Aus dem Phrasenbuch des EKD-Friedensbeauftragten Friedrich Kramer

„‚Wie Öl ins Feuer gießen’“‘ – EKD-Friedensbeauftragter gegen Waffenlieferungen“, so titelt die WELT heute, einige Tage vor Weihnachten und damit 10 Monate nach dem Einmarsch Rußlands in die Ukraine.

„Die Frage nach Waffenlieferungen vereinfache die Komplexität der Probleme, sagte er auch der Magdeburger „Volksstimme“. Waffen würden zum Töten verwendet, nicht zur Rettung von Leben. „Wir wissen nicht, wie lang der Krieg geht, ob wir uns auf zwei, vier, sechs, zehn Jahre einstellen müssen. Wie viele Menschen da sterben, das ist alles fürchterlich. Und ich finde, es muss sofort aufhören. Auch die Weltgemeinschaft müsste viel klarer für eine Waffenruhe eintreten.““

Täter-Opfer-Umkehr nach klassischer Manier und wieder wird aus einer allgemeinen Äquidistanz heraus gesprochen, als ob alle irgendwie gleich wären. Der Friedensmann unterschlägt, wie auch die Putin-Freunde, daß es sich bei diesem Krieg – ein Krieg im übrigen, der mit der Annexion der Krim und der russischen Intervention im Donbas bereits 2014 begann – um einen Angriffskrieg Rußlands handelt, bei dem das Opfer alles Recht der Welt hat, sich  zu verteidigen und daß, um die sinnvolle Verteidigung eines deutlich Schwächeren zu ermöglichen, dazu Waffen aus aller Welt geliefert werden müssen. Es sei denn, der Angreifer läßt von seinem aggressiven Tun ab, zieht sich zurück und verhandelt. Das aber ist bisher nicht geschehen, und das sollte auch Kramer eigentlich wissen, sofern er regelmäßig Zeitung liest oder Nachrichten schaut. Der Krieg wird genau dann aufhören, wenn Putin seine genozidale Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung stoppen wird. Nicht einen Tag früher. Der Krieg wird erst dann zuende sein, wenn Putin besiegt ist, und das kann unter Umständen  bedeuten, daß dieser Krieg auch auf russischem Territorium geführt werden muß, um Rußland an den Verhandlungstisch zu zwingen. Durch den Stop von Waffenlieferungen wird ein solcher Frieden jedoch ganz sicher nicht erreicht, sondern vielmehr im Gegenteil. Es ist in dieser Sache im übrigen sehr einfach: Wenn die Ukraine die Waffen niederlegt, gibt es keine Ukraine mehr. Wenn Putin die Waffen niederlegt, gibt es keinen Krieg mehr.

Was  für eine ungeheure Menschenverachtung, die dieser Mann Gottes an den Tag legt! Und wenn es kein Zynismus und keine Verachtung für das gebeutelte ukrainische Volk sein sollten, dann ist es intellektuelle Dummheit. Kanzler Scholz, inzwischen nicht nur Scholzomat, sondern auch der Telefonator genannt und als solcher ausgelacht, spricht mindestens einmal im Monat mit Putin. Der Finanzminister immerhin kann froh sein, daß nicht noch wie in den 1990er Jahren nach Minuten die Gespräche abgerechnet werden und wo Auslandsgespräche dabei besonders teuer waren: es kämen ansonsten auf die Bundesrepublik erhebliche Telefonkosten zu. Was hatte solches Telefonieren bisher zur Folge? Hat Putin auch nur im Ansatz sich auf einen Rückzug aus den besetzten Gebieten, auf eine Feuerpause und auf Verhandlungen sich eingelassen? Nein. Alle Anrufe haben gar nichts gebracht. Die Sprache, die Putin versteht, ist die der Gegenwehr, die Sprache der Stärke, wenn Rakten auch in seinem Land, in Kraftwerken und Militärbasen einschlagen.

Es würde mich sehr interessieren, wie Putin sich aus der Ukraine zurückzieht, wenn der Westen aufhört, an die Ukraine Waffen zu liefern. Ich kann noch irgendwie halbwegs verstehen, wenn Kirchenmänner zum Frieden aufrufen – wobei diese Friedensaufrufe ins allgemeine gesprochen bei einem Angriffskrieg irgendwie auch seltsam sind, denn es hat ja der Verteidiger nicht mit dem Angreifen angefangen – aber es sind eben solche Friedensaufrufe wohl des Kirchenmanns Aufgabe irgendwie und man möchte ja auch keine Priester und Pastoren mit Handfeuerwaffen sehen, aber daß sie dazu aufrufen, dem Verteidiger keine Waffen zu liefern, dafür finde ich leider nur einen Begriff: Menschenverachtung.

Vielleicht glaubt Kramer die russischen Aggressoren mit dem Absingen von Advents- und Weihnachtslieder zu vertreiben. Keiner wird wissen, was in den Köpfen von solchen Leuten, mit derart wirren Forderungen vorgeht. Daß jemand wie Putin nur deshalb mit dem Krieg aufhört, weil die andere Seite keine Waffen mehr hat, ist keine fromme, sondern lediglich eine dumme Illusion. Oder genauer gesagt: die Illusion eines Narren und Dummkopfs.

Von  all unseren Friedensfreunden, von Precht über Schwarzer, Welzer und Julian Nida-Rümelin habe ich noch keinen einzigen sinnvollen Vorschlag gehört, wie Putin zu einem Frieden zu bewegen wäre, sondern andauernd abstrakte Auslassungen, unbezüglich in den Diskursraum geworfen. Und seltsamerweise richten diese Leute ihre Forderungen ausschließlich an den Westen und nicht an Putin selbst, wo sie eigentlich hingehören. Als ob der Westen Rußland angegriffen hätte. Außer von der Wirklichkeit abgezogenen Phrasen   liefert Kramer nichts, nicht einen einzigen Hinweis darauf, was wohl passieren würde, wenn der Westen die Waffenlieferungen einstellte. Würde Putin sich plötzlich zurückziehen, weil die Ukraine aufhört sich zu wehren?

Zu Weihnachten, wo vermutlich wieder Zivilisten unter dem Beschuß russischen Bombenterrors leiden müssen (das sind übrigens russische Kriegsverbrechen!) und wo im kalten Winter Kinder, Alte, Frauen und Männer auch zu Weihnachten ohne Heizung und Strom dasitzen (ebenfalls russische Kriegsverbrechen!), salbadert dieser Mensch davon, daß Waffen den Krieg nur verstärken. Es sind russische Waffen, die den Krieg verstärken, nicht die der Ukraine. All diese Botschaften, die Kramer abseiert, sollte er besser an die russische Botschaft richten oder noch besser: Kramer unternimmt eine  Reise nach Moskau und äußert dort seine Sätze. Hier im Westen sind Kramers Auslassungen fehl am Platz.

Und es gibt in diesem Sinne auch eine sehr traurige Weihnachtsbotschaft. Der Autor und Journalist Gustav Seibt hat sie im Blick auf diesen Angriffskrieg formuliert: „Wir gewöhnen uns daran, und das ist es, was Putin will.“ Dem aber darf nicht so sein. Putins Kriegsverbrechen, Rußlands Schande, Rußlands Kriegsverbrechen sind jeden Tag wachzuhalten. Die Tagesschau tut dies auf ihrer Homepage in bewundernswerter Weise. Nicht nachzulassen, die Leute benennen, die hier ihre Hetze betreiben oder die Welt mit läppischen und dummen Friedensvorschlägen behelligen, die kaum umsetzbar sind. Und daran wird auch dieser Blog im nächsten Jahr weiter festhalten.

2 Gedanken zu „Aus dem Phrasenbuch des EKD-Friedensbeauftragten Friedrich Kramer

  1. In diesen Zeiten ist es wichtig, immer wieder an dieses Grauen zu erinnern. Und auch an die Mechanismen dieser Leute, die da vorgeben es von beiden Seiten zu sehen, die aber dabei genau die Narrative Putins sowie dessen Lügen und Manipulationen nachbrabbeln.

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