In Erinnerung an Almut Klotz, die am 15. August vor zwei Jahren starb. Danke, liebe Lassie Singers, liebe Almut Klotz für die unendlich schönen und wilden Jahre. Vorbei, verweht, vergeht. Wie es so ist mit den Zeitschründen. Und hey: Die Landschaft hier ist fucking brill. Urzeitfunde im Werratal:
Kamener Kreuz links vorbei
im Radio läuft HR3
Frankenhöhe, Schnitzelalarm, Superplus und dann nichts wie rauf nach
Hamburg
Jesus liebt dich
Wo am Hafen die Schiffe und die Fische schlafen
Skianzüge am Hans-Albers-Platz
Frühstückstyrannen und auch Sorgenbrecher
Du altes Hamburg, unsere Schatzstadt, wo am Hafen
die Schiffe und die Fische schlafen
Du eitle Hanse
Alle wollen dich und du weißt das und du genießt das und dir gefällt das und du brauchst das
Du sexy Hamburg
Die Lassie Singers waren derart souverän, daß sie wußten: beide Städte sind ungemein anregend: Berlin wie auch Hamburg. Vor allem aber unterschiedlich. Insofern ist alles Konkurrenzdenken dumm. Es gibt nur sehr gut, brillant und diese ewigen Lieder, die mit den Erinnerungen und den Kontexten versetzt sind. Schatzstädte.
Und wer mehr möchte, legt sich heute Abend die Platte „Stadt, Land, Verbrechen“ auf und hört daraus das feine Stück „Langeweile“. Es ist eines der schönsten Lieder. Was für ein Text! Was für ein Gitarrenklang! Was für coole Frauen! „Gib mir endlich einen Abend, einen kriminellen Abend: Einen Abend wie Harald Juhnke, …“ Musik zum Mitsingen, zum Grölen, zum Trinken, zum Tanzen, zum Feiern, zum Weinen schön. Danke!
Die Lassie-Singers, logische ironisierte Fortsetzung von z.B. Die Braut haut ins Auge, waren ein Juwel der Neunziger Jahre und inspirierender Soundtrack für uns Non-PC-Linke. Danke für Alles!
So ist es!
Wobei sich beide Bands nicht gut mochten.
Die Titanic-Altenriege Henscheid, Gernhardt, Knorr, Traxler und Zippert hegte auch einen regelrechten Hass auf Gerhard Zwerenz, von dem ich fand, dass er phasenweise recht ähnlich wie Henscheid schrieb. Ich hätte seinen Stil als eine Mischung aus Henscheid, Dahl und Bukowski beschrieben, seinerzeit. Ähnlichkeit bedeutet ja nicht Nähe. Ich vermute mal, dass die Ärzte, die Goldenen Zitronen und die Abstürzenden Brieftauben auch ihre Differenzen gehabt haben dürften. Unsereins labelte die Musik aber auf dem selber Tape, und da waren auch noch die Toten Hosen drauf.
Zumindest, was die Weiterentwicklung angeht, liegen zwischen den Ärzten und den Zitronen Welten. Ich schätze jedoch beide Bands. Die Tauben gibts nicht mehr, die Hosen kannste imho vergessen.
Die Fortsetzung von den Lassie Singers war dann ja Britta bzw. Rösinger solo.
Momentan sind die Goldenen Zitronen wohl noch das beste. Die Toten Hosen waren in den frühen 80ern, also kurz nach ZK durchaus gut. Die Opelgang-Platte ist guter, deutscher Punk.
Gerhard Zwerenz habe ich nicht gelesen. Henscheid schon, wobei ich bei ihm literarisch manches problematisch sehe. Aber witzig und geistreich ist er auf alle Fälle, auch stilistisch gefiel er mir. Aber das ist bei mir sehr lange her.
Ja, ich meinte auch eher die Hosen von heute. ;-)
Ja, das dachte ich mir. Die Band ist inzwischen beim Schlager angelangt. Doch wie es im Leben ist: Zeiten ändern sich. Phänomene des Pop lassen sich nun einmal (und zum Glück möchte ich hinzuschreiben) nicht konservieren. Was Anfang der 80er im Kontext von Musik und Lebenswelt funktionierte, das ist heute Vergangenheit. Das Wesen des Pop ist es, ausgesprochen wandlungsfähig zu sein.
Die Hosen bis zur CD „Kleines bisschen Horrorshow“ waren noch gut, insbesondere die CD selber, und die Nummer mit dem wahren Heino war super. Übriggeblieben ist Stadionrock. Wobei ich zum kommerziell werden einstmals origineller und vielleicht sogar radikaler Musikanten, ich denke da insbesondere auch an den späten Rio Reiser, ein durchaus pragmatisches Verhältnis habe. Irgendwie muss die Altersvorsorge ja reínkommen bei Leuten, die halt nichts anderes können als mit Musik das Geld zu verdienen.
Wahrer Heino und jene Platte waren in der Tat noch gut. Was das pragmatische Verhältnis betrifft, sehe ich ähnlich. Irgendwelche „Verräter, Verräter“-Rufe sind vollkommen lächerlich; zumal die meisten, die dies skandieren, heute ebenfalls anders glühen als vor dreißig Jahren und kaum noch die Punk-Attitüde mehr pflegen. Pop lebt vom Wandel. Fansein zeichnet sich gerade dadurch aus, irgendwann nicht mehr Fan zu sein, sondern auf Neues sich zu versteigen. (Zumal diese Art des Rock nun wahrlich nicht innovativ war. Aber darum ging es dieser Art des Punk auch gar nicht. Im Zentrum stand eine bestimmte Weise des Lebensgefühls. Pop korrespondiert mit Lebenswelt und mit bestimmten Einstellungen. Die Musik ist der entsprechende Ausweis bzw. das Entreebillet dafür. Im Grunde kann man also auch in dieser Welt die von Adorno gerügte Ticketmentalität beobachten.)