweg.
Ah, die Schuljungen mit den Schlagringen in den
Schultaschen, sind müde und traurig geworden.
(…)
Die Nacht ist klar
die Nacht ist kühl, was
einmal war, ist eine Platte,
***
Sie träumen alle vom Süden, Wörtersüden,
nächtlicher Gaukelsüden, Schwebetiersüden,
Bunte Hosen Süden! Asphalt und Autowracksüden!
Scheißkötersüden, Turnschuhe und Ölkanistersüden.
(…)
Fiktion Süden, weiter, über den warmen Beton, wo Gras
zwischen den Fugen sprießt, Süden, durch den Schatten
Tunnel, helle Flecken, raschelndes Laub, Süden.
(Rolf Dieter Brinkmann, Im Voyageurs Apt. 311 East 31st Street, Austin)