Das Subjekt ist ein Diskurseffekt und im Sand ein Gesicht – Michel Foucault zum 30. Todestag

458_Michel_FoucaultDer Name des Autors Michel Foucault wird derzeit viel im Munde geführt (auch von denen, die keine drei Zeilen von ihm gelesen haben), und insbesondere in den Zeiten des Überwachens unserer im Raum des Internets getätigten Äußerungen, unserer digitalen Diskurse scheint eine Renaissance seiner Philosophie, die in der BRD in den 80er Jahren ihren Zenit erreichte und ein wenig noch in die 90er als Mode abstrahlte, nicht ganz ausgeschlossen. Es geht der Weg von der Disziplinargesellschaft zur Kontrollgesellschaft, wie es Deleuze formulierte, von den Praktiken der Subjektkonstitution des 17. und 18. Jahrhunderts und vor allem auch der Konditionierung des Subjekts hin zu einer Internalisierung des Zwangszusammenhangs. Wie dieser Zwang der (Subjekt-)Beobachtung (und -Konstituierung) ausschaut und wie jene anonyme Gesellschaftsmacht wirkt, zeigte Foucault unter anderem in „Überwachen und Strafen“ anhand des Benthamschen Panoptikums: Jener Beobachtungspunkt in einem Gefängnis, von dem aus eine für den Gefangenen anonyme, aber durchaus legitimierte Funktions- Instanz namens Wärter Einblick nehmen kann, ohne dabei aber selber gesehen zu werden und ohne daß die vereinzelten Gefangenen wissen, wann sie gesehen werden.

Eine subtile Form von Kontrolle also. Einerseits kann man zwar sagen, daß dadurch das System der drakonischen Körperstrafen sowie der Marter, wie wir sie aus dem Mittelalter und früheren Zeiten kennen, im Sinne der europäischen Aufklärung in eine neue Form des Bestrafens transformiert wurde, die – zumindest was das unmittelbar Schmerzhafte am Körper betrifft – als sehr viel weniger grausam sich erweist. Andererseits setzte durch diese Form des Strafens eine Weise der Selbstüberwachung und Konditionierung ein, die noch bis ins Innerste dieses Subjekts ragte. Der Panoptismus als durchaus humanes Moment, dem aber zugleich die Destruktion und die dunkle Seite innewohnt, denn er erzeugt jene gewünschte Konformität des Individuums, das sich dabei aber zugleich in seiner Individualität als ungemein einzigartig, als authentisch eben, glaubt. Der menschliche Körper und seine Regungen sind jedoch nicht an sich und unveränderlich, irgendwelche ontologischen Daseinskonstanten, sondern er ist einem Spiel der Kräfte und Diskurse ausgesetzt, die am Ende erst diesen Körper samt seiner mal mehr, mal weniger konformen Regungen hervorbringen. Der aufstrebende Kapitalismus des 17. und 18. Jahrhunderts benötige diese Körper als Arbeitskraft.

Insbesondere der Foucault der 70er und der 80er Jahre beschäftigte sich intensiv mit diesen Praktiken der Bio-Politik, die bis tief in den Körper des Menschen sich einschreibt. Wie jene haarfeine Sichel- und Nadelschrift in Kafkas „Strafkolonie“, die man ebenfalls einmal im Zusammenhang mit den Texten Foucaults lesen könnte. Nicht mehr ein anonymes Außen wird unter den Bedingungen einer post-modernen Kontrollgesellschaft im Grunde mehr benötigt. Es reicht hier die bloße Androhung, daß da ein anonymer Beobachter sein könnte, ohne daß da übehaupt noch jemand ist, und so vollziehen im vorauseilenden Gehorsam die Subjekte die Unterdrückung von ganz alleine, üben die Kontrolle über sich selber aus, wie der Zen-Meister seinen Körper trainiert und mental im Griff hat. Die schöne neue Welt der Arbeit: Insbesondere in all den Internet- und Softwarefirmen oder in den diversen Agenturen oder der Welt der Banken und der großen Konzerne zeigt sich dieses System der Internalisierung, die uns steuert. (Und aus diesem Grunde sind Zen und Japan in dieser schönen neuen Welt so derart beliebt.) Diese Kontrolle geschieht bis in die intimen Regungen des Körpers und dessen Sexualität hinein.

All diese Aspekte einer kritischen Aufklärung, die sich über sich selber aufzuklären vermag – in der Tradition von Kants Konzept von Aufklärung und Adornos/Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“ – versammeln die großartigen und verschlungenen Schriften dieses Philosophen, sie umkreisen in immer neuen Anläufen und Varianten ein Bündel an Themen: Wissen, Macht, Körper, Subjekt, Wahrheit. Aber ohne die Positionierung – darin dem ästhetischen Denken verwandt. „Ich bin nicht da, wo ihr mich sucht, sondern hier, von wo aus ich Euch lachend ansehe“ schrieb Foucault – jener Philosoph mit der Maske, der sich nicht gerne festnageln oder festlegen ließ.

Gerade dieses Proteushafte macht Foucaults Reiz aus. Das gesellschaftliche Draußen war für Foucault nicht nur bloßer Text oder der Innenraum einer vertrackten Immanenz, sondern es gab bei Foucault zugleich das ästhetische Spiel als den unendlichen Möglichkeitssinn, der das, was der Fall ist und doch durch und durch gesellschaftlich Gemachtes, in die Transgression bringen konnte. Zumindest für den aufscheinenden Moment, in jenen wunderbaren flüchtigen Augenblicken. Als Perspektive und Fluchtpunkt. Ohne daß dabei aber diese Ästhetik gleich zur Kontingenzbewältigung der Moderne und zur Überforderungskompensation instrumentalisiert wurde – eine Position der Kunst, die ihr die konservativen Entlastungs-Ästhetiker in vielfältiger Couleur gerne als ihre Daseins-Möglichkeit in den Rahmungen der verfehlten Moderne zuweisen wollen. Kunst als Korrektiv des lästigen Alltags und als Narkotikum. Aber am Ende ohne Konsequenz. Anästhetisch-anästhesistische Ästhetiker. Foucault machte alle diese Festschreibungen nicht mit. Sein Denken changierte vom französischen Hegelianismus, vermittelt durch die Vorlesungen Alexandre Kojèves, in denen sowohl Sartre, Raymond Queneau, Derrida, Barthes, Lacan und eben auch Foucault saßen. Über Heidegger und Nietzsche bis hin zur antiken Philosophie.

Gleichzeitig gehörte Foucault, ebenso wie Sartre, zu den engagierten Intellektuellen, die Partei ergriffen, die auf die Straße gingen, die sich tagespolitisch einmischten. Dieses Vielschichtige und Schimmernde reichte bis hin zur Lektüre der Kunstwerke: sei es sein Blick auf Manet als dem Maler der Moderne oder in jener großartigen Einleitung von „Die Ordnung der Dinge“, wo er eine für die Kunstgeschichte bahnbrechende Lektüre von Diego Velázquez‘ „Las Meninas“ lieferte, indem er anhand der Ordnung und der Strukturierung der Blicke und der Blickachsen in diesem Bild die Geschichte und die Positionierung des neuzeitlichen Subjekts aufzeigte, das an jenem unsichtbaren Ort seine zentrale Stelle hatte: jene empirisch-transzendentale Doublette.

Das Subjekt ist ein Diskurseffekt und insbesondere ist in der Literatur die Instanz des Autors eine durch und durch von der Moderne gezeitigte Erscheinung. Wer um die Möglichkeiten der Diskurse, ihrer Grenzen und ihrer Disziplinierungsstrategien erfahren möchte, der lese unbedingt „Die Ordnung des Diskurses“. Darin heißt es über die Instanz des Autors:

„Ich glaube, es gibt noch ein anderes Prinzip der Verknappung des Diskurses, welches das erste bis zu einem gewissen Grade ergänzt. Es handelt sich um den Autor. Und zwar nicht um den Autor als sprechendes Individuum, das einen Text gesprochen oder geschrieben hat, sondern um den Autor als Prinzip der Gruppierung von Diskursen, als Einheit und Ursprung ihrer Bedeutungen, als Mittelpunkt ihres Zusammenhalts. […] In den Bereichen, in denen die Zuschreibung an einen Autor die Regel ist – Literatur, Philosophie, Wissenschaft –, kann man sehen, daß sie nicht immer dieselbe Rolle spielt. Im Mittelalter war die Zuschreibung an einen Autor im Bereich des wissenschaftlichen Diskurses unerläßlich, denn sie war ein Index der Wahrheit. Man war sogar der Auffassung, daß ein Satz seinen wissenschaftlichen Wert von seinem Autor beziehe. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich diese Funktion im wissenschaftlichen Diskurs immer mehr abgeschwächt: die Rolle des Autors besteht nur mehr darin, einem Lehrsatz, einem Effekt, einem Beispiel, einem Syndrom den Namen zu geben. Hingegen hat sich im Bereich des literarischen Diskurses seit eben jener Zeit die Funktion des Autors verstärkt: all die Erzählungen, Gedichte, Dramen oder Komödien, die man im Mittelalter mehr oder weniger anonym zirkulieren ließ, werden nun danach befragt (und sie müssen es sagen), woher sie kommen, wer sie geschrieben hat. Man verlangt, daß der Autor von der Einheit der Texte, die man unter seinen Namen stellt, Rechenschaft ablegt; man verlangt von ihm, den verborgenen Sinn, der sie durchkreuzt, zu offenbaren oder zumindest in sich zu tragen; man verlangt von ihm, sie in sein persönliches Leben, in seine gelebten Erfahrungen, in ihre wirkliche Geschichte einzufligen. Der Autor ist dasjenige, was der beunruhigenden Sprache der Fiktion ihre Einheiten, ihren Zusammenhang, ihre Einfügung in das Wirkliche gibt.“

Den letzten Satz begreifen nur die wenigsten, insbesondere manche Schriftsteller:innen scheinen vor ihm eine extreme Furcht zu hegen und versuchen, diesen Satz durchs Verschließen der Augen zu neutralisieren. Aber wer häufig genug „Ich“ sagt oder schreibt und das Authentische herbeiredet, ist deshalb noch lange kein Autor. Von Foucault zumindest können wir manches über die Hybris des modernen Subjekts und seine trughaften Wahrhaftigkeitsansprüche lernen.

Aber es geht natürlich das Lob ebenso in den privaten Rahmen über und ich sage „Danke, Michel Foucault“: Für jene unendlichen Stunden und Tage in den Bars, in jenem Zimmer mit jener Frau, mit den Büchern und dem Text als Instanz, und wie sehr wir jene Subjekte als Fragmente waren und blieben und wie wir auf diese Weise immer weitermachen wollten. Die Gesichter im Sand, die vom Meer fortgespült werden und wie wir am Ostseestrand mit unseren Fingern ein Foucault-Gesicht in den Sand zeichneten und darunter „Pour Michel“ schrieben, wie vermutlich bereits hunderte vor uns an anderen Stränden, anderen Meeren, anderen Orten, während irgendwann die Wellen über das Bild trieben, als wir bereits weiter in den Dünungen und gegen den Wind schlenderten. Deine schwarzen Lackstiefel und Dein schwarzes Höschen. Ostfrauenunterwäsche. Nachts, die Sommernächte, mit dem Fahrrad durch die Straßen fahrend. Mein Blick unter Deinen Minirock, oder während Du dasaßt und die Beine auseinander legtest. Philosophie bietet manchmal tiefe Einblicke. Körperpolitik. Mit unseren Zigaretten, „Lucky Strike“ Du mit, ich ohne Filter, den Flaschen Wein. Sie auf der Seite Hegels und im Malina-Sound um die Vermittlungen bemüht, während der junge Mann in der schwarzen Lederjacke und mit der schwarzen Jeans, den damals feingliedrigen Fingern, zwischen denen die Zigarette glühte, die Dissoziation predigte und jegliche Vermittlung ins dialektisch Negative zu überführen trachtete: Archäologie und Wahnsinn, Genese und Struktur, manchmal auch die Striktur oder die Transgression des Sinns als Instanz. Kein Ort nirgends. Bis zuletzt ins Schweigen. Mon amour. Die Erotik des Textes.

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22 Gedanken zu „Das Subjekt ist ein Diskurseffekt und im Sand ein Gesicht – Michel Foucault zum 30. Todestag

  1. Foucault und das Panoptikum. Ich erinnere mich.
    Aber warum subtil? Der Beobachtete wird zum
    Beobachter. So war es doch konstruiert.
    Wenig subtil, wie mir scheint, oder wie ist es gemeint?

  2. Kleine Korrektur: Kojeve hielt seine Vorlesungen zu Hegels Phänomenologie 1933-1937. Daran hat Foucault, der 1926 geboren wurde, also nicht teilgenommen. Die unbestrittene Wirkung, welche diese Hegel-Interpretation auf die französische Nachkriegsphilosophie ausübte, war für Foucault ein negativer Bezugspunkt seines eigenen Denkens, was in seinem Satz „Hegel entkommt man nicht“ pointiert zusammengefasst wird.
    Immer noch eine gute Darstellung dieser geistesgeschichtlichen Gemengelage – neben der breiten und uninspirierten Geschichte des Strukturalismus von Francois Dosse – ist das Buch von Vincent Descombes: Das Selbe und das Andere. 45 Jahre französische Philosophie 1933-1978, Suhrkamp 1981. Lesenswert hierzu auch die im letzten Jahr erschienene Biographie zu Derrida von Benoit Peeters, die zwar wenig analytisch, dafür aber umso detailreicher die Entwicklung des französischen Denkens besonders in den sechziger Jahren beschreibt.

  3. @ Wolkenbeobachterin
    Subtil ist die Internalisierung, die Art und Weise, wie objektiver Zwang verinnerlicht und zu dem des Subjekts wird. Insofern ist der Weg von der Disziplinierung hin zur (Selbst-)Kontrolle nicht weit. All die Bekenntniszwänge der aufziehenden Moderne. Ja, „Überwachen und Strafen“ ist immer wieder lesenswert.

    @ Piet
    Völlig richtig. Foucault und Derrida nahmen definitiv nicht an den Vorlesungen teil, sondern sie wurden durch Kojèves Hegellektüre beeinflußt. Foucault (und insbesondere Deleuze) stehen Hegel in der Tat sehr viel ablehnender gegenüber als beispielsweise Derrida (oder auch Lacan). Hegels Einfluß kann hier wohl eher ex negativo gesetzt werden, und das dialektische Denken ist bei Foucault ein zu Überwindendes. An diesem Punkt steht er Nietzsche und Heidegger sehr viel näher. Diese Überwindung Hegels haben zwar in gewissen Sinne auch die Texte Derridas auf ihrem Programm, aber an vielen Stellen folgt der Text Derridas dieser dialektischen Bewegung doch sehr viel stärker als der Foucaults ujd Derrida liefert sich dieser Hegelschen Dialektik, der man nie entkommen kann, sehr viel subtiler aus: man könnte fast sagen, daß bei Derrida eine strategische Mimesis stattfindet.

    Sowieso gab es zwischen Foucault und Derrida erhebliche Differenzen, nachzulesen in Derridas Auseinandersetzung mit Foucaults „Wahnsinn und Gesellschaft“ in seinem Aufsatz „Cogito und Geschichte des Wahnsinns“.

    Die Bücher von Descombes und insbesondere Dosse sind als Einführung in diese Epoche sowie in die Theorie des Strukturalismus und des Poststrukturalismus durchaus lesenswert. Peeters Derrida-Biographie habe ich Anfang des Jahres gelesen, sie hat mich ein wenig ratlos hinterlassen: einerseits nicht schlecht, wenn es um Zeit und Geschichte geht, andererseits, nun ja, eine Biographie eben. Interessant schienen mir darin insbesondere die Ausführungen zur Tel Quel-Gruppe sowie deren politische Positionierung samt den Konflikten. Wenn man dann als Ergänzung ein wenig zum Geist jener Zeit erfahren möchte, und zwar eher aus der Perspektive der klassischen Bewußtseinsphilosophie, dann wäre die Sartre-Biographie von Annie Cohen-Solal lesenswert. Und zu Derrida selber rate ich zu dem Buch von Bennington. An Peeters Buch ist sicherlich interessant, daß er nicht aus dem Lager der Dekonstruktion kommt und trotzdem einen wenig voreingenommenen Blick auf die Philosophie Derridas wirft.

  4. Aber immer doch. Am besten gefällt mir freilich die erste Photographie von Foucault. Vor allem jenes Instrument an der Wand. Was das wohl sein mag? Frage ich mal in die kleine Runde. Mit unschuldigem Lächeln.

  5. Das ist im Leben keine Shisha. Ich tippe auf ein dekoratives Requisit aus dem ‚Theater der Hölle‘: Die Kunst, das Leben im Schmerz festzuhalten. Jede Wette.

  6. @ holio
    Wer aus dieser Gerätschaft rauchen oder dampfen möchte: Bitte schön. Jedem Tier sein Plaisir. Plaisieren und Strafen. Sozusagen. Ich kenne mich aber in diesen rauchorientalischen Dingen in nicht gut aus, weil ich seinerzeit Lucky Strike ohne Filter oder selbstgedrehten Tabak geraucht habe.

    @ Mrs Mop
    Ich denke, Du kommst der Sache nahe. Das Leben im Schmerz festzuhalten, scheint mir ein schönes, ein bedeutsames und gelungenes Bild abzugeben.

  7. Das Gerät erinnert entfernt an einen Äskulapstab. Der Mythos der Häutung; die Schlange als Symbol der Wachsamkeit. Keine Ahnung.
    Mir gefällt das untere Bild besser: ein kahler Kopf, hinterfangen von Büchern, die ja bekanntlich nur einen Rücken, dafür aber 1000 Gesichter haben; der Melancholie-Gestus der rechten Hand, ironisch gebrochen und in einem ansteckenden Lachen aufgehoben; und nicht zuletzt ein offener Blick hinter Gläsern, die nichts reflektieren. Diesem Gesicht wäre ich gerne begegnet. Das hat – für mich – sowas Lässig-wissend-in-sich-Ruhendes.

  8. Das untere Bild gefällt mir ebenfalls gut, beide Bilder liefern einen guten Kontrast und zeigen in zwei Szenen die vielen Facetten von Foucault: sich nicht festschreiben zu lassen. Wobei festzuhalten bleibt, daß Foucault ungeheuer photogen ist und er sich von seiner Person und seinem Gesicht her gut in Szene und in Pose setzen läßt. Gerne hätte ich seine Lederjackenphotographien noch gebracht und wie er in Berlin im Szene-Lokal „Dschungel“ sich aufhielt.

  9. nochmal was zum „Zen“

    wofür Zen und Meditation gut ist, das ist dann, wenn du einer Tätigkeit nachgehst, die einen „flow“ erzeugen kann: Übersetzungen, Schriftstellerisches, action painting (Pollock), Musiker … (any more idears?) – – um wieder „runter“ zu kommen. ich finde aber auch, wir sollten die Kirche im Dorf lassen : der Banker, der einen „flow“ hat? der Werbefuzzi, der einen „flow“ hat? das hat doch auch schon etwas Lächerliches an sich, sich soetwas überhaupt nur vorzustellen. „jau, ich habe gerade einen ‚flow‘, indem ich dem Kapital in den Arsch krieche“; wem das sein „Ding“ ist, nun gut, dann soll dem wohl so sein. meine Sache wäre es jedenfalls nichts so.

    beim Zen – oder vielleicht besser mit quotation marks („“) „Zen“ -, den Du, geschätzter bersarin, für mein Gefühl immer eher wie in Gänsefüßchen anführst, sollten wir aber imho nicht vorschnell vergessen, dass hier eindeutig ein humoristisches Moment des Buddhismus auf einmal hervorgesprossen ist. (man denke nur an all die lustigen u. absurden Zen-Meister/Schüler-Annekdoten.) „at best entertainment“ – so, oder so ähnlich titulierte der Hippie-Guru aus Indien mit dem Weihnachtsmannbart das Werk keines Geringeren als Zhuāng Zhōu (Dschuang Dsi). hier wären wir beim Taoismus aus China. der Buddhismus durchlief die Schule des chinesischen Humors, bevor er in Japan diese zum Gelächter anreizen sollenden, seltsamen Blüten treiben sollte.

  10. Ich habe nichts gegen Zen. Ich bin selber Zen-Meister. Was ich jedoch entsetzlich und dieser Praktik/Religion, wie immer man es nennen mag, für unwürdig halte, ist ihre Vernutzung im funktionalen Rahmen. All dieses Fritjof Capra-Geschwätz, daß man östliches und westliches Denke zusammenbringen muß. Nein: Eben nicht, wenn es bloß um die Funktionalisierungen geht. Das Kapital wird nicht besser, weil es Zen-mäßig weichgespült auftritt und flexible, kreative Arbeitszeiten einführt. Gerne bis halb zehn Abend, weil die Menschen ja Freude an ihrer Arbeit haben. Das ganz wird dann mit irgendwelchen Standardphrasen garniert, damit es lecker mundet.

  11. 庄子, ja gut. Aber lieber Bashō 1689 in die Nordprovinz. Sublimes mischt sich mit Fäkalem: Ein Pferd strullt an der Grenzschranke. Da ist nichts zu beschönigen. Nachrangig, aber schöner Sei Shōnagon und melodramatischer Issa. (Wertungen, weil bald Klagenfurt beginnt.)

  12. ja, bersarin, genau das (be)sagt Osho: Arbeitesverweigerung, Hippietum, Faulsein! Ende der Durchsage. Osho.

  13. @ Holio
    Danke, daß Du meine drei alten Weggefährten nennst. Wir hatten schöne Zeiten: Der Weise und seine drei Gestalten. Transformationsprozesse in der Grammatik und im Denken.

    @ Ziggev
    Mit allen diesen drei Begriffen kann ich nichts anfangen und ich halte sie für eine Form von undialektischer Opposition und damit gänzlich im System und im Bestehenden gefangen. Auch ist es so: Die Revolution ist harte Arbeit, sie erfordert Fleiß, Kraft und Kenntnis der Waffen. Kiffende Hippies sind in dieser Arbeit zu wenig nütze. Da kann ich mir gleich die Kreuzberger Medienbohème einladen, die alles mögliche macht, nur nichts, was in Arbeit ausarten könnte, irgendwas in Journalismus, Schreiben, Kunst und am besten sich von irgendwelchen Dummen ihre Bücher finanzieren lassen, weil sie es nicht zustande bringen, das Geld für eine Publikation irgendwie zusammenzukratzen. Ich nennen mal keine Namen. Eine ihrer Laber-Jammer-und-Klage-Protagonistinnen zumindest weilt und mault mittlerweile wohl nicht mehr in Berlin. Aber ich schweife von Osho ab, von dem ich in etwa ebensoviel halte wie von der Kreuzberger Medienbohème.

  14. Die männliche Form schließt die weibliche mit eine. Zumindest dann wenn ein Mann dabei ist. Bashō ist wohl ein solcher, wenn ich den Legenden trauen darf. Andererseits ist das Geschlecht bloß eine soziale Konstruktion.So sagt man. Da ist es dann sowieso egal, ob Mann oder Frau. Vielleicht einfach wie Lann Hornscheidt alles mit x-Endung schreiben? Gefährtx. Wie sähe das Man bei Heidegger dann aus? Mx oder würde es schlicht menscheln? Wir wissen es nicht.

  15. Gut gekontert. Da erübrigt sich meine Erwiderung mit dem Paisley-Muster.

  16. Das ist mein Metier. Und gendern sowieso, da ich mich gut auf Frauen verstehe, da ich Frauen schätze, insofern sollte ich mir eigentlich die weibliche Form angewöhnen, die dann, im Sinne des generischen Femininums, die männliche mit einschließt: Oder mit Raymond Queneaus Roman: „On est toujours trop bon avec les femmes“.

  17. ich bin kein Revolutionär, aber entschieden gegen das Kiffertum. „THC – das tut nicht weh“ ist jedenfalls nicht so meine Sache.

  18. Ich bin beim Kiffen neutral. Ich selber mag es nicht, es regt mich nicht an, ich werde müde.

    Der Ordnung halber möchte ich auch auf Götz Widmanns Beitrag dazu verweisen:

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